Kapitel 9

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Eine Weile hocken Adrian und ich auf dem Boden, wobei es mir etwas besser geht. Doch das eklige Gefühl breitet sich weiter in meinem Körper aus. Cormac hingegen liegt weiterhin auf dem Boden und hält seinen Kiefer fest. Ich vermute, er ist gebrochen und ich hoffe es ehrlich gesagt für ihn. Denn vielleicht ist ihm das eine Lehre und er macht dies nicht erneut.

Ich spüre Erleichterung, als ich die liebliche Stimme von Romilda höre. >>Emma? Emma!<< Als sie mich in der Gasse hinter Adrian erkennt, welcher sich nun wieder hinstellt, rennt sie auf mich zu. Sie ist die einzige Person, welche ich jetzt um mich haben will. Sie breitet ihre Arme aus und umarmt mich. Jetzt fühle ich mich etwas besser und auch wohler, denn meine beste Freundin ist nun bei mir.

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Nachdem Romilda mich in den Arm nimmt, fühle ich Hoffnung. Hoffnung dafür, dass ich diese schlimme Erinnerung irgendwie wieder vergessen kann und mein Leben weiter leben kann wie ich es will. Hoffnung, die mir nur Romilda in diesem Moment geben kann.

Was danach geschieht, erlebe ich jedoch nur in Trance. Als wäre es ein Traum, ein Albtraum, aus dem ich bald erwachen würde.

Nachdem ich Romilda eine Ewigkeit umarmt habe, löse ich mich von ihr und flüstere zu ihr, dass ich gerne wieder zurück nach Hogwarts möchte. Sie nickt verständnisvoll, schlingt einen Arm um meine Hüfte und bringt uns aus der Gasse heraus.

Wo Andrew war, wusste ich nicht und es war mir egal. Er war nicht da, um mich zu beschützen, so wie er es mir so oft versprochen hat. Wie er es meinem Bruder versprochen hat. Er ist ein Lügner. Ein elendiger Lügner. Ich meine, sollte er als mein Freund jetzt nicht hier sein? Sollte ich nicht weinend in seinen Armen liegen? Sollte er nicht in meine Ohren flüstern, dass alles wieder gut wird? Eine winzige Träne löst sich und kullert meine Wange hinunter, die ich jedoch schnell wegwische.

Der Weg nach Hogwarts fühl sich total unrealistisch an. In dem einen Moment war ich noch in der Gasse mit Cormac und in dem anderen Moment stehe ich in meinem Zimmer. >>Ich habe dir warmes Wasser in die Wanne eingelassen<< höre ich Romildas Stimme weit entfernt, so als würde der Wind ihre Stimme aus tausenden Metern Entfernung zu mir bringen.

Ich bringe ein langsames Nicken zustande und laufe unsicher ins Bad. Ich schließe die Tür hinter mir und verriegle sie im nächsten Atemzug, damit bloß keiner hineinkommen kann. Zumindest niemand der mir etwas antun will. Ergibt das Sinn? Ich weiß es nicht, aber ich fühle mich dadurch sicherer.

Ich lehne mich gegen die Tür und lasse mein Blick über das Bad gleiten. Die weiße Wanne mit den goldenen Details ist bis nach oben hin gefüllt. Kleine Kerzen sind angezündet und es riecht in dem Bad angenehm nach Rosenblüten, die ich erst jetzt richtig wahrnehme. Romina hat wirklich versucht in der kurzen Zeit das Bad zu einer Wohlfühloase zu kreieren, was ihr gelungen ist. Schnell schlüpfe ich aus meiner Kleidung und lass diese einfach auf den Boden fallen. Mit einem Bein tauche ich langsam in das warme Wasser ein, wodurch sich sofort eine angenehme Wärme in meinem Körper ausbreitet. Das andere Bein gleitet ebenso in das Wasser und ich lasse mich anschließen in die Badewanne sinken, sodass das Wasser meinen Körper gänzlich bedeckt.

Doch so schön auch das warme Wasser ist, verspüre ich kein reinigendes Gefühl. Ich Blicke mich überfordert um und erblicke am Ende der Wanne einen Schwamm. Ich greife danach und schöpfe auf diesen etwas von meinem Duschgel. Ich muss die Spuren von Cormac wegwaschen. Ich fühle mich elendig dreckig und sein ekelhaftes Grinsen klebt an meinen Körper. Ich schrubbe und schrubbe. Meine Beine, meine Arme, mein Bauch, mein Hals, mein Gesicht und meine Hände. Nichts bleibt von dem fast schon brutalen schrubben verschont. Dass ich zu viel und zu dolle geschrubbt habe, erkenne ich erst durch die roten Striemen auf meinem Bein. Aber ich muss weiter schrubben. Das eklige Gefühl will einfach nicht weggehen. Doch das muss es. Es muss weggehen, damit ich mein Leben wieder weiterleben kann, so als wäre nie etwas passiert.

Verzweifelt benutze ich den Schwamm weiter und die eben noch hellroten Striemen werden nun langsam dunkler. Ich habe mich doch genug gewaschen und genug Waschgel benutzt. Aber warum fühle ich mich nicht besser? Warum geht das ekelige Gefühl nicht einfach weg?

Wut übermannt mich. Warum? Warum musste ich aus den Drei Besen auch hinausgehen? Warum hätte ich nicht einfach weniger trinken können? Warum musste ich Hogwarts überhaupt verlassen?

Ich schleudere den Schwamm an die Wand, mit einer Wut, die ich so bei mir noch nie erlebt habe. Schon als kleines Kind war ich friedlich und wollte Gewalt vermeiden. Oliver war, was das angeht etwas anders. Er musste alles immer mit seinen Fäusten klären, wenn er nicht weiter wusste. Doch durch das Quidditch geht es ihm besser und er hat seine Wut im Griff, was meine Eltern beruhigt. Obwohl ich glaube, dass er seit langer Zeit schon keine Wut mehr so wirklich empfunden hat. Also warum bin ich jetzt die Aggressive?

Ich bin verwirrt. Und müde. Und traurig. Und erschöpft.

Ich ziehe meine Beine an meinen Körper, schlinge meine Arme um meine Knie und lege meinen Kopf auf die Knie. Und dann weine ich. Erneut. Leise. Lange

Solange bis das Wasser kalt ist. Doch das spüre ich nicht mehr. Rominas Stimme nehme ich auch nur am Rand wahr. Doch so wirklich, kommt ihre Stimme nicht bei mir an. Auch die Kerze die hingestellt wurden, werden immer kleiner, bis das Licht in dem Bad nur noch ganz schwach ist.

Doch trotzdem sitze ich in der Wanne und fühle mich etwas besser.

Aber nicht durch das Bad.

Es sind die blauen, die an diesem Abend etwas Ruhe in diesen schrecklichen Tag bringen. Die mich keinen Augenblick alleine lassen und die ganze Nacht beschützend über mich wachen.


Ungewollt verliebtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt