1 - Blaue Augen

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Es rang in meinem Kopf, ich murrte leise. Kurz darauf wurde ich unsanft gerüttelt. "Wach auf Cedrick", zischte mir jemand ins Ohr. Langsam hob ich meinen Körper vom Tisch vor mir und richtete meinen Oberkörper auf. Gähnend rieb ich mir über die Augen.
"Ah, Herr Davies. Sind sie geistig wieder anwesend? Wie schön", hörte ich die aufgesetzt freundliche Stimme meiner Lehrerin. Kaum hatte Frau Wilkins dies gesagt, merkte ich wie die restlichen Schüler meiner Klasse zu mir schauten. Peinlich berührt schoss mir die Röte ins Gesicht und ich rutschte tiefer in meinen Stuhl. Nachdem sich Frau Wilkins wieder dem Erklären der Hausaufgaben zuwandte, schaute ich zu meiner Nachbarin hinüber. Sie schaute auf ihren Lernzettel während ihr eine Strähne ins Gesicht fiel. Die braunhaarige strich diese zärtlich zurück hinter ihr Ohr und richtete ihre Harry Potter Brille. "Mia", flüsterte ich. Kurz sah sie mit ihren Nussbraunen Augen zu mir. "Warum hast du mich nicht geweckt?", fragte ich entsetzt. "Habe es probiert", meinte sie nur stumpf und zeigte mit ihren Kugelschreiber auf meine Handfläche. Ich hatte lauter kleiner Einstichwunden von ihrem Kugelschreiber auf dem Handrücken, welche aber schon anfingen zu verheilen. "Ey", maulte ich leise und schupste sie mit meiner Schulter an, was sie auf ihrem Stuhl ins Ungleichgewicht brachte. Leise musste ich lachen. "Das war's für heute", hörte ich Frau Wilkins sagen und packte zusammen mit Mia zügig meine Sachen ein.

Mit der Tasche locker über der Schulter hängend verließen wir das Klassenzimmer und gingen durch die vollen Flure zur großen Mensa. Kaum durch die Tür gekommen, schwang einem ein köstlicher Geruch entgegen. Es waren schon einige Schüler hier. Meistens überzog Frau Wilkins die Stunde, als Schüler bräuchte man ja sicherlich kein Essen. Ich sah mich um. Die Schlange vor dem Tresen war ziemlich lang und es waren nur noch ein paar wenige, komplett freie Tische übrig. Ich zog Mia am Ärmel zu mir "Holst du das Essen und ich halte einen Tisch frei?", fragte ich sie. Die fast gleichgroße Mia nickte lächelnd und schob mich aus der Warteschlange. Kurz sah ich noch einmal hinter mich und lächelte Mia zu. Dann schaute ich mich erneut im Raum um und sah, dass ein runder Tisch in der Fensterecke noch frei war. Also ging ich schnurstracks an einigen Schülern, die im Gang standen, vorbei und setzte mich auf einen der Holzstühle. Meine Tasche warf ich etwas unsanft auf den runden Tisch und holte mein Handy heraus. Es war erst 13:25 und bis 15:10 hatten wir noch Unterricht, obwohl wir jetzt wenigstens unsere große Mittagspause bis 13:50 hatten. Ich schaute noch etwas auf Instagram, bis endlich Mia an den Tisch kam und unsere Tablets hinstellte. Es gab leckeres Honig Curry mit Reis.

Nachdem wir mit dem Essen fertig waren, brachte ich schnell die Tablets weg und setzte mich wieder zu Mia. Die meisten Schüler hatten die Mensa schon verlassen und es waren nur noch ein paar Gruppen hier. Vor allem die Bad Boy Alphas mit ihren anhänglichen Omega Schlampen waren wieder übelst nervig. Die vier Omega Mädchen Rachel, Lydia, Sarah und Mary hingen wie verzaubert an den Alpha Zwillingen William und Nicolas Smith, während sich die zwei anderen Alphas Dereck und Peter über irgendetwas unterhielten. Auch wenn ich selber ein Omega war, war dies wirklich erniedrigend anzusehen. Da musste man doch den Verstand verloren haben um so jemanden anzuhimmeln. Ich wandte mich wieder zu Mia, die in aller Ruhe ein Buch las. Ich war so in Gedanken verloren, bis mich auf einmal ein lautes, tiefes Stöhnen zurück in die Realität holte. Lydia hatte sich auf den Schoß von einem der Zwillinge gesetzt und sich scheinbar gut auf sein bestes Stück gesetzt. Mir wurde beim Anblick schlecht. Schnell griff ich nach meiner Tasche, stand auf, sagte Mia nur ein "Toilette" und verschwand in genau diese. In einer Kabine angekommen, musste ich mich sofort übergeben.

Nachdem es mir etwas besser ging, stand ich wieder auf und begab mich zum Waschbecken, spülte mir den Mund aus und wusch mir einmal das Gesicht. Als ich dann auf guckte und mich im Spiegel entdeckte, erschrak ich. Mir leuchteten zwei hellblaue Augen entgegen. Dazu muss ich sagen, dass meine eigentliche Augenfarbe Braun ist. Ich hatte eine Vorahnung wessen Augen es sein konnten. Die meines Wolfes. Ja, ich war ein Werwolf, aber mein Wolf hat sich bisher nie gezeigt. Ich dachte schon fast ich hätte keinen gehabt, aber jetzt das. Leicht lächelte ich, aber wieso kam er jetzt heraus? Mir stockte der Atem, als ich noch ein paar Augen im Spiegel bemerkte. Sie waren Rot. Schnell drehte ich mich um und blickte den Besitzer des Augenpaares an, welcher lässig im Türrahmen lehnte. "Interessant", murmelte der großgewachsene Blonde. Es war einer der Zwillinge, welcher konnte ich nicht identifizieren. Er musterte mich von unten bis oben, bis er an meinen blauen Augen hängen blieb. "Äußerst interessant", sagte er nur, bevor er sich umdrehte und wieder verschwand. Was war hier gerade passiert? Als ich mich wieder meinem Spiegelbild zuwenden wollte, erlosch mein lächeln. Sie waren weg. Meine blauen Augen waren wieder weg.

Gefangen im MondscheinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt