Kapitel 3

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Die Woche hatte aus Einarbeiten bestanden. Inzwischen war Cole es gelungen, sich in der Firma einen Überblick zu verschaffen. Walker hatte gute Arbeit geleistet. Die Reitsportartikel für Reiter liefen deutlich besser als die für Pferde und so würde er sich zuerst auf diese Produktlinie konzentrieren. Wenn die Infrastruktur einmal stand, wäre es keine große Umstellung, die Pferdeartikel mit aufzunehmen.

Um in Ruhe denken zu können und zwischendurch etwas anderes zu sehen, als die Hochhäuser von Montreal, hatte er die gesammelten Unterlagen mit auf die Ranch genommen. Dort saß er am Nachmittag auf der Terrasse hinter dem Haus mit einem wunderbaren Blick auf den Stall und die direkt angrenzende Pferdekoppel und ging die Papiere durch. Der Laptop stand aufgeklappt vor ihm, damit er sich immer wieder Notizen machen konnte.

Aus der Küche hatte er sich eine selbstgemachte Limonade geholt und als er sich zurücklehnte, um eine Pause einzulegen, nahm er einen Schluck. Mit einem zufriedenen Lächeln sah er den Pferden zu, die auf der Koppel grasten. Jacob Carrick verschwand mit einer heubeladenen Schubkarre in den Ställen. So lange Cole denken konnte, arbeitete der Stallmeister für seine Familie. Er war derjenige gewesen, der ihn das erste Mal auf den Rücken eines Pferdes gesetzt hatte. Nicht müde werdend hatte er ihn an der Longe geführt und später auf dem Handführpferd begleitet, bis er in der Lage gewesen war, alleine auszureiten. Meine Güte, wann war er zuletzt geritten? Konnte man das verlernen?

Jacob kam aus dem Stall, sah zu ihm hinüber und tippte sich grüßend an die Kappe. Dann verschwand er hinter der Scheune. Es juckte Cole, sich ein Pferd zu satteln und auszuprobieren, wie gut er noch im Sattel saß. Mit Anzug würde er auf dem Pferd jedoch keine berauschende Figur abgeben. Während er noch grübelte, kam Jacob mit einem Eimer und einem Strick beladen zurück und marschierte in Richtung der Hangkoppel davon, die sich etwa eine Meile nordöstlich befand. Damit hatte sich das Thema Reiten vorerst erledigt, denn ohne die Empfehlung eines geeigneten Pferdes würde er sich nicht auf ein Tier wagen. Einige Zeit sah Cole ihm hinterher und bedauerte ein wenig, seine Reitstunde verschieben zu müssen.

Unwillkürlich tauchte in seinem Geist eine Person mit hellbraunem Haar auf, die ihn mit großen warmen Augen ansah. Nach dem Studium war er für ein paar Wochen auf die Ranch zurückgekehrt, bevor er ins Ausland gezogen war. In diesen wenigen Wochen auf der Ranch war er Becky Carrick nähergekommen. Sie war ein paar Jahre jünger als er und er hatte ihr nie Beachtung geschenkt. Umso größer war seine Überraschung, dass es das zahnspangentragende, pummelige Mauerblümchen nicht mehr gab. Stattdessen hatte er einer sportlichen und wunderschönen Frau gegenübergestanden. Wo sie nun lebte und was sie tat? Sie hatte studieren und Tierärztin werden wollen. So zielstrebig wie sie damals gewesen war, hatte sie ihre Träume sicher verwirklicht.

„Jacob?", hörte er eine Kinderstimme rufen. „Jacob?"

Irritiert, ein Kind auf der Ranch zu hören, erhob Cole sich, um nachzusehen, wer da auf der Suche nach dem Stallmeister war. Gab er Kindern aus der Gegend Reitunterricht?

Cole umrundete den Stall und entdeckte am Eingang der Koppel einen Jungen, der etwa in dem Alter sein musste, in dem man mit Reiten begann.

„Hallo", grüßte er ihn und ging auf ihn zu.

Irritiert blickte der Junge zu ihm auf.

„Kann ich dir helfen?", erkundigte Cole sich.

Mit großen blauen Augen sah der Junge ihn an, musterte ihn von oben bis unten, offenbar überlegte er, ob er ihm vertrauen konnte. Schließlich sagte er: „Ich suche Jacob."

Wissend nickte Cole. „Ich habe ihn vorhin gesehen, aber ich fürchte, er ist auf die Koppel am Hang gegangen."

Die Unterlippe des Jungen schob sich enttäuscht vor.

„Möchtest du mit mir auf die Terrasse kommen und dort auf ihn warten?", schlug Cole vor.

Befangen musterte der Junge ihn, dann schüttelte er den Kopf.

„Ich heiße Cole und wer bist du?" Er streckte seine Hand aus, ging dabei instinktiv in die Hocke, um mit dem Jungen auf Augenhöhe zu sein.

Zögernd reichte das Kind ihm die Hand. „Liam."

„Liam, freut mich dich kennenzulernen. Hast du Lust, auf der Terrasse mit mir eine Limo zu trinken?", wiederholte Cole sein Angebot.

Der Junge presste die Lippen aufeinander und schüttelte den Kopf. „Mrs. Whitethrone mag mich nicht. Solange sie mich nicht sieht, darf ich auf der Ranch sein."

Die Aussage des Kindes überraschte ihn. Er hatte seine Mutter immer als kinderlieb empfunden. In den letzten Tagen hatte sie mehrmals Andeutungen darüber gemacht, dass es Zeit für Enkelkinder war. 

...

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⏰ Letzte Aktualisierung: Dec 22, 2021 ⏰

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