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Hektisches Flügelschlagen, beharrliches Klopfen gegen die Fensterscheibe und lautstarkes Krächzen, ließen Vaith sich mürrisch brummend aufsetzen. Scharf die Luft einziehend hielt er sich die rechte Seite, ehe er sich mit verschlafenem Blick in der Wohnstube umsah, bis ein kleines, rundes Fenster beim Stiegenaufgang seinen Blick gefangen hält.

Denn dort saß ein pechschwarzer Kolkrabe auf dem schmalen Fensterbrett und versuchte mit allen Mitteln die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.

„Was ist hier los?", ertönte hinter dem Räuber die, ebenfalls verschlafene, Stimme eines gewissen Apothekers. „Hat er dich ebenfalls geweckt?", fragte Vaith leicht genervt, da er ruhig noch etwas länger geschlafen hätte und drehte sich zu dem Schneeleoparden um. Er bemerkte gerade noch, wie der leicht schlaftrunkene Blick von dem kleinen Beistelltisch zu ihm glitt und wie dieser daraufhin zufrieden nickte, ehe Ciel realisierte, dass ihm eine Frage gestellt wurde. Offenbar hatte er erkannt, dass das kleine Fläschchen leer war und er schien darüber sichtlich zufrieden zu sein.

„Ah...nein. Den habe ich bis ins Schlafzimmer nicht gehört. Ich bin von selbst aufgewacht", stellte der Jüngere klar und ging mit neugierigem Ausdruck in den Augen auf die gegenüberliegende Wand zu. „Aber was will er? Er wird sich noch verletzen, sollte er so weitermachen", sprach er besorgt und Vaith konnte nicht anders, als belustigt darüber zu Lächeln. Selbst über einen Vogel machte sich der Apotheker Sorgen.

In dem Moment, in dem Ciel das Fenster öffnete, quetschte sich der Kolkrabe durch den Spalt und flog laut schreiend in den Raum. Während der Schneeleopard einen überraschten Quietscher von sich gab, drehte der schwarze Vogel eine Runde im Raum, ehe er auf der Schulter von Vaith landete.

„Na du" Vorsichtig hob der Panther seinen linken Arm zur rechten Schulter und bot dem Raben somit an, auf seine Hand zu hüpfen. Dieser Einladung kam das Tier sofort nach. Erstaunlicherweise sanft bohrten sich sitze Krallen in seine Haut und langsam streichelte der Schwarzhaarige das Gefieder des Vogels.

„Er hat da etwas am Bein hängen", merkte Ciel neben ihm an. Nachdem er sich von dem kleinen Schock erholte, hatte er seinen Gefährten, über die Lehne der Couch gebeugt, dabei beachtet, wie dieser mit dem Tier umging. Er schien nicht das erste Mal einen Vogel in der Hand zu halten.

„Du hast recht."


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Vaith starrte nun schon seit einer geraumen Zeit auf das Blatt Papier, welches ihm der Kolkrabe gebracht hatte. Aus reiner Neugierde hatte der Apotheker einmal einen kurzen Blick darauf gewagt, doch nachdem er zu seiner Enttäuschung feststellen musste, dass der Brief in der Alten Sprache verfasst worden war, hatte er sich mit einem Seufzen abgewandt, um sich ein kleines Frühstück herzurichten.

Hin und wieder hatte Ciel zu dem Panther hinüber gelinst, doch Vaiths Mine blieb regungslos und gab keinen Aufschluss auf den Inhalt des Briefes. Währenddessen saß der Rabe vor ihm auf dem Tisch und bekam ab und an ein kleines Brotstückchen angeboten, welches er mit einem glücklichen Krächzen sogleich hinunterschlang.

„Ich brauch bitte Stift und Papier." Die monotone Stimme des Gestaltwandlers erschreckte den Jüngeren fast zu Tode, doch kam er der Bitte sofort nach und überreichte dem Räuber die Sachen, nach denen er verlangt hatte. Kurz erhaschte er dabei einen Blick auf die sonst so schönen tiefblauen Augen, der dunkle Schatten der über ihnen lag und die eisige Kälte die sie ausstrahlten, waren für den Schneeleoparden nichts Neues, doch bereiteten sie ihm dieses Mal Unbehagen.

War etwas passiert?

Was für eine Frage?! Natürlich musste etwas passiert sein! Ansonsten wäre kein Brief via Luftpost gekommen.

A Lie for a PromiseWo Geschichten leben. Entdecke jetzt