Sie sind fristlos gekündigt, liest Keela diese vier Worte nun schon zum wiederholten Male auf ihrer Kündigung und sie kann es noch immer nicht glauben, dass sie entlassen wurde. Aufgrund von Sparmaßnahmen, heißt es. Dabei hatte sie die Arbeit in diesem kleinen Supermarkt in der Dubliner Innenstadt echt gemocht. Seufzend steckt sie das Schreiben weg, zieht sich ihre blaue Wollmütze vom Kopf, hängt ihre graue Winterjacke über die Lehne des Holzstuhls in ihrem Lieblingscafé und setzt sich an den mit einer roten Tischdecke, auf der Sterne abgebildet sind, überzogenen Tisch. Nachdem sie beim Kellner, der eine rote Weihnachtsmannmütze und eine Schürze, auf der Rudolf das Rentier mit der roten Nase abgebildet ist, trägt, eine Irish Chocolate, sprich heiße Schokolade mit einem Schuss Whiskey bestellt hat, zückt sie ihr Handy und scrollt durch die Stellenanzeigen der Tageszeitung. Es wird alles Mögliche gesucht, aber leider keine Einzelhandelskauffrau. Niedergeschlagen steckt sie ihr Handy wieder weg und nimmt die Tasse, in der sich ihre Irish Chocolate, die ihr der Kellner gerade gebracht hat, befindet, in die Hand. Sie pustet einmal kurz auf die braune Flüssigkeit, damit sie sich nicht verbrennt, und nimmt einen Schluck. Direkt spürt sie die Wirkung des Whiskeys. Er brennt in ihrer Kehle und ihr wird warm. Eigentlich trinkt sie keinen Alkohol, egal in welcher Form, aber heute braucht sie das einfach. Was soll sie denn nun machen? Sie braucht einen Job. Schließlich hat sie Miete und Rechnungen zu bezahlen, und zudem naht Weihnachten mit großen Schritten.
Auch wenn sie dieses Jahr nicht zu ihren Eltern, die vor ein paar Jahren nach Schottland ausgewandert sind, fährt, möchte sie ihnen doch in den nächsten Tagen eine Kleinigkeit schicken. Obendrein wird es etwas knapp, da schon übermorgen Weihnachten ist, aber so bekommen sie das Päckchen eben erst danach. Wie sie so dasitzt und aus dem Fenster des Cafés, in dem die Stühle und Tische aus hellem Holz sind, nach draußen blickt, sieht sie, wie die ganzen bunten Lichter, die an Lichterketten zwischen den Häusern hängen, und die ganze andere Beleuchtung an den Häusern selber, da es so langsam dunkel wird, gerade angemacht werden. Keela liebt diese ganz besondere Zeit im Jahr, auch wenn sie dieses Jahr an Weihnachten alleine sein wird, aber das ist nicht schlimm. Sie wird die ganze Zeit Weihnachtsfilme schauen und dazu leckere Plätzchen essen, die ihr ihre Mutter mit Sicherheit noch schicken wird. Wenn sie doch nur schon ein paar Plätzchen hätte, dann könnte sie den Frust, dass sie nun ohne Job dasteht, ein wenig betäuben. Als sie so daran denkt, dreht sie ihren Kopf zu der ebenfalls in Holz gehaltenen und mit Tannenzweigen und dazwischen einigen Lichtern dekorierten Theke des Cafés und sieht, dass dort gerade der kleine Korb, der darauf steht, mit Tütchen voller hausgemachter Plätzchen von dem Kellner befüllt wird. Keela steht auf, zieht sich ihre Winterjacke an, schnappt sich ihre Mütze und geht zu dem Tresen. Konzentriert studiert sie die verschiedenen Tüten mit den Leckereien, ehe sie sich für klassische Chocolate Cookies entscheidet. Als sie diese und ihren Kakao bezahlt hat, dreht sie sich hastig um und prallt voll gegen etwas Hartes. Gegen etwas warmes Hartes. Ihre Lider anhebend sieht sie in die wunderschönsten blauen Augen, die sie je gesehen hat und die sie aufmerksam mustern, dazu steigt ihr noch der fein holzige Duft eines Aftershaves in die Nase. Keela ist so perplex, dass sie erstmal nicht weiß, was sie sagen soll, und sie starrt weiter den jungen, blonden, einen Kopf größeren Mann an, gegen den sie geprallt ist. Dabei studiert sie mit ihren grünen Augen sein markantes Gesicht mit den hohen Wangenknochen und den vollen Lippen. Diese verziehen sich zu einem Grinsen, wobei ihr unter seinem blonden Dreitagebart Grübchen auffallen, die ihn nur noch attraktiver machen und warum ihre Kehle plötzlich ganz trocken wird und sie noch immer unfähig ist, etwas zu sagen.
»Hoppla, nicht so stürmisch«, spricht sie auf einmal ihr Gegenüber mit sanfter Stimme an, weshalb sie einmal hart schluckt, ehe auch sie ihre Stimme wieder gefunden hat.
»Oh, Entschuldigung, ich hoffe, ich habe Ihnen nicht weh getan?«, erwidert sie leise und tritt einen kleinen Schritt nach hinten, weil sie noch immer ziemlich dicht vor ihm steht.
Als er aufgrund ihrer Frage nun rau auflacht, da jagt Keela direkt ein prickelnder Schauer über den Rücken. Himmel, ist dieses Lachen sexy.
»Ob ich mir weh getan habe? Die Frage ist eher, haben Sie sich weh getan?«, fragt er aufmerksam und mustert ihr wunderschönes Gesicht mit der Stupsnase auf der einige Sommersprossen, genauso wie auf ihren Wangen verteilt sitzen, und den vollen rosa Lippen, auf denen sein Blick etwas länger verweilt, ehe er ihr wieder in ihre leuchtend grünen Augen blickt, die ihn an die Farbe eines Smaragdes erinnern.
Keela schüttelt ihren Kopf, wobei ihre roten langen Haare hin und her wackeln. »Nein, es ist alles ok«, erwidert sie schüchtern.
Gerade als der junge Mann etwas erwidern möchte, wird er aber auf einmal von dem Kassierer, der gleichzeitig der Besitzer des Cafés ist und der auch eine rote Weihnachtsmannmütze trägt, angesprochen.
»Mensch, Ronan, dich habe ich ja schon länger nicht mehr gesehen. Was verschlägt dich denn hierher?«
Ronan heißt du also, denkt Keela, als sich dieser von ihr ab- und dem Kassierer zuwendet.
»Hi Cal, das stimmt, es ist schon eine Weile her. Mir geht es so weit gut, allerdings suche ich für meinen Crêpes Stand auf dem Weihnachtsmarkt am Dubliner Castle noch schnellstens für den vierundzwanzigsten eine Arbeitskraft, meine ist leider krank geworden. Deshalb wollte ich dich fragen, ob ich hier diesbezüglich ein Poster an deiner Türe mit der Suchanzeige aufhängen darf?«
Aufgrund seiner Aussage wird Keela hellhörig und dreht sich um. Dabei bemerkt sie, dass Ronan ein zusammengerolltes Poster in der linken Hand hält. Das war ihr bisher noch gar nicht aufgefallen, aber sie war auch leicht von seinen wunderschönen blauen Augen abgelenkt.
»Klar darfst du das. Hier hast du Tesa zum Aufhängen«, entgegnet Carl und reicht ihm dieses.
Ronan wendet sich um, zwinkert Keela kurz lächelnd zu und geht zu der Türe des Cafés, um das Poster aufzuhängen.
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✨𝖢𝗁𝗋𝗂𝗌𝗍𝗆𝖺𝗌 𝗆𝗂𝗋𝖺𝖼𝗅𝖾𝗌 𝖽𝗈 𝖾𝗑𝗂𝗌𝗍✨
Short StoryFür Keela steht das kommende Weihnachtsfest unter keinem guten Stern. Das einzige, was da noch helfen könnte, wäre ein Weihnachtswunder. Nur glaubt Keela nicht an Wunder. Das denkt sie zumindest, bis sie rein zufällig Ronan begegnet. Ist er vielleic...