Das ist... verdammt beschissen. Jetztmuss ich auch noch dankbar dafür sein, meine Wecker immer früher zustellen, für genau so ein Mist. Genervt zog ich das Bettlacken abund warf es in einer Ecke. Dennoch stelle ich sie immer so weit vor,damit, falls die Nacht trocken blieb, ich weitestgehend ausschlafenkonnte. Mit anderen Worten, ich musste mich trotzdem beeilen, auchdamit Ramona davor unwissend blieb. Man und dabei war ich in derNacht sogar wach geworden, aber wieder eingeschlafen. Das Bedürfniszu Duschen wuchs in mir viel stärker, mit der Erkenntnis, dass ichmindestens vier Stunden in meinem eigenen Urin schlief. Die Tatsache,ein Boxershorts-Schläfer zu sein, war da auch nur ein geringerTrost. Zwar blieb mir damit klebende, nasse Kleidung erspart, dafürmusste ich den beißenden Uringestank von meinerHaut loszuwerden. Ich sprühte Textilreiniger auf die Matratze,beschloss, dass es zu wenig sei, schraubte die Flasche ganz auf undschüttelte nahe zu dem gesamten Inhalt rauf, was mich so gleichbereuen ließ, da das Zeug beinahe ebenso schlimm stank. Dann nahmich die blauen Säcke und schmiss das Bettlacken und die Bettdeckesamt Bezug rein, wenigstens die Kissen waren dieses Mal unberührtgeblieben. Alles verstaut verließ ich mein Zimmer – wobei ich dieSäcke vor meiner Tür abstellte – und unter der Dusche verschwand. Eswurde eine lange, ausgiebige Dusche, die mich nur darunter hielt, um auchwirklich sauber zu werden. Wie ich es hasste. Ab dann ging allesandere schnell, weshalb ich dreißig Minuten später auf einenletzten Check vor dem Spiegel im Flur stand, mich und das Handy mitden Kopfhörern verband, die blauen Säcke nahm, die Tür öffnete unddirekt in Ramona lief. Sie sah mich so überraschend an, wie ich sieansehen musste.
„Hast du mich vielleicht erschreckt. GutenMorgen." Zustimmend brummte ich.
„Du bist zeitig dran, dasist gut." Dass die Frau auch nie merkte, wie wenig Interesse ich anSmalltalk besaß. So nickte ich lediglich, in der Hoffnung sie würdees merken.
„Was ist in den Beuteln? Lass sie doch hier, dannschmeiße ich es später weg."
„Bloß nicht." Mist, da warmeine Zunge schneller. „Die sind viel zu schwer und ich kommesowieso an den Containern vorbei." Gerettet.
„Du bist so einlieber Junge. Na schön." Ramona zuckte wie nach einem hops mit derSchulter und richtete damit ihre Tasche. Schließlich nickte icherneut und machte mich an ihr vorbei.
„Gibt es heute etwas, wasdu essen willst?" Täglich grüßt das Murmeltier. Ich bliebstehen.
„Nein. Aber kannst du neue Bettdecken holen? In meinenhat sich zu viel Staub angesammelt."
„Schon wieder?" Sounschuldig wie möglich versuchte ich sie anzusehen, dabei konnte ichmein klägliches scheitern förmlich spüren.
„Meine Allergieist in diesen Monaten nun einmal am schlimmsten." Na ja, vielleichtein wenig gelogen. Auch wenn ich wirklich unter einer Staub- undPollenallergie litt, über die Jahre fing ich an, sie dramatischerdarzustellen als sie wirklich war, einzig damit ich es leichter hattemeine regelmäßigen Ausrutscher zu verheimlichen.
„Okay. Dannmache ich heute auch einen Arzttermin. Es tut mir leid, wenn du soleiden musst." Und wie jede Lüge, litt auch diese an Nachteilen,wenn es auch das kleinere Übel war. Mein Einverständnis sparte ichmir, es spielte ohne hin keine Rolle. Stattdessen setzte ich mein Wegzum Fahrrad fort, dabei hörte ich sie zwar erneut fragen, was ichheute essen wolle, gab aber auch darauf keine Antwort.
Es war einBalanceakt, mit samt der gepolsterten Tüten zu fahren, auch wenn sieleicht waren, machte es sie unhandlich. Ich fuhr auf Umwege an denersten, dem zweiten und am dritten Klamotten Container vorbei underst beim vierten entsorgte ich sie. Dämliche Paranoia, aber so wares nun einmal. Der restliche Weg war dafür um so angenehmer und mitder extra Zeit fuhr ich auf den längst möglichen Weg zur Schule.Wie jeden Tag schloss ich mein Fahrrad ab, ging zur Schultür und...ich ging nicht zur Schultür. Ein Stückchen entfernt sah ich Aaron,wie er mich anstarrte. Wütend. Angespannt. Sicherlich bebten selbstseine Nasenflügel, eine Anmahne, die lediglich darauf beruhte, dassich ihn schon des Öfteren wütend gesehen habe. Svenja standdeutlich weiter weg, mit dem Kopf nach unten.
„Yannik." DieVibration in seiner Stimme spürte ich trotz der leisen Aussprache inmir. Dabei war es egal, wie schlecht ich Tonlagen einordnen konnte,aus Erfahrung mit ihm wusste ich, dass sie wütend klingen sollte unddemnach auch ihren Zweck bei mir erfüllte. Scheiße. Bisher ist mirnoch immer keine passende Ausrede eingefallen, was ich in seiner Hausnähe zu suchen hatte.
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a case for madness
Mystery / ThrillerYannik ist ein siebzehn jähriger Schüler, mit speziellen Interessen. Vor allem Serienkiller haben es ihn angetan. Als in der Nachbarschaft beginnen Tiere zu verschwinden, sieht er seine Chance. Bald darauf gerät alles außer Kontrolle. Er findet sic...