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Belle

Mit zurückgenommenen Schultern und einem leichten Lächeln auf den Lippen betrete ich die geräumige Bar. Meine Hand ist fest um die schwarze Handtasche geschlungen, die Absätze meiner High Heels hallen von dem glänzenden Boden wider. Ein figurbetontes dunkelrotes Kleid schmiegt sich an meine Haut, lässt mich tief einatmen. Langsam streiche ich mir eine blonde Haarsträhne aus der Stirn, bevor ich Cleo zuwinke, die an einem der vielen Tische sitzt und gerade mit dem Kellner spricht. Lachend wirft sie ihre braunen Locken über die Schulter und deutet auf die Getränkekarte.

Bedächtig komme ich vor den beiden zum Stehen und lasse mich auf den weich gepolsterten Stuhl sinken. Höflich nicke ich dem jungen Mann zu. Finn arbeitet hier seit ich hergezogen bin, und ist ein fester Bestandteil dieses Viertels.

»Für mich einen Weißwein, bitte«, gebe ich meine Bestellung auf.

»Kommt sofort«, erwidert er und schenkt Cleo ein breites Grinsen. Dann wirbelt er herum und geht schnellen Schrittes zu der dunkel schimmernden Bar, um geschickt unsere Getränke zu zaubern.

»Endlich!« Cleo erhebt sich und drückt mich herzlich. »Ich dachte schon, du kommst nicht mehr.«

»Die Arbeit hat mich aufgehalten«, erkläre ich mit einem Seufzer und überschlage die Beine. »Nate Miller hat uns für einen Empfang engagiert, der zur Feier der Neugründung seiner Firma stattfinden soll. Der Auftrag ist riesig und darf auf keinen Fall schief gehen.«

Cleo neigt leicht den Kopf und schürzt die Lippen. »Nate Miller ist ein Arsch.«

»Ein professioneller und gut zahlender Arsch«, verbessere ich sie und lehne mich leicht zurück.

Meine Cousine schüttelt nur den Kopf und trommelt mit den Fingern auf dem Tisch. »Du arbeitest zu viel, Belle.«

»Und du zu wenig«, gebe ich schlagartig zurück. »Wie war die Ausstellung heute?«

»Scheiße«, antwortet sie mit einem Seufzer. »Kein einziges Gemälde verkauft.«

Sofort lege ich meine Hand tröstend auf ihre. »Das tut mir leid. Die Menschen in Chicago haben keinen Geschmack.«

Cleo versucht seit Monaten, sich ein Standbein als selbstständige Künstlerin aufzubauen, um ihre Leidenschaft zum Beruf zu machen. Leider ist die Konkurrenz groß und die Bezahlung oft dürftig, sodass sie elendig auf dem Trockenen liegt.

Sie zuckt bloß mit den Schultern. Dabei weiß ich, wie nah ihr der Misserfolg geht. »Ich werde wohl noch eine Weile kellnern müssen.«

»Irgendwann werden sie dich entdecken«, meine ich überzeugt und sehe in Richtung des großen Kellners, der schon länger ihr Kollege ist. Es ist durchaus praktisch, dass sie hier arbeitet, weil wir uns deswegen nach dem Ende ihrer Schicht oft auf einen Drink treffen. »Bis dahin hast du Finn, der dir die Arbeitstage versüßt.«

»Ja, Finn ist niedlich«, stimmt sie mir zu und streicht sich eine Haarsträhne hinter das Ohr. Als dieser sich uns schließlich nähert und mein Glas Weißwein vor mich stellt, hält sie inne. Ihr reicht er einen glitzernden Cocktail.

»Bitte, die Damen.« Wieder grinst er bis über beide Ohren.

»Danke, Finn.« Elegant führe ich das Glas an meine Lippen. Angenehm rinnt die kühle Flüssigkeit meinen Hals hinunter, vertreibt den letzten Stress des anstrengenden Tages.

Als Event Managerin ist mein Terminkalender oft bis zum Anschlag gefüllt. Mein Arbeitgeber lässt mir keine ruhige Minute, gibt mir einen Auftrag nach dem anderen. Ich liebe meinen Job, genieße aber die Ablenkung, die meine Cousine mir schenkt.

To Be Saved By YouWo Geschichten leben. Entdecke jetzt