Hinata x Kageyama

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Trainingsstreit

POV - Hinata

Lebenslanges Training, ohne dass man erschöpft werden würde. Das wäre doch ein guter Plan. Wer brauchte schon Schlaf, Ruhe und Erholung? Ich jedenfalls nicht. Oder doch?
Erschöpft ging ich in die Knie und stützte meine Hände auf meinen Oberschenkeln ab, um wieder ein wenig zu Atem zu kommen. Der Schweiß rann mir bis zum Kinn hinab und tropfte von dort ungehindert auf den Hallenboden.
„Wenn du jetzt schon am Boden bist, wirst du es nie schaffen, deine Ziele zu erreichen", wurde mir von der Seite zugezischt und ich wirbelte herum. Eine unbegründete Energie ergriff von mir Besitz, die ich nicht zuordnen konnte. Immer wenn er das tat wurde ich auf einmal wieder energischer, lauter und unkontrollierter.
Tobio Kageyama sah noch immer genauso schlecht gelaunt aus, wie vor zwei Stunden, als wir angefangen hatten, zu trainieren. Doch ich wusste mittlerweile, dass er diesen Gesichtsausdruck leidenschaftlich gerne zur Schau trug, um seine wahren Gefühle dahinter zu verstecken. Kageyama lächeln zu sehen war ähnlich, als würde ich stundenlang in den wolkigen Himmel starren und auf einmal käme die Sonne raus und würde mich schutzlos blenden. Man erblindete halb, weil man damit nicht rechnete. Dementsprechend hatte ich gelernt, mit seiner Laune umzugehen.
„Würdest du mir besser zuspielen, hätten wir das Problem nicht", gab ich leichthin zurück und ging vorsichtshalber einen halben Schritt zurück, im Vorwand den Ball zu holen, wobei ich in Wahrheit lieber nicht neben ihm stehen wollte, wenn ich ihn zu sehr auf die Palme brachte.
„Was hast du gesagt?" Er fixierte mich und das intensive Dunkelblau seiner Augen gab mir das Gefühl darin zu ertrinken. Wie immer versuchte ich diesen Gedanken ganz weit nach hinten zu verdrängen, um einen klaren Kopf zu behalten und grinste stattdessen. Eigentlich aber nur, damit er meine Unsicherheit nicht sah.
„Dass dein letztes Zuspiel zum Kotzen war! Du kannst das besser!", erklärte ich ihm halb schreiend, weil ich inzwischen am anderen Ende der Halle stand und den Ball aufhob, mit dem ich mein Ziel komplett verfehlt hatte.
„Ah ja? Ich bin schuld, dass du nicht in der Lage bist, zu springen? Wer rühmt sich denn immer für seine Hopser? Nur so als Tipp, ich bin es nicht."
Er drehte sich um und stolzierte zurück seiner Wasserflasche, die neben der Hallentür stand. Dabei fixierte ich ihn und mir fiel erneut auf, wie groß er eigentlich war. Um ehrlich zu sein, war mit mir verglichen so ziemlich jeder riesig, aber das war nicht der Punkt, auf den ich hinauswollte.
Kageyama war die letzten Wochen zu hundert Prozent noch einmal gewachsen und überragte mich damit umso mehr. Das gefiel mir nicht. Dennoch traf es auch einen anderen Nerv von mir, dass er immer weiter wuchs. Da ich sehr hoch sprang, wollte ich ihn damit immer übertrumpfen, aber wenn er stetig größer wurde, hätte ich doch irgendwann gar keine Chance mehr! 
„Meine Hopser", ich betonte das Wort absichtlich sehr abfällig, „sind der Grund, warum ich höher in die Luft komme, als du es jemals hinkriegen wirst! Du solltest dich auf deiner Größe also nicht ausruhen!"
Er wandte sich erneut zu mir um und zog arrogant eine Augenbraue hoch. „Was hat denn meine Größe damit zu tun?"
Oh, fuck. Das waren gerade ja nur meine Gedanken gewesen! Wieso konnte ich eigentlich nie nachdenken, bevor ich meine Meinung heraus posaunte?
„Das... eh... ist doch jetzt gar nicht der Punkt!", scheiterte ich darin, mich zu retten und schüttelte irritiert von mir selbst meinen Kopf. Jetzt war ich nicht nur unfähig zu denken, sondern auch zu reden. Lag das an ihm?
Kageyama fuhr sich durch seine pechschwarzen Haare und wirkte dabei nachdenklich. Er wirkte so oft so verdammt nachdenklich. Als würde er seine Umgebung gar nicht mehr wahrnehmen, sondern allein in seinen Gedanken leben. In solchen Situationen schlich ich mich leidenschaftlich gerne an ihn heran, um ihn zu erschrecken. Wie schon erwähnt, bemerkte er mich in diesem Zustand meistens erst zu spät. Warum ich darauf stand, dass er sauer wurde, wusste ich ehrlich gesagt genauso wenig. Was wusste ich eigentlich?
Heute war ich jedoch zu langsam und er wirbelte bereits herum, als ich noch einige Schritte von ihm entfernt stand.
„Was hast du eigentlich für ein Problem?"
Schon wieder klang er so wunderbar aufgebracht, dass ich grinsen musste.
„Einen Haufen und du bist eines davon", erklärte ich ihm frech und legte meinen Kopf schief, als er in der Bewegung innehielt. „Alles gut?"
Er murmelte etwas Unverständliches in sich hinein und winkte dann ab. „Mir ging es noch nie besser." Er klang nicht mal annähernd so standhaft, wie er sich das vermutlich gewünscht hätte, was mich erneut lachen ließ, jedoch rollte er nur mit den Augen und griff nach einem weiteren Ball, um ihn ans Netz zu spielen. Dabei würdigte er mich keines Blickes und doch wusste ich ... dass der Ball für mich war!
Verdammt!
So schnell ich konnte, ließ ich mich in den Sprint fallen und hechtete dem Ball hinterher. Mit aller Kraft stieß ich mich mit meinem rechten Fuß ab und sprang. Wenn nicht sogar noch ein kleines Stückchen höher, als man es von mir gewohnt war. Meine Augen fixierten den Ball, der auf der Höhe meines Gesichtes über dem Netz schwebte. Jetzt musste ich ihn nur noch schlagen. Heftig und rücksichtslos.
Der Knall hallte durch die ganze Halle, gefolgt von meinem dumpfen Aufkommen auf dem Boden, wo ich ein wenig in die Knie sank, während ich dem Ball mit den Augen folgte, der endlich den anderen Volleyball traf, den ich auf der seitlichen Mitte des anderen Felds platziert hatte. Beide Bälle rollten in verschiedene Richtungen davon und ich riss meine Hände nach oben.
„Endlich!"
Mein Schrei hallte ähnlich laut durch die Halle, wie der Knall davor und im Augenwinkel bildete ich mir ein, Kageyamas Mundwinkel zucken zu sehen. Ha!
Warte mal... warum wollte ich mich ihm eigentlich immer beweisen? Ich erinnerte mich an das, was ich damals zu Asahi gesagt hatte.
Wenn er mir zuspielt, kann ich jeden Ball schlagen und auch die größten Gegner besiegen!
Oder so in der Art. Hieß das, ich konnte es ohne ihn nicht? Der Gedanken ließ mich frustriert die Fäuste ballen.
„Was hast du denn jetzt für ein Problem? Der ging doch perfekt rein."
„Weil du ihn so gut zugespielt hast!", motzte ich ihn an und irgendwie war es berechtigt, dass er mich irritiert anglotzte.
„Und das Problem liegt jetzt wo?", hakte er verwirrt nach und ich wirbelte herum, um ihm in die Augen zu sehen.
„Wenn du alles perfekt zuspielst, wie soll ich dann Ass werden? Ein Ass muss auch schwierige Bälle spielen können!"
Er zog erneut eine Augenbraue hoch.
„Jetzt ist es meine Schuld, weil ich zu perfekt spiele?" Spott triefte seine Stimme, aber nickte dennoch standhaft.
„Ganz genau."
Er kam auf mich zu und in seinem Gesicht konnte ich nicht lesen, ob er belustigt oder sauer war. Ohne es zu wollen, wich ich nach hinten aus. Schon wieder. Jedoch war er schneller als ich und ergriff mich am Shirt, sodass ich ihm viel, viel zu nah war. Meine Hände wurden schwitzig und ich biss mir auf die Unterlippe.
„Du glaubst also immer noch, dass nur ich die ganze Arbeit mache?"
Wenn er es so sagte, klang es etwas dämlich, aber im Grunde war es so, ja. Also nickte ich.
„Sag mal, hast du nichts gelernt?" Er schüttelte mich und die Welt begann sich ein wenig zu drehen. „Wegen dir musste ich doch lernen, wie es ist, nicht alles alleine schaffen zu können! Wie kannst du es wagen, mir zu erzählen, dass ich es immer noch tue? Ich bin nicht derjenige, der am Netz den beschissenen Ball schlagen muss!"
Das „auch wenn ich es tausend mal besser könnte als du" lag in der Luft, aber er sprach es das erste Mal nicht aus. Stattdessen funkelte er mich weiter sauer an, aber ... warum wurde er denn plötzlich so wütend? Was hatte ich denn gegen ihn gesagt? Ich hatte doch gegen mich selbst geschossen?
„Hast du ... hast du gerade zugegeben, dass ich etwas kann?", fragte ich verblüfft und bei der Realisierung seiner Worte ließ er mein Shirt los, sodass ich unsanft auf dem Hallenboden aufkam. Mit einem leisen „Hmpf" beschwerte ich mich, aber er schien es gar nicht zu hören.
Hatte ihn die Tatsache, dass er mich gerade gelobt hatte, so sehr aus der Bahn geworfen? Sein Blick ging geradewegs an mir vorbei und wirkte unbegründet glasig.
„Du schlägst sie immer. Es ist egal, wie schnell ich spiele, du schlägst sie immer", sagte er sich betont langsam. „Jede Vorlage, die ich dir biete, nutzt du chancenlos aus. Sogar Bälle, die ich versaue, kannst du mittlerweile retten."
Meine Augen wurden bei jedem seiner Worte größer. So viele Komplimente auf einmal hatte ich von ihm ja noch nie gehört. War er krank?
„Gehst du bald von uns, dass du plötzlich so nett zu mir bist?"
Auf meine scherzhafte Frage bekam ich nur ein leises Zischen. „Natürlich nicht! Ich verstehe nur nicht, warum du so darauf bestehst, meine Zuspiele abzubekommen. Sugawara meinte einmal, es sei schon frustrierend, wie deine Augen aufleuchten, wenn ich dein Partner bin und nicht er. Warum ist das so, Shoyo?"
Okay, okay. Ich war nicht oft sprachlos, ich plapperte wie ein Wasserfall, aber der musste gerade ausgetrocknet sein. Genauso wie meine Kehle, denn ich bekam nichts, absolut nichts, raus. Sogar meine Atemzüge kratzten.
„Was meinst du damit, dass meine Augen leuchten würden?" Ha! Ich bekam doch ganze Sätze heraus! Zum Teufel mit der Scham!
Dachte ich.
Bis mir auffiel, dass er meinen Vornamen benutzt hatte und mir Kageyama seine Hand zum aufhelfen anbot. Ich nahm sie an.
Er musste doch todkrank sein! Das hier ergab sonst alles absolut keinen Sinn! Tobio fand mich nervig. Vom ersten Treffen an bis jetzt. Da war keine Interesse von ihm, die nicht übers Volleyball hinausging. Die war nur bei mir.
„Ich verstehe Koshi", überlegte er laut und nahm wie selbstverständlich mein Kinn in seine Hand, um meinen Kopf in seine Richtung zu drehen. „Sie leuchten immer wie flüssiger Honig", erklärte er beinahe schwärmerisch, weshalb ich nichts tun konnte, als herb zu schlucken. Seine Finger waren warm und ein wenig rau, aber gleichzeitig weich. Das musste daran liegen, dass er sie so gut pflegte, im Gegensatz zu mir. Sollte ich damit vielleicht auch mal anfangen. „Hörst du mir noch zu?"
Erschrocken blinzelte ich ihn an. „K-klar. Ich mag meine Augen auch - deine Augen, ich meine deine Augen!" Gott, wie peinlich.
Seine Mundwinkel zuckten. Hatte ich schon mal erwähnt, dass das eine Seltenheit war? War es!
„Freut mich" Etwas in seinem Blick hatte sich verändert, vermischt. Es war so intensiv ... aber was war es? „Sag mal, Hinata, warum siehst du im Unterricht teilweise minutenlang zu mir herüber und denkst, dass ich es nicht bemerke? Warum versuchst du, mich in allem auszustechen, was man auch nur im entferntesten als Wettkampf ansehen kann? Warum trainierst du ständig bis in die Nacht mit mir? Hat das einen Grund, den du mir verschweigst?"
Das im Unterricht hatte er mitbekommen? Scheiße, musste ich auffällig unterwegs gewesen sein!
„Keine Sorge, es hat sonst keiner gemerkt", schien er meine Gedanken gelesen zu haben. „Ich weiß das nur, weil ich es ebenso gemacht habe." Er klang verlegener. Jedoch nur solange, bis sich ein wenig Spott in seine Stimme mischte. „Nur hat man es bei mir nicht so leicht gesehen, wie bei dir."
Als Reaktion - und mittlerweile war ich mir sicher, dass er genau das hatte erreichen wollen - verengte ich die Augen und umfasste seine Hände mit meinen. Sie waren so viel größer! Ich würde Mühe haben, eine davon mit beiden zu umfassen! Nicht, dass ich es vorgehabt hätte.
Er lachte leise. Ein Geräusch, an das ich mich gewöhnen könnte und ließ mein Gesicht los, jedoch nicht meine Hände. Die verhakten sich merkwürdigerweise ganz automatisch miteinander und keiner tat etwas, um sie wieder zu lösen. Interessant.
„Dann bin ich also nicht alleine", murmelte ich leise, wusste aber, dass er mich hören würde. Sein Nicken war mir Antwort genug. „Weißt du, Kags, ich wollte schon länger etwas ausprobieren, aber es ist ein wenig anders." Er zog eine Augenbraue nach oben, wodurch mein Grinsen breiter wurde. „Vertraust du mir?"
„Wohl oder übel." Die Antwort genügte mir.
Leicht errötend stellte ich mich auf Zehnspitzen und nahm kurz wahr, dass er sich leicht zu mir herunterbeugte, ehe ich meine Lippen auf seine presste und endlich hinter mich brachte, wovor ich seit Wochen Angst hatte.
Jedoch fühlte es sich so anders an, als ich es erwartet hätte. Erste Küsse wurden doch immer als verträumt, sanft und liebevoll beschrieben, aber das alles war unserer nicht.
Ganz im Gegenteil, es war herausfordernd. Wie eine Provokation fühlte es sich an, als Kageyama mit seiner Zunge gegen meine Lippen drückte, um sie zu öffnen, was ich nach einigen Sekunden auch tat. Lange konnte ich dem hier nicht standhalten. Alles Blut war in ganz bestimmte Teile meines Körpers geflossen und staunte sich dort, mein Kopf fühlte sich ganz benebelt an. Nur oberflächlich nahm ich wahr, dass mich Tobio an den Hüften packte und hochhob. Wie in Trance schlag ich meine Beine um seinen Bauch, um Halt zu suchen und es kam mir ebenso nebensächlich vor, dass er mich zur Wand trug und dagegen drückte. Alles in mir drin wurde von einer solchen Hitze überspült, dass ich fürchtete, bald daran zu ersticken. Kags erkundete meinen Mund, unsere Zungen fochten eine wilden Kampf aus. Er gewann. Natürlich gewann er.
Für die Niederlage revanchierte ich mich, indem ich sanft in seine Lippe zwickte und ihm damit tatsächlich ein Stöhnen entlockte. Er riss die Augen auf, war davon wohl genauso überrascht, wie ich, löste sich aber nicht von mir. Stattdessen umfasste er meinen Hintern fester und drückte leicht zu, sodass ich innerlich beinahe explodierte.
„Fuck, Tobio!", presste ich zwischen zwei Atemzügen hervor und nahm wahr, wie er  in den Kuss hineinlächelte. Verdammter Arsch!
Meine Hände wanderten in seine Haare, krallten sich dort fest, zupften daran, während er mich wieder auf den Boden absetzte. Mit Fingern fuhr er meinen Körper nach oben, hinterließ dabei durch das dünne Sportshirt eine heiße, kribbelnde Spur und stoppte an meinen Schultern.
Erst jetzt löste er sich leicht von mir. Aber nicht, um nach Luft zu schnappen, wie ich es tat, sondern um meine Halsbeuge zu küssen. Überrascht quickte ich auf, krümmte mich leicht zusammen, aber genoss es, was ich ihm zeigte, indem ich meinen Kopf etwas zur Seite lehnte, damit er besseren Zugang hatte.
„Bin ich froh, dass du gerne neues ausprobierst, Hinata Shoyo", raunte er mir ins Ohr und lachte leise, weil ich zu perplex war, um etwas zu erwidern.

Haikyuu! - FanfictionsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt