E I N S

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Ava

»Du scheiß Weib! Wieso ist die Küche nicht aufgeräumt?«, schrie er mich an. Der Mann, den ich einst liebte. Dario Jones. Ein Kinderarzt im White River Hospital. Wie ein solch netter und rücksichtsvoller Mann zu so einem wie er jetzt war, werden konnte, kann ich mir bis jetzt nicht erklären.

Meine Wange brannte, Tränen liefen über meine Wange. Mit zitternden Händen saß ich hier, gekrümmt auf dem Boden, meine Arme fest um meinen Bauch geschlungen, welcher gerade einen Tritt von Dario abbekam.

An meinen Haaren zog er meinen Kopf nach hinten, bevor er noch einmal ausholte und ich einen lauten Knall hörte. Es war seine Hand, die auf meine Wange traf. Ich spürte das Brennen, bevor meine Kehle einen Schrei rauslies. Einen schmerzvollen schrei.

»Antworte mir gefälligst!«, wieder schrie er, seine Stimme voll mit Wut. Er war wütend auf mich. Wütend, weil ich es nicht schaffte, auch noch die Küche aufzuräumen.

Dabei hatte ich die gesamte Wohnung aufgeräumt.

»Jetzt pass mal auf, du Miststück«, begann er während er mich zurück an die Wand schubste, mein Kopf knallte gegen die Wand und ich zischte laut auf. Ein unendlicher Schmerz zieht sich durch meinen Kopf, bis hinunter zu meinen Füßen.

»Ich bringe das Geld nach Hause.«

Er nahm das Glas in die Hand, welches auf dem Tressen stand.

»Ich gehe arbeiten, damit du ein schönes Leben hast.«

Er warf das Glas auf mich zu, es zersprang Millimeter neben meinem Kopf an der Wand und ich merkte die Scherben, die neben und teilweise auf mir zu Fall kommen.

»Ist es dann zu viel verlangt, dass ich in eine saubere Wohnung will?«, er drehte sich um und suchte mit den Augen nach einem neuen Gegenstand.

»Ist es zu viel verlangt, dass ich will, dass meine Frau die Wohnung aufräumt? Du sitzt den ganzen Tag zu Hause und tust nichts!«, beendet er seine Aufzählung und nahm die Vase in die Hand.

Die, die mein verstorbener Opa mir einst schenkte.

Er warf sie auf mich zu, wie das Glas zuvor, traf sie die Wand und zersprang in mehrere Einzelteile. Sie flog aber nur gegen die Wand, da ich meinen Kopf zur Seite drehte, hätte ich dies nicht getan, dann wäre die Vase gegen meinen Kopf geflogen.

»Es tut mir-«, begann ich meine Entschuldigung zu sprechen, doch da war er wieder bei mir. Er hockte vor mir, nahm mein Kopf bei den Haaren in die Hand. Er zog mich an diesen zurück und schaute mir ins Gesicht.

»Wann, Ava, wann habe ich dir erlaubt zu sprechen? Du hast deinen Mund nur aufzumachen, wenn ich es dir sage!«

* * *

Es fühlte sich an wie ertrinken. Man wusste, dass man daran stirbt. Man wusste, dass man stirbt und konnte nichts tun.

Du kannst nicht mehr atmen, du merkst wie deine Lungen sich nach und nach mit Wasser füllten.

Ein Hilfeschrei kannst du nicht mehr laut aussprechen. Du kannst ich nur noch flüstern, nur noch in deinem Kopf sagen. Niemand hört ihn, denn du hast nicht mehr genug Kraft es laut zu sagen.

Ich schaffe das nicht mehr. Ich schaffe es nicht, dem Ganzen zu entkommen. Nicht ohne Hilfe, doch an diese komme ich nicht ran. Ich bin eingesperrt in dieser Wohnung.

Ich bin Dario ausgeliefert.

Mit schmerzen am ganzen Körper lag ich in meinem Bett, in meinem 90x180m Bett in meinem 2x2m Zimmer. Die Tür war zugesperrt.

Ich war mittlerweile nur noch eine gefangene, seine Sklavin, nicht mehr.

Ich merkte nichts mehr von dem einst netten Mann, welchen ich damals geheiratet habe.

Darios Jones ist der Teufel auf Erden. Er wird mich irgendwann noch umbringen. Er wird mich in den Tod prügeln, weil ich ihm nicht gerecht werde, weil ich es nicht schaffe, die ganze Wohnung aufzuräumen. Ich werde sterben, ohne mein Leben richtig gelebt zu haben. Mit sechzehn Jahren traf ich auf ihn.

Wirr lief ich durch die Gegend. Ich wusste nicht, wo ich bin, ich wusste nur, dass ich den Ort nicht kenne.

Ich hörte Stimmen, sah Silhouetten auf mich zukommen. Große.

Sie kamen näher und näher. Sie sprachen mich an.

»Hey süße!«, sagte der eine und ich roch Alkohol in seinem Atem. Sie drückten mich gegen die Wand und begannen mich zu berühren. Ich wollte nach Hilfe schreien, ich wollte das nicht, doch meine Kehle war wie zugeschnürt. Ich kriegte kein Wort raus. Stand wie gelähmt da. Tränen liefen mir stumm über die Wangen. Ich währte mich nicht, bekam es nicht hin, doch plötzlich wurden die Männer von mir weggezogen und ich blickte in strahlend blaue Augen. Er war mein Retter, dieser fremde Mann war mein Retter.

So lernte ich ihn kennen. Er hatte mich gerettet, er hat mich beschützt. Heute muss ich vor ihm beschützt werden. 

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⏰ Last updated: Jun 03, 2022 ⏰

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This pain every dayWhere stories live. Discover now