Second Chances

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KX-86

Zugriff verweigert.

Gerade sitze in meiner Wohneinheit, den Simulator angeschlossen, und durchforste meinen Erinnerungsspeicher nach der Sequenz, die mir beinahe einen Kurzschluss verursacht hätte.

Nur, dass ich das offensichtlich nicht sollte. Verschlossene Erinnerungen sind solche, die die Persönlichkeit eines jeden Androids ausmachen, und deshalb nicht gelöscht werden dürfen. Allerdings können sie aufgrund ihrer Intensität zu Störungen im Arbeitsprozess führen, weshalb sie normalerweise unzugänglich sind.

Blöd. Ich möchte sie nämlich sehen, ohne meine Vorgesetzten um Erlaubnis bitten zu müssen, da ich andernfalls zusätzlich den Grund für die Bitte erläutern müsste.

“Komm schon”, murmele ich und versuche etwas Neues. “Es sind doch meine Erinnerungen.”

Zugriff verweigert.

Entnervt schaue ich auf den Bildschirm mit dem rötlich blinkenden Signal. 

“Ach, lass mich doch”, motze ich dann, beende die Verbindung zum Simulator und starre an die Decke. In der Vergangenheit haben mich Unzugänglichkeiten nicht gereizt und ich hatte nicht einmal das leiseste Interesse an ihnen, also wieso verspüre ich jetzt den Drang, die Regeln zu brechen, nur um sie mir anzusehen? Komplett irrational.

Mein Blick gleitet zu Subjekt m-j47.

Nach der abgebrochenen Löschung hatte ich ihn in meine Wohneinheit gebracht, damit er sich etwas erholen kann, aber bisher ist er noch nicht wach geworden.

Verständlich, der menschliche Organismus arbeitet eher langsam, wenn es darum geht, Giftstoffe zu entfernen. Ein weiterer ihrer Makel. Ich werde warten müssen, bis er aufwacht, und hoffen, dass er sich nicht allzu sehr danebenbenimmt. 

Vielleicht sollte ich in der Zwischenzeit den Scan machen, um herauszufinden, was mit mir los ist.

Mit einer Handbewegung rufe ich den Plasmascreen hervor, wähle die Scan-Option aus und warte.

Zwar werden Generalscans regelmäßig angeordnet, aber jeder Android hat die Möglichkeit und ist gleichfalls verpflichtet, einen zwischenzeitlich durchzuführen, sollte er Anomalien bei sich aufspüren. Schließlich ist es in unserem eigenen Interesse, da bei gravierenden Fehlfunktionen die Aussonderung unumgänglich ist.

Der einzige Nachteil ist, dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit unproduktiv ist.

Seufzend bestätige ich und spüre keine zwei Sekunden später das bekannte Kribbeln des Stromes, der meinen Körper durchfließt. 

Informationen werden verarbeitet...

Ein paar Augenblicke später ertönt ein leises Geräusch und lässt mich wissen, dass die Prozedur beendet ist. Die Ergebnisse erscheinen sofort auf den Bildschirm vor mir.

Keine äußeren oder inneren Verletzungen.

Schaltkreise und Module intakt und betriebsbereit.

Kreislauf stabil.

Keine Anomalien gefunden.

Kaputt ist also schonmal nichts. Erfreulich. Aber auf der anderen Seite verrät mir das auch nicht, wieso ich diesen Erinnerungsblitz hatte, was wiederum weniger erfreulich ist.

Mein Blick gleitet zurück zu dem Menschen auf der Couch.

Er ist nicht der erste, bei dessen Löschung eine derartige Fehlfunktion bei mir aufgetreten ist. Er ist allerdings der erste, bei dem ich den Prozess danach abgebrochen habe.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jan 13, 2022 ⏰

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