Der venezianische Spiegel

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! Triggerwarnung ! Einige Szenen enthalten explizite Gewaltdarstellungen gegen Frauen und Männer sowie sexuellen Content. 

Sämtliche Personen sowie das Burghotel sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder bereits verstorbenen Personen oder Orten sind rein zufällig und keinesfalls beabsichtigt. 

1. Edition, 2022© 01/2022 All rights reserved.Christina Marie Huhn Umschlaggestaltung: Christina Marie Huhn; Verwendung eines per 01/2022 kostenlosen Downloads von "pixabay", Fotografenname: "analogicus" sowie der Fonts "Creepster", "Kaushan Script" und "Ryujin Attack", alle SIL Open Font License in 03/2022
Selfpublished


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Der Venezianische Spiegel

- Ein Horrorhappen -

„Wie gefällt es dir?", fragte Jonas, als sie aus dem Auto stiegen. Nele schaute sich um. Zweifelnd. Etwas schaudernd. Es war Ende Oktober, und die Nacht senkte sich bereits herab. Die Luft fühlte sich kalt und feucht an, leichter Nebel griff wie mit feinen, klammen Fingern nach ihrem Hals, als sie mit ihrem Verlobten durch den engen Hof des „Burghotel Hirschenswalden" vom Parkplatz zur Rezeption trabte. Das Klappern ihrer Pumps auf dem unregelmäßigen Kopfsteinpflaster hallte hohl von den hohen Wänden zurück. Die zierliche Frau mit den weizenblonden Locken zog ihren Kragen hoch und wünschte, sie hätte vorhin eine wärmere Jacke angezogen.

Im Web hatte das Gebäude viel heimeliger und gemütlicher ausgesehen als in natura, dachte Nele. Auf der Webseite, die das nach langwieriger Renovierung vor kurzem wiedereröffnete Hotel anpries, prangten farbenfrohe Fotos des trutzigen Gemäuers der mittelalterlichen Burg, die im strahlenden Herbstsonnenschein entstanden waren. Welch ein Kontrast zu der momentan herrschenden Düsternis! 

Kurz darauf erreichte das Paar die hell erleuchtete Rezeption. Für Jonas, dessen Statur man die regelmäßigen Besuche im Gym ansah, war das Öffnen der massiven Eingangstür aus Eichenholz ein Leichtes. Ganz Kavalier, geleitete er Nele ins Haus, die aufatmete, sobald sie die Tür mit einem leisen Knarzen hinter sich geschlossen und die Dunkelheit ausgesperrt hatten. Ein gutaussehender, junger Mann, der die Dienstkleidung des Hotels trug, begrüßte sie lächelnd. Das Namensschild auf seinem Revers wies ihn als „Tino Müller" aus. Nach dem professionellen und freundlichen Check-in überreichte er ihnen anstelle klobiger Metallschlüssel zwei nüchterne Plastikkarten. Das 21. Jahrhundert war auch in der alten Burg angekommen, stellte Nele amüsiert fest und kicherte ein wenig. Vergessen war das beklemmende Gefühl der Ankunft. Tino Müller erklärte Nele und Jonas den Weg zu ihrem Zimmer. Jonas übernahm das Gepäck, während Nele voranging. Sie erklommen eine wuchtige Holztreppe und bogen in einen schmalen Flur ein, von dem die Zimmertüren nach links und rechts abzweigten. Zwar wurde der Gang durch Lampen, die alten Kerzenleuchtern nachempfunden waren, in regelmäßigen Abständen erhellt, doch konnte das elektrische Licht die Düsternis der niedrigen Decke, die von rustikalen Holzbalken dominiert war, nicht wettmachen. Das starke Aroma von Bohnerwachs und Möbelpolitur versuchte, einen unterschwellig modrigen Hauch in der Raumluft zu übertünchen. Ganz gelang es nicht, und Nele schob die Nase in ihren Kragen, um den zarten Vanilleduft ihres Parfums aufzunehmen. Erneut spürte sie den Anflug einer Gänsehaut auf ihrem Rücken.

Jonas schob eine der Plastikkarten in den dafür vorgesehenen Schlitz an der Tür mit der Ziffer Vier. Mit einem Klacken öffnete sich das Schloss. Nachdem Jonas die Karte im Eingangsbereich des Zimmers in die passende Halterung geschoben hatte, knipste er das Deckenlicht an. Ein frischer Blumenstrauß auf einem Tisch in der Zimmermitte begrüßte die beiden. Doch der eigentliche Blickfang des Zimmers war ein großer, antik wirkender, ovaler Spiegel mit einem schweren Rahmen. Darunter stand ein schmales Tischchen, auf das Nele ihre Handtasche legte. Kurz schaute sie in den Spiegel, doch das Spiegelglas sah fast blind aus und gab nur wenige Details wieder. Nele nahm an, dass das Ding lediglich zur Dekoration hier hing. Jonas ließ den Koffergriff los und warf sich rücklings mitten auf das frisch bezogene Doppelbett. „Oh Mann, was bin ich fertig, das war echt eine lange Fahrt", seufzte er. „Du wolltest unser Zweijähriges hier feiern", sagte Nele schelmisch. „Also stell dich nicht so an!" Sie ließ sich neben ihn fallen und küsste ihn intensiv. Jonas zog sie eng an sich heran. Vergessen war seine Müdigkeit. Die beiden starteten in ihre gemeinsame Auszeit mit geräuschvollem und erfüllendem Sex.

Der Venezianische Spiegel - Ein HorrorhappenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt