Leuchtende Augen

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Sicht Leyla:

Endlich hatten Ben und ich es geschafft uns einen Nachmittag freizumachen, um mit Raya unserer kleinen Maus auf den Weihnachtsmarkt zu gehen, da sie es sich sehnlichst gewünscht hat und ihr kein Wunsch abzuschlagen ist. Nachdem wir sie gemeinsam vom Kindergarten abgeholt haben fahren wir mit der Straßenbahn zu unserem Ziel. Der Schnee, der sachte vom Himmel tänzelt, ergänzt die Weihnachtsstimmung in uns perfekt und liegt wie eine Puderzuckerschicht auf den Dächern der Buden. Bevor wir uns in das Getümmel stürzen, beuge ich mich zu meiner Tochter nach unten und nehme ihre kleinen Hände in meine und schärfe ihr ein, „Raya hörst du, du musst immer bei Mama oder Papa bleiben, weil hier ganz viele Menschen sind und wir dich sonst verlieren könnten." Daraufhin nickt sie mit großen Augen und läuft los und zieht mich an ihrer Hand hinter her. Schnell können wir ihr Ziel ausmachen, da sie geradewegs auf das große Karussell mit den verschiedensten Tieren zusteuert. „Kann ich bitte fahren?", fragt sie mit ihrer hellen Stimme. Ben und ich sehen uns an und verständigen uns ohne Worte darauf, dass die Antwort ja lautet. Raya ist nicht die Einzige, die von dem bunten Lichtern angezogen wurde, so stellen wir uns in die Schlange der anderen warteten Kinder mit ihren Eltern. Als sie endlich an der Reihe ist, zieht sie Ben zu einem der Pferde und er hebt sie hinauf und dann geht es auch schon los. Jedes Mal, wenn sie an uns vorbeigedreht kommt, winkt sie uns zu und strahlt über beide Augen. Nachdem die Fahrt vorbei ist, zupft sie an meiner Jacke und mit einem Hundeblick kommt die Frage „Darf ich nochmal?". Ich überlege kurz, aber Ben sagt schon, „Noch einmal darfst du, aber nur noch einmal." „Oh ja, danke." So geht das ganze Spiel noch einmal von vorne los. Danach schlendern wir über den Weihnachtsmarkt und Raya schaut sich alles mit großen Augen an, vor allem die Weihnachtsmannmützen haben es ihr angetan. Nach einiger Zeit stellen wir uns an einer Bude mit Süßigkeiten an, um gebrannte Mandeln zu kaufen. Als Ben bestellt hat und noch zwei Lebkuchenherzen, eins für mich und eins für Raya gekauft hat, will er dies ihr umhängen, aber mit entsetzen müssen wir feststellen, dass Raya nicht mehr, wie vor wenigen Augenblicken noch, neben uns steht. Geschockt sehe ich Ben an. Das kann doch jetzt nicht wahr sein. Ein Moment passt man mal nicht auf und dann das. Ich atme tief durch und blicke mich um, ob Raya nicht nur ein paar Schritte weiter weg ist, doch dies ist nicht er Fall. So ein Mist. Doch langsam dämmert es mir, wo sie sein könnte, Ben hat denselben Gedanken gehabt, denn kurz bevor ich es aussprechen kann, sagt er „Sie ist garantiert wieder zum Karussell gegangen." So machen wir uns auf den Weg dorthin zurück, doch auf dem Weg mache ich eine Entdeckung. An dem Stand mit den Weihnachtsmannmützen steht ein kleines Mädchen und fasst die flauschigen Bommeln, der unteren Mützen an. Sie trägt dieselbe Jacke wie Raya und es ist kein Erwachsener in der Nähe. Deswegen schließe ich darauf zurück, dass es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um unsere Tochter handeln muss. Ich mache Ben darauf aufmerksam und eile zu ihr. Ich habe Recht gehabt und schließe meine Tochter in die Arme. „Du darfst doch nicht einfach wegrennen. Wir wissen doch dann nicht wo du bist.", schimpfe ich mit ihr, was durch meine Erleichterung, aber nicht als Schimpfen herüberkommt. „Ich wollte doch auch so eine Mütze. Die sind doch so schön.", erwidert sie, da sie den Ernst der Lage nicht erkannt hat. „Dann musst du es uns doch nur sagen.", sagt Ben während er sie auf den Arm nimmt. „Kann ich die da?", fragt sie völlig unbeirrt und deutet auf eine rote mit Glitzersternen. „Dann musst du uns aber versprechen, dass du nie wieder wegläufst.", sagt Ben nach einem Seufzer. Sie nickt und ich bezahle die Mütze und Raya setzt sie stolz auf. Ben behält sie lieber für den Rest des Weihnachtsmarktbesuches auf dem Arm, bevor sie wieder irgendetwas Glitzerndes sieht, was sie unbedingt braucht. Doch sie scheint der Zwischenfall nicht berührt zu haben, da sie mit leuchtenden Augen sich gebrannte Mandeln in den Mund stopft und sich von Ben tragen lässt, bis sie vor Erschöpfung müde wird und wir nach Hause gehen.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Dec 24, 2021 ⏰

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