Barfuß rannte sie durch den eiskalten Schnee.
Es war tiefste Nacht, die Sterne schienen hell am Himmel.
Doch die Kälte konnte ihr nichts anhaben. Heiße Tränen rannen ihre kalten, bleichen Wangen hinunter.
"Ich habe alles verloren", flüsterte sie verzweifelt, voller Schmerz.Ihr wurde eng ums Herz, es fühlte sich an, als würde ihre Brust zerbersten. Wie sollte sie all das aushalten?
"Ich kann nicht mehr", schrie sie in die Stille hinein.
Ein Vogel flatterte erschrocken auf. Ansonsten schien sie vollkommen alleine zu sein.
"Bitte, nimm diesen Schmerz endlich von mir. Es tut so weh, so weh", bat sie einen Gott, an den sie nicht glaubte.
"Warum immer ich?", sie konnte nicht mehr.
Ihr Körper hatte keine Kraft mehr, sie sank zu Boden und verdeckte ihr Gesicht mit ihren zarten, feingliedrigen FIngern.
"Was habe ich getan, dass ich all das immer erlebe? Womit habe ich das verdient? Warum ich?", sie stellte diese Fragen nicht laut.
"Ich will doch nur glücklich sein", hauchte sie und ballte ihre Hände zu Fäusten.
"Ich will endlich genug sein, ich will mich nicht mehr hassen", sie sagte diese Worte wie ein Mantra.
Noch immer war sie allein. Sie wusste, dass ihr diesmal niemand zur Rettung kommen würde. Sie wusste, dass sie es diesmal zu Ende bringen konnte.
Doch dann dachte sie an die braunen Kulleraugen, die vier weißen Pfoten, die zu ihrem Hund gehörten.
Und plötzlich drohte ihr Herz erneut zu zerspringen.
Er würde es nicht verstehen.
Er würde denken, sie hätte ihn im Stich gelassen. Sie würde ihn nicht mehr lieben.
Er spürte ihren Schmerz, ihre Trauer, ihre Verzweiflung.
Er wusste, wie sehr sie litt.
Mehr als alle anderen.
Aber er war ihr immer treu geblieben.
Als alle sie im Stich gelassen hatten, hatte er sie angesehen, mit dem Schwanz gewedelt und seinen Kopf auf ihren Schoß gelegt.
Für eine Sekunde war all der Schmerz, all die Last von ihren Schultern gefallen.
Sie konnte ihn nicht alleine lassen, das hatte er nicht verdient. Langsam stand sie auf, straffte ihre Schultern und drehte sich um.
Heute war nicht der richtige Tag.
Und morgen auch nicht.
Irgendwann vielleicht, wenn sie ihn verloren hatte.
Aber vielleicht, wäre sie an diesem Tag schon schmerzfrei.
Vielleicht hätte sich an diesem Tag schon alles verändert und sie könnte wieder lachen.
Ein echtes Lachen.
Vielleicht war es naiv daran zu glauben, aber der Gedanke daran löste ein warmes Gefühl aus.