Kapitel 2

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Das Restaurant, das ich für uns ausgesucht hatte, war gut besucht. Glücklicherweise saßen wir in einem kleinen Separee, sodass das Stimmengewirr aus dem großen Speiseraum kaum zu uns durchdrang. Yamaguchi saß mir gegenüber und sah mich über den Kerzenschein hinweg aufmerksam an.

Die Flammen spiegelten sich in seinen rehbraunen Augen, die schon etwas glasig vom Wein waren, den wir zu dem italienischen Essen getrunken hatten. Er stützte die Ellenbogen auf dem Tisch ab und legte sein Kinn auf seine schmalen langen Finger, während er mir mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen aufmerksam zuhörte.

Er sah unwiderstehlich aus in seinem engen, hellgrauen Hemd, das seine Statur optimal betonte. Seine Haare trug er heute offen und strich hin und wieder eine Strähne hinters Ohr. Er hatte nichts an seiner Anziehungskraft verloren. Im Gegenteil: Seine reifere Art machte ihn nur noch attraktiver für mich.

Und so kam es, dass mein Puls jedes Mal in die Höhe schnellte, wenn er etwas sagte, oder wie jetzt gerade schweigsam lächelte.

Ich riss mich von seinem Gesicht los und ließ meinen Blick weiter hinunter wandern. Sein Hemd war leicht geöffnet, er hatte die drei oberen Knöpfe nicht geschlossen. So erhaschte ich einen Blick auf seine Schlüsselbeinknochen und sofort fragte ich mich, wie es weiter unten wohl aussah.

Er hatte schon immer keine großen Muskeln besessen und wirkte etwas hager, was mich aber nie gestört hatte. Ich mochte seine zierliche Statur, weckte sie in mir doch das Bedürfnis, ihn beschützen zu wollen.

Ich beendete meine Musterung sowie meinen gedanklichen Monolog und sah ihn nun erwartungsvoll an. Ich wollte nun etwas mehr über ihn erfahren, wollte seiner Stimme lauschen und mich dabei in seinen mandelförmigen Augen verlieren.

„Hast du noch Kontakt zu jemandem aus dem alten Team?", fragte ich und nippte an meinem Weinglas.

„Ja, Sugawara-san kommt ab und zu mit seinen Kinder im Café vorbei", erzählte er freudig.

„Sugawara ist Vater geworden?", hakte ich erstaunt nach, was er mit einem Nicken bestätigte.

„Daichi und er haben vor vier Jahren geheiratet und kurz darauf haben sie Zwillinge bekommen. Und die beiden sind so süß", schwärmte er.

Hochzeit, Ehe und Kinder, darüber hatte ich mir nie wirklich Gedanken gemacht, aber jetzt, wo Yamaguchi so vor mir saß, fragte ich mich plötzlich, wie unser Kind wohl ausgesehen hätte. Wäre sie oder er sein kleines Abbild geworden?

„Willst du später mal Kinder?", fragte ich, ohne den Blick von ihm abzuwenden.

Yamaguchi nickte sofort. „Ja, am liebsten zwei", erklärte er strahlend und in meinem Kopf formte sich ein Bild. Ich sah ihn mit einem Säugling auf dem Arm, ein überglückliches Lächeln auf dem Gesicht, während ich mich über das kleine Bündel in seinen Armen beugte.

Doch dann holte mich die Realität auch schon wieder ein, als mir wieder einfiel, dass er bereits einen Partner hatte,der statt mir in naher Zukunft der Vater seiner Kinder werden würde.

„Und was ist mit dir?"

Ich schüttelte sofort den Kopf. „Nein, Kinder passen nicht in meine Lebensplanung", log ich und versuchte den aufkeimenden Frust wieder herunterzuschlucken. Missmutig nahm ich einen weiteren Schluck aus meinem Glas.

Geknickt zog er leicht die Schultern etwas hoch. „Schade, dabei dachte ich immer, dass du ein toller Daddy wärst", sagte er mit enttäuschter Stimme, während ich mich beinahe an meinem Wein verschluckt hätte. Die Art, wie er Daddy sagte, jagte einen wohltuenden Schauer durch meinen Körper.

„Wirklich?", hakte ich nach, da es mich faszinierte, dass er sich mich in so einer Rolle bereits vorgestellt hatte. Yamaguchi nickte schüchtern, bevor er leise fortfuhr.

First love - second chanceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt