1 Kapitel : Glücksmomente

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1. Kapitel.

Dunkle Regenwolken bedeckten den Himmel. Ein leichter Wind fuhr durch meine Haare und streichelte meine Wangen. Ich schloss die Augen. Luft durchdrang meine Lunge. Kleine Regentropfen plätscherten auf das Dach und verfingen sich wie Glasperlen in meinen langen Haaren. Ich atmete nochmals tief ein und genoss den sanften Geruch von Sommerregen, der harzenden Kiefern und des nassen Grases. Vorsichtig öffnete ich meine Augen. Ich schaute um mich. Nebel hatte sich etwas über den Garten und den Wald verteilt und schien irgendetwas zu verstecken. Ich lächelte und war auf irgendeine Art und Weise froh über das nassfeuchte Wetter. Es war wie eine kühle Erfrischung nach den letzten heißen Tagen in Kanada. Mein Blick strich über die Landschaft, hinüber zum düsteren Wald mit den grün-grauen Tannen, und schemenhaft erkannte ich die weiße Wäsche, die flatternd im Wind an der Leine hing. Schnell drehte ich mich um, schnappte mir den Wäschekorb und lief über den Rasen. Als ich durch den Regenschauer ging, merkte ich, wie durchnässt meine Sachen schon waren. Es schüttete wie aus Kübeln vom Himmel und meine Sachen klebten an mir. Aber es störte mich nicht weiter, ich genoss eher die Abkühlung und fühlte mich so frei, als ich draußen, fast tanzend durch den großen Garten lief, hinter dem sich die unendlich Weite Kanadas erblicken ließ. Riesige, von Tannen und Kiefern umfasste Felsen ragten dort in die Höhe. Der Nebel verhüllte alles, als müsste man die Landschaft verstecken und ließ alles so magisch aussehen. Solche Momente genoss ich. Einfach nur draußen zu sein und mich der Schönheit der Natur hinzugeben. Auch wenn es sich zeitweise im Leben schwierig vorantasten ließ, gab es auch schöne Augenblicke. Solche Momente nannte man Glücksmomente und solche Minuten kamen leider nur selten in meinem Leben vor. Ich hatte nicht gemerkt wie ich stehen geblieben war. Genau auf dem kleinen Hügel, wo man den ganzen Garten überblicken und besonders gut in die Ferne schauen konnte. Ich war klitschnass. Aber ich fühlte mich wohl. Mit der Natur so verbunden. So vollkommen. Meine Beine bewegten sich wieder vorwärts und ich erwachte aus meiner Träumerei. Leider. Ich erwachte aus meinem Glücksmoment. Als ich fast den ganzen Garten durchquert hatte und an der Wäscheleine angekommen war, schmunzelte ich über mich selbst. Ich hatte vorgehabt, mich zu beeilen, um die Wäsche halbwegs trocken noch ins Haus zu bringen. Aber ich war zu verträumt gewesen und jetzt war sie so nass wie ich selbst. Nun beeilte ich mich und hing die Wäsche rasch ab. Ich musste mich etwas strecken, um an sie heranzukommen, denn mit 1,53 m war man eben nicht groß genug für die Wäscheleine. Ich erschrak, als plötzlich Blitze über den Himmel zuckten. Grell und schnell. In der Ferne verklang ein grollender Donner. Meine bis eben glückliche Stimmung war einer Angst gewichen. So sehr ich die Natur auch liebte, helle Blitze und laute Donner verabscheute ich. In Windeseile hatte ich mit einem mal die Schüssel voll und rannte geschwind über die Wiese, wobei der feuchte Boden nachgab und meine neuen Schuhe völlig verschlammten. Ich rannte so schnell, dass ich in wenigen Sekunden am Haus ankam und keuchend die Tür öffnete. Die Angst vor dem Gewitter ließ mich so schaudern, dass ich wie eine nass gewordene Katze in das Haus rein stürmte. Ich schlug die schwere Holztür hinter mir zu und blieb hechelnd erst mal im Flur an der Tür gelehnt stehen. Es war seltsam wie ich manchmal die Dinge wahrnahm. Als wäre ein Regentropfen eine Perle, als wäre der Nebel ein Kleid und ein Gewitter etwas unheimliches, gefährliches. Ich drehte mich blickte aus dem Fenster. Unser ganzer Garten und der Wald dahinter war mit Nebel eingehüllt und der Wind hatte aufgehört. Es sah so zauberhaft aus. Ich wollte die Wäscheschüssel abstellen und raus gehen. Mit meinen Fingern berührte ich die Fensterscheibe. Einen Moment war ich wie magisch angezogen von der Natur und wäre fast rausgesprungen, doch wie ein Messer zerschnitt der Blitz und der Donner die Verbindung zu draußen. Außerdem konnte ich jetzt nicht hinaus gehen, ich hatte noch zu tun. Ich wandte mich vom Fenster ab, schlüpfte aus meinen Schuhen heraus und schlich mit meinen nackten Füßen die kalten Steiner der Kellertreppe hinunter um dort die Wäsche erneut aufzuhängen, damit sie endlich trocken wurde. Unten Keller roch es nach Feldblumen, die Oma dort zum trockne auf gehangen hatte. Während ich die Wäsche auf hing, summte ich vor mich hin. Am Anfang ergab es noch keine Melodie. Mein Summen ertönte allein in der Stille des Kellers. Ein kaltes Schaudern lief mir über den Rücken. Im Keller war es ziemlich kühl und meine Sachen waren ja feucht vom Regen. Ich hörte mit dem Summen auf und beeilte mich. Manche Momente kamen mir so lange vor. Wie als würde sich die Zeit ausdehnen. Flink schoss ich die Treppe mit meinen nackten Füßen hinauf. In der Küche roch es nach warmer Supp und Fencheltee. Oma stand am Herd und kochte. Ich saugte den leckeren Geruch auf und merkte, wie mein Bauch zu knurren begann. Großmutter drehte sich um und schaute mich an. „ Helf mir bitte" sagte sie kurz und abgehackt. Ich wusste, dass sie das nicht so unfreundlich meinte und ging ihr sofort zu Hand. „ Morgen ist wieder Schule, ich wollte mich noch ein wenig vorbereiten." Sprach ich zögerlich. Sie erwiederte nichts. „ Ich wollte noch kurz hoch gehen und mich vorbereiten." Wiederholte ich. Wieder kam keine Antwort. Sie hantierte mit dem Messer und schnitt Petersilie klein. „ Oma" sagte ich diesmal energischer, aber immer noch freundlich. „ Helf mir und hol Teller aus dem grünen Eckschrenk" gab sie ruppig von sich. Ich hatte mir schon angewöhnt, es nicht zu persönlich zu nehmen, denn ich wusste, das e nicht an mir lag, sondern an ihrem Leben. Ich hatte sie noch nie lachen sehen, aber dafür konnte sie nichts. Sie hatte es verlernt, nachdem, was passiert war. Während ich wie immer dachte, räumte ich die Teller aus dem Schrank und verteilte sie auf dem Tisch. Ich deckte alles dazu und setze mich hin. „ Soll ich noch etwas helfen?" fragte ich. „ Nein". Sie kam mit einem dampfenden Topf an den Tisch und gab mir eine heiße Kelle auf den Teller. Sie setzte sich ,mit etwas Abstand, zu mir und gemeinsam beteten wir das Vater unser auf deutsch. Ich konnte 3 Sprache fließend sprechen. Amerikanisch, Deutsch und Französisch. Amerikanisch, weil ich in Kanada aufgewachsen war, Deutsch, weil meine Großmutter aus Deutschland kam und Französisch hatte ich auch von ihr gelernt, weil mein Großvater Franzose war und auch mein Vater nur Französisch gesprochen haben musste. Ich war auch Französin, immerhin wurde ich in Paris geboren. Aber daran konnte ich mich nicht mehr erinnern. Wir aßen wie immer still. Niemand sagte was. Ich war deswegen so ein ruhiger Mensch und in mich gekehrt, weil meine Oma es war und ich so aufgewachsen war. Ich kannte niemanden aus meiner Familie außer meine Oma und diese konnte ich nur wenig lieben, weil ich sie nicht gut kannte. Ich lebte seit 16 Jahren bei ihr und kannte sie kaum. Sie redete so gut wie nie.

Sie war seltsam. Manchmal kam ich mir deshalb so einsam vor, aber ich war es gewohnt. Ich machte alles alleine, schließlich machte ich das, seid ich 4 Jahre alt war und kam immer gut zurecht. dadurch war ich selbstständig geworden. Manchmal stellte sich dann die Frage, warum alles so war. Warum meine Großmutter sich nicht gerne um mich kümmerte und warum ich eigentlich bei ihr lebte und nicht wie andere bei ihren Eltern. Sie verschwieg mir alles, jedoch glaubte ich daran, dass ich irgendwann herausfinden werde. Alles würde ich herausfinden. Ich war ganz in meiner träumerei versunken und patsche nur noch mitt dem Löffel im Essen herum. Ich rieb mir meine Augen und bemerkte, dass meine Großmutter mich anstarrte. Fragend schaute ich sie an. Oma wendete den Blick ab. Stille. Ruhe. Kein Geräusch. Ich hielt meinen Atem an. " Du siehst genauso aus wie sie. " raunte Grandmum.

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⏰ Letzte Aktualisierung: May 11, 2015 ⏰

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