10 Truth

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Marek im Krankenhausbett zu sehen, versetzte mir einen Stich. Ich bekam ein flaues Gefühl in der Magengegend. Ich hatte ihn überredet und ich hatte unerlaubt das Buch in meiner Tasche. Und ich hatte vor das Stadtarchiv zu durchsuchen. Alleine. Schließlich

Das einzig Positive, als ich das Krankenhaus verließ, war, das Valentina unten auf mich wartete. Sie hatte mich auf einen Kaffee eingeladen und zeigte sich sehr hilfsbereit. Außerdem ging mir ihre Äußerung nicht aus dem Kopf, dass sie wusste was ich durchmachte.

Ich wollte wissen, was sie wusste. Wahrscheinlich war das der einzige Grund, warum ich mich mit ihr auf einen Kaffee traf. Und ich wollte mich bei ihr für ihre Hilfe bedanken.

Ich trat hinaus ins Freie und schaute mich um. Links von mir war der riesige Parkplatz, rechts der Park und geradeaus war der Weg, welcher ausschließlich für Fußgänger und Radfahrer geeignet war.

Valentina hockte auf einer Bank, sie winkte mir fröhlich entgegen, während ich direkt auf sie zu steuerte.

„Wie gehts ihm?", fragte sie besorgt.

„Sie gehen von einem Schwächeanfall aus und wollen ihn über Nacht dabehalten."

Ihre grünen Augen veränderten sich, sie wurden wässriger. Das Lächeln schwand. „Das ist es nicht... glaub mir. Du solltest dich auf das Schlimmste einstellen."

„Auf das Schlimmste?" Zweifelnd blickte ich zu ihr rüber. Alles an ihr wirkte perfekt und aufeinander abgestimmt. „Was weißt du?"

„Auf keinen Fall in der Öffentlichkeit! Ist deine Wohnung in der Nähe? Meine ist eine Ecke entfernt."

„Gehen wir zu mir."

Wir gingen schweigend nebeneinander her. Es war seltsam, jemand Fremdes mit in meine Wohnung zu nehmen, und vermutlich hätte ich es unter anderen Umständen nicht getan. Meine Wohnung war nur wenige Straßen von dem Krankenhaus entfernt und die Straßen dorthin waren ständig von Lärm erfüllt. Hupende Autofahrer, Stau und schimpfende Autofahrer, waren das einzige was ich hörte. Es würde noch voller werden, da meine Wohnung nah an der Innenstadt lag.

„Meinst du Marek wird wieder gesund?" Ich schaute sie im Gehen an und biss mir auf die Unterlippe. Irgendwie hatte ich die dunkle Ahnung, dass alles miteinander zusammenhing.

„Bestimmt. War ja nur ein Schwächeanfall. Aber wir müssen uns beeilen, bevor er so endet wie meine Freunde vor einigen Jahren. Ich habe zu viele Tode zu verantworten und will endlich eine Rettung zu verantworten haben... klingt das seltsam?"

„Ein wenig gruselig...?" Ich betrat meine Auffahrt und schloss kaum später meine Haustür auf. Erstickende Stille umfing mich. Manchmal hasste ich es, alleine zu leben. Immer war es ruhig und ich hatte nie jemanden, der mich begrüßte.

„Wo lang?"

„Geradeaus, da ist das Wohnzimmer. Kaffee?"

Sie nickte, ehe sie dem Flur bis zum Ende folgte. Ich verschwand in der Küche und setzte frischen Kaffee auf. Während er durchlief, begann ich den Dreck der letzten Tage in die Spülmaschine zu räumen. Die Küche sah schrecklich aus. Seitdem wir zu dem Haus aufgebrochen waren, hatte ich keine Zeit gefunden, die Sauerei zu beseitigen. Das dreckige Geschirr stapelte sich auf der weißen Kücheneinrichtung.

Für den Kaffee nahm ich die letzten zwei sauberen Tassen aus dem Hängeschrank und stellte sie auf ein Tablett.

Wenige Minuten später kehrte ich zu Valentina ins Wohnzimmer zurück und setze mich zu ihr auf die Couch. Ihre langen braunen Haare reichten bis zur Taille, obwohl sie saß. Sie sah so friedvoll aus. Das Tablett stellte ich auf den kleinen Beistelltisch ab. „Bedien dich. Aber... Jetzt erzähl mal."

„Viel gibt es da nicht zu erzählen. Ich vermute es wird nicht großartig anders abgelaufen sein als bei dir und Marek. Meine Freunde und ich waren in dem Haus und haben eine Party gefeiert. Natürlich war es illegal, aber nach den ganzen Geistergeschichten war es ein Kick. Alles war in Ordnung. Ich war nur kurz draußen um auf die Toilette zu gehen. Als ich wiederkam war überall Blut. Sie lagen auf dem Boden, bluteten und es war kaum noch was von meinen Freunden zu erkennen. Die Musik lief weiter. Drei meiner Freunde fand ich auf der Flucht. Ich dachte, damit wäre es erledigt, aber sie verschwanden wenige Tage später spurlos. Ich hab euch in der Bibliothek belauscht. Ihr wart auch dort. Und... die ganzen Jahre war ich ratlos und bin keinen Schritt voran zu kommen. Ich hab gehofft, euch helfen zu kennen. Dir helfen zu können. Marek fällt ja erstmal aus..."

Ich hörte ihr aufmerksam zu und schluckte, als sie endete. Sie war die letzte Überlebende der illegalen Party in dem Haus. Allein der Gedanke war absurd und ließ mich frösteln. .

„Ich... keine Ahnung. Ich weiß ja nicht, was du weißt, oder was du denkst, was ich weiß." Ich umfasste meine Kaffeetasse mit beiden Händen und betrachtete die hellbraune Flüssigkeit darin. Valentina war eine fremde Person, warum sollte ich ihr einfach vertrauen? Andererseits würde man zu zweit schneller vorankommen und die Chance es zu schaffen wäre größer. Wesentlich größer.

„Es ist nur ein Vorschlag... ich dachte halt, dass du besser dran bist, wenn du Hilfe hast. Ich war schon mal drin und kann dir sicherlich mehr helfen, als irgendjemand Fremdes oder Marek in seinem Zustand." Sie klang ernst und hatte ein freundliches Lächeln auf ihren Lippen. Eines der, bei denen man nie ablehnen konnte.

„Meinetwegen, aber wir arbeiten zusammen. Du machst keine Alleingänge!"

„Bin ja nicht lebensmüde... wo hast du das Buch?" Sie streckte ihre Hand raus und schaute mich abwartend an. Ich blinzelte perplex. Sie konnte unmöglich gesehen haben, wie ich das Buch habe mitgehen lassen.

Ich beschloss, keine unnötigen Gedanken daran zu verschwenden, und reichte ihr das Buch. Alles andere wäre Zeitverschwendung und das auf Kosten von Mareks Gesundheit.

„Ich hatte auf dem Dachboden dort ein seltsames Gespräch. Der Zwerg erzählte etwas von-"

„Teufelsboden. Ich weiß, habs gehört. Aber das war kein Zwerg und kein Mensch. Es war ein Gnom und einer derjenigen, die kein Bergwerk bewachen, wie man es aus Sagen und Legenden kennt. Dieser Gnom bewacht jegliche Hinweise und Beweise für das Höllentor. Sei froh, dass du so souverän reagiert hast, der hätte mit dir sonst was angestellt..."

„E-Ein Gnom? So etwas gibts?"

„Erinnerst du dich an die Monstergeschichten von früher?" Valentina blätterte wild in dem Buch herum, als würde sie eine bestimmte Seite so schnell wie möglich finden wollen.

„Ja...?" Ich schielte unsicher zu ihr herüber.

„Sie sind alle wahr. Vampire haben eine eigene Insel. Irgendwo zwischen Australien und Madagascar. Werwölfe leben unter uns. Aber sie tun den Menschen nichts. Hexen existieren auch. Die sind an den Höllentoren, Werwölfen und Vampiren schuld. Seitdem sie an dem Ausbruch der Unwesen sind, versuchen sie alles, um es zu beseitigen."

„Woher weißt du das alles?"

„Erzählungen, Recherche. Man bekommt so einiges mit, wenn man zuhört."

Ich schluckte. Was sollte ich davon halten? Werwölfe lebten unter uns, Hexen waren an deren Existenz schuld und lebten unter uns. Vielleicht neben mir? Und Vampire hatten eine eigene Insel? Das war doch absurd, wie ernährten sie sich denn? Ohne Blut würden sie umkommen und sie würden sich sicherlich nicht selbst aussaugen.

„Ohne Blut können die Vampire gar nicht leben."

„Hast du dich jemals gefragt wo das ganze Blut der Blutabnahme hingeht? Pro Person wird ein Liter abgenommen. 50 Milliliter wird im Krankenhaus gelagert und die anderen 50 Milliliter wird zu den Vampiren geschickt. Das ist ein Abkommen was die Regierung mit den Blutsaugern getroffen hat."

Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. All diese Informationen klangen soweit hergeholt und gleichzeitig so real, das ich meine Beine näher an mich heranzog. Es fröstelte mich am ganzen Körper. Die Erkenntnis, das all diese Monstergeschichten existierten war unfassbar schrecklich. Nie hätte ich mir ausgemalt, dass alle Monster und Fabelwesen existierten.

„Woher weißt du das?"

„Arbeiten wir jetzt zusammen oder nicht?"

„Hast doch schon das Buch!" Ich schnappte mir das Buch, welches Marek sich ausgeliehen hatte. „Nur hierfür." Trotzdem konnte ich nicht verleugnen, dass ich sie brauchte.

Demon gateWo Geschichten leben. Entdecke jetzt