Kapitel 2 - der bedachte Mentor

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"Siehst du, ich hab dir doch gesagt wir brauchen nur zehn Minuten bis hier her!" Völlig außer Atem und keuchend torkelt Cinem hinter mir her. "Ach Mensch, wir hätten viel mehr an deiner Kondition arbeiten sollen!", sage ich ihm mit sarkastischen Unterton. Cinem fehlt die Luft um darauf zu antworten, deswegen streckt er mir bloß seinen Mittelfinger entgegen. "Komm schnell, wir müssen noch hinter die Bühne, bevor der Direktor der Akademie mit seiner Rede beginnt!" Nach einem genervten Seufzen, seitens Cinem, setzen wir uns wieder in Bewegung. Am Eingang zum Zielort angekommen, kann ich mir einen gehässigen Kommentar einfach nicht verkneifen: "Na also, war doch gar nicht so schlimm oder?" Mit bösen Augen starrt Cinem mich an und erneut streckt er mir gehässig seinen Mittelfinger entgegen. "Kadett Deischler!", drang es, von einer markerschütternde Stimme, aus dem Hintergrund und ein Uniformierter mit Glatze und dickem Vollbart kommt auf uns zu. "Solch ein obszönes Verhalten habe ich von Ihnen als letztes erwartet!" In weniger als einer Sekunde stand Cinem stramm und salutierend da. "Verzeihen Sie Oberst Bellator!", sprach er mit kraftvoller Stimme. Der Oberst seufze nur: "Nicht nur bei mir sollst du dich entschuldigen, sondern auch bei deiner Kameradin!", befiehlt er. Cinem dreht sich zu mir um und salutierte erneut, "ich entschuldige mich, Kameradin Tulpeil, für mein schlechtes und obszönes Verhalten!" Es ist so ungewohnt meinen Nachnamen von Cinem zu hören, das letzte mal war bei der Vorstellungsrunde in der Grundausbildung. Um der Förmlichkeit gerecht zu werden salutiere ich ebenfalls und sage was der Oberst wahrscheinlich hören will: "Hiermit nehme ich deine Entschuldigung an, Kamerad Deischler!" Ich glaub ich muss gleich kotzten, bei so viel förmlicher Höflichkeit. 

"Ihr beide wärt fast zu spät gekommen, ist euch das bewusst?!" schrie uns der Oberst mit strengem Blick an und trat bis auf einem Meter vor uns. "Ja Oberst, deswegen sind wir auch zügig hergelaufen!", sprach ich mit ernster Stimme und sah ihn an. Er warf mir einen strengen Blick zu, "Wenn ihr Beide euch eurem Fehler bewusst seid, habe ich nichts weiter hinzuzufügen." In seinem Gesicht bildete sich ein grinsen und er sagt mit brummiger Stimme: "Ich will doch das meine Nichte und zukünftige Kapitänin, beim Generalstab keinen schlechten Eindruck hinterlässt." Ich löse mich aus der strammen Haltung und lächle ihn an, "Ach Onkel, auf so eine Idee würde ich nicht mal im Traum kommen." "Na bei dir weis man nie Kindchen", zwinkert er mir zu. "Cinem, du kannst dich übrigens auch wieder rühren!" sagte er und gab ihm einen Stoß in die Seite. Cinem kam leicht ins wanken und sprach mit verlegender Stimme: "Oh, verzeihen Sie Oberst!" "Nun reicht es aber Jungchen!" entgegnete er mit leicht gereizter Stimme. Cinem stehlt sich aufrecht hin und streckte ihm lächelnd einen Daumen entgegen. Mein Onkel lachte aus tiefsten Herzen, "so gefällst du mir Jungchen!" und gab ihm einen Klaps auf die Schultern. 

"Onkel?" frage ich mit hoffungsvoller Stimme, "weist du ob meine Eltern heute auch da sind? Ich habe nämlich keine Bestätigung ihrerseits erhalten!" "Na aber natürlich Kleines, ich kenne meinen Bruder, so etwas lässt er sich nicht entgehen und deine Mutter selbstverständlich auch nicht!" antwortete er mit freudiger Stimme. "Zudem ist dein Vater doch ein Teil des Generalstabes, warum sollte er also nicht persönlich erscheinen?". fragte er. "Ganz genau das ist es ja!", entgegnete ich, "Vom Generalstab ist nur jemand persönlich erschienen wenn die nächste Einheit Kadeten ausgebildet und kampfbereit ist. Jedes Mal schicken sie nur Leute an die Akademie um das Frischfleisch zu begutachten, einzuschätzen und schon vorab einzuteilen!" Meinem Onkel stand mit offenen Mund vor mir und sagte nichts. Cinem schluckte nur lautstark. Ich lehne mich mit verschränkten Armen an die Wand und sah beide skeptisch an und fuhr fort, "Warum sollte es heute anders sein, nur weil ein Familienangehöriger seinen Abschluss an dieser Akademie macht? Unwahrscheinlich!" Völlig entgeistert kommt mein Onkel auf mich zu und legt seine Hand auf meine Schulter. Er schaute mir in die Augen und sprach mit sanfter Stimme: "Nun beruhige dich Sila, dein Vater ist nicht als General hier sondern als dein Vater, er trägt nicht mal seine Uniform sondern nur einen schlichten Anzug wie ein normaler Zivilist." Ich hob skeptisch die Augenbraue, "Ich kann es nicht ganz glauben, weil mein Vater noch nie ohne Uniform herumlief und die Arbeit Prioritätsstufe immer Alpha bei ihm hat", entgegnete ich ihm. "Nun in dieser sehr angespannten Situation mit der Erde, hat er alle Hände voll zu tun. Er könnte es sich nie verzeihen kämme es durch seine Unachtsamkeit zu unschuldigen Opfern, vorrangig geht es ihm auch um die Sicherheit seiner Familie und Kameraden. Wen du als Kapitänin später mal das Kommando über Menschenleben hast wirst du verstehen, wie schwer es sein kann, die richtigen Entscheidungen zu treffen und welchen Preis sie kosten." Mit einem warmen lächeln im Gesicht sah er mich an und zwinkert mir zu. Ich verstehe was er meint und weis das er recht hat. Ich muss noch eine Menge über Verantwortung lernen und werde dann auch die Entscheidungen von meinen Vater besser nachvollziehen können. 

Nach dieser kurzen Auseinandersetzung wende ich mich mal Cinem zu, der mittlerweile in der Gegend herumsteht und Sinn frei die Wand anstarrt. "Wie sieht es aus Cinem, sind deine Eltern auch gekommen?", frage ich ihn hoffnungsvoll. Bedrückt schaute mein Onkel zu Cinem rüber und sprach mit gedämpfter Stimme: "Cinem, was deine Eltern angeht nun, wie soll ich es sagen?" "Sie haben abgesagt, ich weis schon Bescheid.", sagte er mit enttäuschter Stimme. "Ja, tut mir sehr leid Jungchen." Cinem schüttelt mit dem Kopf, "Sie können nichts dafür Herr Bellator, mein Vater arbeitet zurzeit auf einer Erzabbaustation, im inneren Asteroidengürtel auf der anderen Seite der Sonne, und ist erst in frühestens sechs Monaten zurück. Meine Mutter arbeitet derzeit als Versorgerin auf dem Mond Phobos, aufgrund der Wichtigkeit des neuen Raumhafens, hat sie sich nicht frei nehmen können." "Was ist mit deinem Bruder? Ihr steht euch doch so nahe. Kann selbst er nicht kommen?" unterbreche ich ihn. "Leider auch nicht, er ist mit einem Forschungsteam auf dem Jupiter Mond Europa. Sie untersuchen ob es im Ozean, unter der dicken Eisschicht, brauchbare Ressourcen zu erschließen gibt, außer dem Wasser." "Wie jetzt, keiner aus deiner Familie ist heute hier um mit dir deinen Abschluss zu feiern?" frage ich leicht verärgert. "Dennoch haben sie an mich gedacht und jeder hat mir eine Holografische Nachricht zukommen lassen. Jeder sagt er sei stolz auf mich." Ein leichtes lächeln bildet sich auf seinem Gesicht. 

Voller Freude legt mein Onkel seine Hand auf auf die Schulter von Cinem und sagt euphorisch: "Das freut mich zuhören, damit weist du das sie im Geiste bei dir sind und dich trotz dieser Entfernung unterstützen." Voller Eifer redet er weiter: "Deine ganze Familie arbeitet für das Wohl der Marsianischen Gesellschaft und darauf kannst du stolz sein." Cinem grinst meinen Onkel an und spricht mit schüchterner Stimme: "Es ist mir eine Ehre sowas von Ihnen zu hören, Oberst Bellator!" Frech quetsche ich mich dazwischen um auch mal was zu sagen: "Und am heutigen Tag, nach der Zeremonie, kannst du auch stolz auf dich sein." Ruckartig schob mich mein Onkel mit einem grinsen beiseite und reichte Cinem die Hand. Er sprach mit sanfter Stimme: "Es war mir eine Ehre dein Ausbilder zu sein, du hast dir das heute mehr als verdient." Mein Onkel schaut in voller Stolz an als wäre Cinem sein richtiger Sohn. Leicht verärgert falle ich erneut dazwischen, "Hey Onkel, was ist mit mir?", fragte ich ihn gehässig. "Hohoho, liebe Sila, dir brauch ich doch nicht sagen wie gut du bist, das weist du doch schon selber. Du hast alle Prüfungen und Tests mit exzellent bestanden und bist die Beste deines Jahrganges." sagte er, während seine Augen mich stolz anfunkelten. "Wir werden uns so schnell nicht wiedersehen ihr Zwei und wünsche euch deswegen alles Gute und viel Erfolg für die Zukunft", sprach mein Onkel mit warme Stimme. "Nun gut ihr Beiden, genug geredet, der Direktor hat schon mit der Rede angefangen, Ihre zwei solltet schnell auf eure Plätzte gehen sonst gibt es noch mehr Ärger." Mein Onkel salutierte und zeigte mit seinem Finger Richtung Eingang zur hinteren Bühne und sprach mit kräftiger Stimme: " KADETEN, WEGGETRETEN!" Wir Beide salutierten ebenfalls zur Verabschiedung und machten uns anschließend auf den Weg.

Team S/1-AWo Geschichten leben. Entdecke jetzt