Kapitel 1

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Ein lauter Knall riss Schörlog aus seinen Gedanken. Verwundert blinzelte er in die Dunkelheit, die ihn von allen Seiten umgab. Eben noch war er kurz davor gewesen einzuschlafen, nun jedoch war sein Körper mit einem Mal so voll Adrenalin, dass er kaum fähig war zu atmen. Dieses Geräusch, dieser Ton, dieser Knall, so etwas hatte er schon einmal gehört! Nur wo? Und wann? Instinktiv richtete er sich auf, während das ungute Gefühl in seinem Innern immer mehr von ihm einnahm. Was war das, fragte er sich selbst, wobei seine Augen versuchten die Finsternis abzusuchen, die vollkommen still vor ihm lag. Langsam begannen sich seine Augen an die Dunkelheit zu gewöhnen und diese in schwarze Konturen einzuteilen. Noch während er in die Finsternis stierte und langsam die angrenzenden Absperrungen erkannte durchzuckte es seinen Geist wie ein Blitz: Das war ein Schuss! Es ist ein Schuss gewesen!

"Was, was war das? Habt ihr das gehört?" Die Menschenmenge regte sich. Erschrocken klammerte sich ein kleines Mädchen mit langen braunen Haaren ängstlich an eine ältere, stämmiger wirkende Frau, deren Haar zu einem Dutt hochgesteckt war. Ein kleiner dicker Junge nicht weit von ihnen lachte bissig auf, als er entgegnete: "Nun macht euch nicht in eure Windeln, das war bestimmt wieder nur eines dieser dummen Viecher!" "Nathan", entgegnete die Frau erbost, worin eine Männerstimme ebenso mahnend mit einstimmte. Der Junge mit Namen Nathan, dessen dicke Pausbacken bebten, als er vor Wut seine Arme ineinander verschränkte, wandte den Blick ab, als ein weiterer Mensch schlichtend erwähnte: "Keine Sorge ich bin sicher es war nichts weiter. Also sei unbesorgt kleine Dame. Sobald wir alle unsere Vorräte wieder eingepackt haben geht die spannende, nächtliche Tour durch unser Primatenhaus weiter und dann wirst du ganz schnell merken, dass es nur halb so gruselig ist hindurchzugehen, wie spannend."
Eine junge Frau trat aus den Schatten hervor und legte dem Mädchen, das sich eng an seine Mutter gekuschelt hatte, eine Hand auf das Haupt und fuhr dann ohne auf das Grunzen des Jungen einzugehen fort: "Glaube mir, hier muss man vor gar nichts Angst haben, aber wenn wir das allen erzählen würden, dann würden kleine Mädchen wie du nicht mehr von ihren Freundinnen und Freunden um deren Mut beneidet werden. Deshalb bleibt es unter uns, dass es hier gar nicht gruselig ist, ok?" Das kleine Mädchen nickte bestärkt und löste sich etwas von dessen Mutter, die sich dankend an die junge Frau wandte, deren Uniform nur schwach in dem düsteren Schein der Notbeleuchtung zu erkennen war. Sie trug sowohl Oberteil, als auch Hose in einem natürlich-gehaltenen Braunton, welcher die Uniform für jene darstellte, die im Zoo arbeiteten. Mit einem Lächeln wandte sie sich zu dem Rest der Menschengruppe um, die noch immer im Dunkeln der Umgebung nicht auszumachen war: "Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kinder, bitte kommen Sie wieder zusammen und denken Sie daran Verpackungsmaterial oder Reste, der von uns für Sie bereit gestellten Wegzehrungen mitzunehmen, um den Ort so zu verlassen, wie wir ihn vorgefunden haben. Wir werden in zwei Minuten aufbrechen, dann geht es weiter mit unserer Mitternachtstour durch unser Primatenhaus!"

Schörlog blickte verstohlen umher. Noch immer hatte er die Quelle des Geräusches nicht ausmachen können, das ihn aus den Träumen gerissen hatte. Erst als erneut Geräusche erklangen, fiel es ihm ein: Natürlich. Heute ist Nachtwanderung! Die Menschen ziehen wieder umher. Wahrscheinlich hat eine oder einer von ihnen diesen Lärm verursacht. Entnervt und dennoch froh, dass Rätsel schnell gelöst zu haben, lehnte er sich gegen das Gitter seines Verschlages und spähte in die Dunkelheit des Primatenhauses, das nur an einigen Stellen von schummerigen Lichtern erhellt wurde.
Er wollte sich gerade wieder niederlegen, als er eine Bewegung im Augenwinkel sah und umfuhr. Verwundert verweilte er einen Augenblick. Unsicher, ob er einen Schatten gesehen hatte, dann jedoch erregten Stimmen seine Aufmerksamkeit und er ließ seinen Blick wieder in die andere Richtung gleiten.

"Nun wir nähern uns nun dem Bonobo Gehege" , erklärte die junge Zoowärterin, als sie der Masse vorausschritt und auf einen Käfig deutete, der nicht weit von ihr zu beginnen schien, dessen Innenraum jedoch noch nicht einsehbar war, sondern sich nur als dunkler Schlund präsentierte. Tuscheln war zu hören, dann meinte der vorlaute, dicke Junge hörbar: "Man sieht gar nichts". Die junge Frau versuchte sich nicht beirren zu lassen. Sie lächelte milde und bat dann die überschaubare Gruppe an Menschen näher zu treten, während sie einen Schritt auf die Absperrung zu machte.
"Bonobos sind sehr gesellige Tiere. Manche meinen sie seien sozialer als viele Menschen.“ "Hast du das gehört Schatz", ein junges Mädchen drängelte sich mit ihrem Freund vor, den sie angespannt hinter sich her zog. Der Mann mit seiner Tochter blickte ihr nur wütend nach, als dessen Frau fauchte: "Ganz ruhig ja, hier gibt es auch noch kleine Kinder, die auch was sehen wollen. Haben deine Eltern dir etwa keine Manieren beigebracht?" Das Mädchen zeigte sich eingeschüchtert und wich daraufhin sofort wieder in die Gruppe zurück, während die ältere Dame ihre Tochter nach vorne schob.

Was für ein Affentheater?! - Mord im Affenhaus Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt