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Ich habe irgendwie einen Run heute und weil wirklich ewig nix von mir kam, gebe ich euch heute sogar ein zweites Kapitel.

Habt viel Spaß beim Lesen!
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„Wie konnte er nur?“, stöhnte ich. „Wie konnte er das tun?“
„Weil er eifersüchtig auf dich ist“, sagte Zayn geradeheraus. „Das war er von dem Tag an, an dem er in das Haus deiner Mutter gezogen ist. Im April hatte er wahrscheinlich gedacht, er wäre dich endlich los. Aber du warst zu blöd, um tot zu bleiben. Also denkt er sich: ‚Dann habe ich eben mein eigenes Kind und bekomme meinen Teil an Aufmerksamkeit und Lou noch dazu.‘“
Jawohl, das klang nach Dan. Exakt.
„Ich gebe zu“, sagte mein Vater, „dass es mich doch überrascht hat. Ich hätte nicht erwartet, dass Daniel so weit ginge.“ Plötzlich lachte er. „Deine arme Mutter!“
„Sie verdient es“, sagte ich. Ich kauerte auf dem Beifahrersitz und betete den Tod herbei. Den Sicherheitsgurt hatte ich abgelegt. Gerade jetzt war mir ein kleiner Trip durch die Windschutzscheibe sehr willkommen. „Sie hat ihn sich ausgesucht. Sie hat ihn geheiratet.“
„Und seitdem bezahlt sie dafür, Louis“, sagte mein Vater in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete. „Es ist an der Zeit, dass du erwachsen wirst und loslässt. Wenn ich nicht mehr wütend bin, warum bist du es dann?“
„Sei still.“
„Pardon, junger Mann?“
„Wir haben uns auf der Party gezeigt. So, und jetzt sind wir da.“
Mein Vater schnappte nach Luft, als wir in die Auffahrt einbogen. Ich konnte es ihm nicht verübeln. Ich erwartete immer noch beinahe, aus dem Haus wieder hinausgeworfen zu werden, wenn ich mich in die Haupthalle wagte.
„O Zayn, wie wunderbar! Ich nehme an, es ist viel zu teuer.“
„Nun ja“, sagte er bescheiden.
„Meine Güte! Was für ein Palast!“
Ich sah mit saurer Miene, wie Zayn das Lob genoss. Ich sagte nichts, auch wenn ich es gerne getan hätte. Zayns Eltern waren gestorben, als er noch klein war. Mein Vater war das Väterlichste, was Zayn je gekannt hatte, und er vergötterte ihn.
„Komm hoch mit mir, ich habe ein Paar Jogginghosen, die ich dir geben kann.“ Die Hose meines Vaters war natürlich ruiniert. Beefshake, Galle und Kaschmir – das vertrug sich nicht.
„Das ist aber wirklich nicht nö…“
„Was? Willst du etwa in Unterwäsche nach Hause gehen? Im Leben nicht. Komm schon.“
„Vampire“, flüsterte mein Vater Zayn zu, „können so empfindlich sein.“
„Das habe ich gehört“, blaffte ich.
„Ach wirklich?“
„Das ist wirklich lästig“, murmelte Zayn zurück, „ich kann noch nicht mal in Ruhe einen Furz lassen, ohne dass Lou es als Erster hört.“
„Gute Güte!“
Als wir in die Eingangshalle traten, kam uns Niall entgegen, der eine Kanne Eistee trug. „Hi, Dr. A. Ihr kommt gerade recht. Eure Gäste sind schon da.“
„Welche Gäste?“
„Hmm, lass mich nachdenken.“ Und Niall begann sie an den Fingern abzuzählen. „Da sind zwei von den Blade Warriors, der König der Vampire, der Vampir, der ihn erschaffen hat, der Priester der hiesigen Gemeinde und ein weiterer Vampir. Sarah oder so.“
„Na toll“, maulte ich, „bin ich eigentlich der Einzige, der ohne vorherigen Anruf niemals uneingeladen bei jemandem auftaucht?“
„Anscheinend“, sagte Styles, der wie immer aus dem Nichts auftauchte. Mein Vater machte vor Schreck einen Luftsprung. Und ich tat dasselbe. „Dr. Austin. Was für eine Freude, Sie wiederzusehen.“
Mein Vater fiel fast in Ohnmacht, als Harry seine Hand mit beiden Händen umschloss und sich darüberbeugte wie ein Empfangschef. „Oh, Eure Majestät. Die Freude ist ganz auf meiner Seite.“
„Für Sie Harry. Bitte, Dr. Austin. Immerhin sind Sie keiner meiner Untertanen. Leider“, seufzte er.
„Und Sie müssen mich Troy nennen“, sagte er mit affektiertem Lächeln.
„Und ich mich übergeben. Schon wieder“, kündigte ich an. „Würdet ihr bitte für fünf Sekunden aufhören, einander schöne Augen zu machen?“
„Bitte vergeben Sie meinem Sohn“, sagte mein Vater und sah Styles verzückt an. „Normalerweise ist er sehr viel umgänglicher. Es war wohl eine schlimme Nacht für ihn.“
„Natürlich. Da er ja Ihr Sohn ist, erwarte ich Großes von ihm.“
„Aber Harry! Wie reizend! Lou hat mir nie gesagt, dass Sie …“
„Leute, meint ihr das ernst? Ich muss wieder kotzen. Also hört damit auf.“
„Ich muss auch kotzen“, sagte Sarah. Ich drehte mich um und sah sie in der Tür zum zweiten Wohnzimmer stehen. „Wenn wir hier fertig sind, würde ich gerne gehen.“
„Nein“, sagte Styles.
„Ja“, sagte ich im selben Augenblick. „Warum geht ihr nicht alle? Ich bin nicht in der Stimmung.“
„Dann komm in Stimmung. Wir müssen uns um ernste Dinge kümmern.“ Das Eis in seiner Stimme schmolz, als er sich wieder mit sanftem Blick meinem Vater zuwandte. „Ernste Vampirprobleme, gnädiger Herr, sonst würde ich Sie selbstverständlich einladen, sich zu uns zu gesellen. Einen scharfen Verstand wie den Ihren könnten wir gut gebrauchen.“
„Ich will gehen!“, schrie Sarah. Sie schrie wirklich. Und ich hatte gedacht, ich wäre der Einzige, der Styles anschrie. „Ich will auf der Stelle gehen.“
„Was hast du für ein Problem?“, fragte Niall. Die Kanne Eistee schwitzte und tropfte auf den Boden. Er sah sich nach einem Möbelstück um, dass weniger als zweihunderte Jahre als war, damit er sie abstellen konnte. Aber er fand nichts. So hielt er sich grimmig an ihr fest. Auf die To-do-Liste: Untersetzer kaufen. „Ich habe gehört, dass du mein Haus nicht magst. Tickst du noch ganz richtig?“
„Wenn ihr es unbedingt wissen wollt“, sagte Sarah und spuckte jedes einzelne Wort geradezu aus, wie sie wohl gerne Nialls Finger abgebissen und wieder ausgespuckt hätte, „ich hatte einmal eine Tochter. Und sie war … nun, sie starb. Hier. In diesem Haus. Und ich will nicht darüber sprechen, und ich will nicht hier sein.“
Sie trat einen Schritt nach vorne und lief gegen Styles ausgestreckten Arm. Ich hörte, wie meine Kieferknochen krachten, als mir der Mund plötzlich weit offen stand. „DU hattest was?“ Ich brüllte tatsächlich.
„Ein Kind? Ein blondes Mädchen?“, fragte Styles scharf.
Ich drängte ihn zur Seite. „Ist ihr Name Marie? Trägt sie Haarbänder, um ihr Haar aus dem Gesicht zu halte? Und zweifarbige Schuhe mit Riemchen? Und Kittelchen?“
Sarah brach in Tränen aus. Das war ein noch größerer Schock, als die Tatsache, dass sie es gewagt hatte, Styles anzuschreien. „Ihr wisst von ihr? Woher? Wer hat euch davon erzähl? Sprecht nicht mit mir über sie, ich will das nicht!“
„Sarah, sie ist in unserem Vorgarten begraben!“
„Sie ist was?“, fragte Zayn scharf. „Und wann gedachtest du dieses Wissen mit mir zu teilen, toter Junge?“
„Komm!“, sagte ich und zeigte zur Treppe hinauf. „Ins Vampirschlafzimmer!“ Ich wirbelte herum, und mein Vater geriet ins Straucheln. Ich musste wohl mal wieder so schnell gewesen sein, dass ihm schwindelig geworden war. „Dad, ich muss mich jetzt sofort darum kümmern, ja? Wir sprechen später, ja? Das hier ist wichtig. Ja?“
„Natürlich“, sagte er und drückte mich. „Geh und mach deine Arbeit.“
Dad.“ Ich riss mich aus seiner Umarmung. „Das ist mir peinlich vor den anderen Vampiren.“
Ich raste die Treppe hinauf.

Ich stürzte in mein Schlafzimmer mit entschieden zu vielen Menschen dicht auf den Fersen. „Marie!“, brüllte ich. „Marie, komm raus!“
Ganz langsam nahm ihre Gestalt Konturen an und wurde sichtbar. Nie zuvor hatte ich sie das tun sehen – und lassen Sie es sich gesagt sein, es war ein merkwürdiger Anblick. Erst dachte ich, sie säße gar nicht in dem Stuhl, dann sah der Stuhl ein bisschen blau um die Kanten herum aus, dann war es, als würde eine verblasste Marie dort sitzen, und dann saß Marie dort, wie ich sie kannte.
„Was?“, fragte sie verwirrt. Dann sah sie an mir vorbei, und ihre Augen wurden riesig. „Mami!“
Ich drehte mich um. Sarah würde meine Hilfe brauchen. „Sarah, du kannst den Geist sehen, wenn …“
Als sie an mir vorbeistürzte, schubste sie mich gegen Perrie. „Mein Käferchen!“
Perrie hielt mich fest und murmelte gleichzeitig: „Käferchen?“ Ich fühlte Sarahs Schmerz, nur das hielt mich davon ab, ebenfalls zu kichern.
Sarah versuchte Marie zu umarmen, fiel aber stattdessen in den Stuhl. Die Vorwürfe blieben ihr dennoch nicht erspart. „Mami, wo bist du gewesen? Ich habe gewartet und gewartet!“ Dabei hatte Marie die Arme in die Hüften gestemmt, ganz empörte Ungeduld.
Sarah trat zurück und versuchte zu antworten, musste dann aber noch heftiger weinen.
„Marie“, fragte Styles, „wie hat der Mann, der dich niedergeschlagen hat, ausgesehen?“
„Fragt sie nicht darüber aus“, befahlt Sarah. Ihre Stimme war immer noch belegt, aber ihr Mutterinstinkt war geweckt, und sie stellte ihre Stacheln auf. König hin, König her – Styles würde ihrem Kind kein Leid zufügen. Ich mochte sie dafür und hatte ein schlechtes Gewissen, weil ich sie für eine eiskalte Irre gehalten hatte. „Im Übrigen ist das auch nicht nötig. Es war Nostro. Er tötete sie. Und erschuf mich.“
„Und da warst du auf mich sauer, weil ich ihn getötet habe?“, fragte ich entsetzt.
„Das ist … kompliziert“, entgegen sie. Mein persönliches Unwort der Woche.
Ich hörte ein Krachen und blickte auf. Perrie hatte den Stuhl hochgehoben und eines der Beine abgebrochen. „Hör auf damit, das Ding ist wahrscheinlich einen sechsstelligen Betrag wert“, befahl ich. „Und was jetzt? Ich meine, jetzt, wo sie wieder zueinandergefunden haben.“
Würde Sarah jetzt bei uns einziehen, um Marie nahe sein zu können? Mist, das hoffte ich nicht. Wenn ich erst einmal einen Vampir hereinließe, wäre den anderen Tür und Tor geöffnet. Dann hätte ich verloren!
Sarah strich mit der Hand durch Maries Kopf.
„Mami, komm jetzt. Worauf warten wir noch? Lass uns gehen.“
Sarah wandte sich mir zu. Sie war in zehn Sekunden um zehn Jahre gealtert. Ihr Gesicht war hohlwangig, und sie schluchzte immer noch. „Lou, mein König, ich bitte Euch um einen Gefallen.“
„Was?“
„Stimmt es … Ich habe gehört, Ihr denkt, dass wir Seelen besitzen. Dass Vampire Seelen besitzen.“
„Äh …“ Worauf wollte sie hinaus? Mir schwante Böses. „Ja, das stimmt. Ich meine, davon bin ich überzeugt.“
„Also ist es wahr“, sagte Sarah, „weil Ihr der König seid. Und Euer Wille ist unser Wille. So steht es im Buch der Toten.“
Die alte Leier! „Okay, sicher, wenn du das sagst.“
„Ja. Gut.“
Dann folgte eine Pause, als müsste sie all ihren Mut zusammennehmen, um zu sprechen. Wenn sie menschlich gewesen wäre, hätte sie sicher einen tiefen Atemzug getan.
„Dann muss ich Euch um einen Gefallen bitten. Ich will, dass Ihr mich tötet. Jetzt sofort.“

Süss wie Blut und teuflisch Gut *Abgeschlossen*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt