Wisst ihr was das schlimmste ist? Wenn ihr genau wisst, dass ihr eine Person niemals verlassen werdet. Egal was diese Person tun wird. Ihr werdet sie immer lieben, obwohl ihr es nicht wollt. "Du scheiß Hure. Alles ist deine Schuld. Wegen dir verlassen mich alle" dröhnt die Stimme meines Vaters in meinen Ohren. Er holt aus und tritt mir in den Bauch. Ein starker Schmerz zieht durch meinen ganzen Körper. Langsam krümme ich mich, halte mir meine Arme schützend vor den Kopf und hoffe einfach, dass er aufhört. Das er für immer damit aufhört. Das er so wird wie früher. Schon trifft mich der nächste Tritt an meiner Brust. Langsam wird mir schwarz vor den Augen. Zu Atmen fällt mir immer schwerer. Bereits jetzt schon weiß ich, was für große blaue Flecken ich morgen haben werde. Aber immerhin muss ich nichts mit Schminke, wie letzte Woche, abdecken, da es ja nicht im Gesicht ist. "Jetzt steh auf und koch für mich. Du musst ja schließlich was dafür machen, dass du hier leben darfst" höre ich noch Dad sagen, bevor er mein Zimmer verlässt. Laut knallt er die Tür hinter sich zu, um nochmal seine Wut zu zeigen. "Tief ein und ausatmen. Der Schmerz geht gleich wieder weg. Atme einfach weiter. Du musst stark bleiben. Er hat nur noch dich, Aila" spreche ich zu mir selber, während ich aufstehe. Die Schmerzen spüre ich zwar am ganzen Körper, doch nach vier Jahren lernt man sie zu unterdrücken. Zitternd halte ich mich an meinem Bett fest, um nicht umzukippen. Langsam hebe ich meinen Kopf und starre mein Spiegelbild an. Meine blond-braunen, oder wie meine Mutter liebevoll sagte Straßenköterblonden, Haare stehen in alle Richtungen ab, unter meinen blauen Augen liegen dunkle Augenringe und mein Schlafanzug hängt träge an meinem Körper. Früher hatte ich richtig schöne Kurven, doch heute wiege ich vielleicht mal 48kg, was bei einer Körpergröße von 1.64m nicht viel ist. Bei anderen kann es, glaube ich gut aussehen so dünn zu sein, doch bei mir ist es genau das Gegenteil. Ich sehe krank aus, einfach nur abstoßend. "Aila, ich warte auf mein Frühstück" schreit mein Vater aus dem Wohnzimmer. Mein Blick schießt zu meiner Uhr. In einer Stunde muss ich bei der Arbeit sein. Ich darf nicht schon wieder zu spät kommen. Schnell, so schnell wie es geht nachdem man zusammengeschlagen wurde, nehme ich mir ein Sommerkleid raus und ziehe es mir an. Dabei sehe extra nicht in den Spiegel. Um meinen Körper, meine Blauen Flecken nicht sehen zu müssen. Ich ekel mich vor ihnen. Sie erinnern mich wie schwach ich bin. Ich bin so schwach, dass ich nichts gegen meinen Vater mache. Kaum angekommen in der Küche, falle ich fast über die Bierflaschen von Stephan, meinem Vater. War gestern wohl wieder eine lange Nacht für ihn, was sein verhalten heute Morgen erklärt. Wie ich mir schon gedacht habe ist der Kühlschrank fast komplett leer. Mit den letzten zwei Eiern und den letzten Brotscheiben, mache ich Stephen sein Frühstück. Für mich reichts wohl nicht mehr. Dann darf ich wie jede Woche einkaufen gehen. Manchmal frage ich mich, wer hier das Kind und wer der Erwachsene ist. In einer Hand halte ich das Essen, in der anderen Hand gehe ich schrittweiße, um nicht über Wäschehaufen oder Flaschen hinzufallen, zu meinem Vater. Dieser sitzt auf unserer alten grünen Couch, welche echt abgenutzt ist, und sieht mich abfällig an. Kein Hauch von Liebe oder Wertschätzung liegt in seinen Augen. Selbst als ich das essen auf den Tisch abstelle, sagt er nichts. Ein Danke wäre auch nett gewesen, aber ist schon ok. Ohne was zu sagen, schnappe ich mir meine Tasche und verlasse die kleine Wohnung. Im Aufzug riecht es nach Urin und der Spiegel wurde mal wieder zerschlagen. Ich probiere sooft wie es geht die Treppen zu nehmen. Dort stinkt es zwar auch. Aber wenigstens habe ich nicht das Gefühl jeden Moment sterben zu müssen, weil der Aufzug einfach abstürzt. Was neben bei gesagt einer meiner größten Ängste ist. Doch gerade habe ich den Typen aus Stockwerk 6, welcher mich immer echt pervers anmacht, in dem Treppenhaus gehört. Dafür habe ich echt keine Nerven jetzt. Alleine bei den Gedanken an diesen Perversen bekomme ich Gänsehaut. Der ist doch schon Anfang 60 und ich erst siebtzehn. Einfach nur eklig!
Das einzig Positive an meinem zu Hause ist, dass es zum Glück nicht weit von meiner Arbeit ist. Deswegen stehe ich jetzt, 15 Minuten später, schon hinter der Theke und nehme die ersten Bestellungen auf. Eine kalte Cola, mit einem Sandwich für Tisch Acht, schreibe ich auf, gebe es meinem Kollegen Noah weiter und schon kommt der nächste Kunde mit seiner Bestellung. Trotzdem darf ich keine zu schnellen Bewegungen machen, da die Schmerzen, welche mir mein Vater gerade zugefügt hat, zu dolle werden. Ich liebe das kleine Café hier. Man kann sich Sachen bestellen, welche man entweder mitnehmen kann oder auch hier essen kann. Es ist ein Zufluchtsort für Geschäftsmänner, allein Erziehende Mütter, Jugendliche und einfach für alle Menschen, die dieser Welt entfliehen wollen. Schlecht bezahlt werde ich auch nicht, also ist es der perfekte Job für mich. Solange keine nervigen Kunden kommen, ist wirklich alles perfekt. Ja, die meisten Menschen werden mich jetzt bestimmt auslachen. Wer will den bitte sein ganzes Leben lang in einem Café arbeiten? But surprise: Ich hatte damals auch andere Vorstellungen von meinem späteren Traumjob. Aber was soll man machen? Es hat nicht jeder die gleichen Chancen in dieser Welt. " Aila, Aila, AILA! Die Kunden möchten bedient werden. Wo bist du schon wieder mit deinen Gedanken?" reißt die Stimme von Daniel, meinem Chef, mich aus meinen Gedanken. Er muss ja nicht gleich schreien. Taub bin ich noch nicht. Eine leise Entschuldigung murmle ich vor mir hin und schaue mir die Kunden an. Shit, wie lange habe ich wieder mit mir selbst gesprochen, dass es so voll werden konnte, ohne dass ich es mitbekommen habe. Vor mir steht eine ältere Dame, welche nicht gerade erfreut aussieht, dass sie so lange warten musste. Soll jetzt nicht gemein klingen, aber was hat sie den bitte für ein Stress? Bestimmt sitzt sie nur zu Hause rum und wenn sie draußen ist, meckert sie alle an und beschwert sich was für ein Stress sie habe. "Also junges Fräulein so geht das nicht. Wofür bekommen sie den ihr Geld? Möchten sie ihre Kundschaft verlieren. Es gibt hier genug andere Cafés, wo ich hin gehen könnte." meckert mich die Dame, mit ihrer kratzigen Stimme, mich an. Mir würde es nicht stören, wenn sie ab sofort in ein anderes gehen würde, aber Daniel würde mich köpfen, wenn er wegen mir Kunden verliert. Wie nett Kunden sein können. " Nein es tut mir leid. Was möchten sie bestellen?" antworte ich meiner neuen Lieblingsdame. " Einen dunklen Tee mit Zucker und zwei Muffins" beantwortet sie meine Frage, legt mir das Geld auf den Theresen und setzt sich auf einen der letzten freien Plätze hin. Doch bevor ich mich weiter über sie aufregen kann, kommt schon der nächste Kunde.
FEIERABEND! Nach sechs Stunden hinter der Theke habe ich jetzt endlich frei. Alles ist geputzt und ich muss nur noch den Laden abschließen. Danach muss ich noch einkaufen gehen, wobei mein ganzes Geld wieder drauf gehen wird. Das wars mit dem Traum einer neuen Tasche. " Ehm Entschuldigung? Ich weiß es ist echt schon spät, doch könnte ich trotzdem noch ein Kaffee haben?" Nein, das kann jetzt nicht wahr sein. Ich habe echt keine Lust nur wegen einen Trottle der zehn Minuten vorm Ladenschluss noch was bestellen will, die ganzen Sachen wieder raus zu holen. Genervt drehe ich mich um, doch was ich jetzt sah, sah nicht schlecht aus. Ein Mann, vielleicht Mitte zwanzig, steht vor mir. Ein leicht schiefes Lachen ziert seine Lippen und seine braunen, fast schwarzen, Augen, sehen mich freundlich an. Mit seiner rechten Hand, welche mit Tattoos verziert ist reicht er mir schon das Geld, für die Bestellung. Zögernd nehme ich das Geld, fange an sein Kaffee zu machen, während ich ihn innerlich verfluche. Ich hätte jetzt schon freihaben können, doch ihn wieder weg zuschicken trau ich mich auch nicht. Wie ich mich manchmal selber hasse. " Wie heißt du?" fragt mich auf einmal der gutaussehende Trottel. Verwirrt drehe ich mich und frage ihn zurück, warum er das wissen wolle. Man lernt doch schon Kindesalter, dass man fremden nicht von sich erzählen soll. Auch wenn der Fremde verdammt heiß ist. " Ok, dann halt nicht. Kamst mir nur bekannt vor" erwiderte er genervt.
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Noch nie richtig gelebt
RomanceAila hatte bis vor vier Jahren noch ein normales Leben, doch dies ist in sich zusammengebrochen. Ihre Mutter hat eine neue Familie, ihr Vater ist gewalttätig und wo ihr Bruder ist, weiß sie selber nicht. Ihr einziger Hoffnungsschimmer ist Rian, welc...