1. Kapitel

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Bretagne; Nachmittag

,,Möchten sie noch ein Bier?", vergewisserte sich Amelia bei einem der Männer, die an der Bar saßen. Nickend bestätigte sie das Nein und lief zum nächsten Tisch, was sie bei den anderen ebenfalls wiederholte. Auf dem Weg hinter die Bar um die Getränke zu machen, sah sie sich etwas um, ob alle bisher zufrieden waren.Normalerweise war es hier recht übersichtlich. Nur heute waren viele hier. Einige unterhielten sich leise, andere diskutierten laut über verschiedene Themen. Und andere lallten verwirrende Sätze vor sicher her, was der Freund oder Gefährte erwiderte. Ihr Blick blieb bei einem Tisch hängen, an dem vier Männer saßen, allesamt schon eine gewisse Höhe erreicht und sich beim Kartenspielen gegenseitig verarschten. Wie kleine Kinder schmollten sie sich gegenseitig an, bevor sie in lautes Gelächter ausbrachen. Kopfschüttelnd wand sich Amelia wieder der Bar zu. Das Tablett, auf dem sie die Getränke gestellt hatte, transportierend bahnte sie sich zu den Männern, schlug kurz wütend die Hand des einen weg, als er sie anfassen wollte. Es war ihr Job Leute zu bedienen und mit vielen Situationen zurecht zu kommen, aber das war eine von wenigen, die ihr Angst machten. Einige konnten sich in ihrem beflügelten Zustand nicht mehr zurückhalten und so war es auch passiert, das sie fast letztes Jahr einem Mann zum Opfer gefallen wäre. In der letzten Sekunde war ihr ein Soldat zur Hilfe gekommen, mit dem sie bisher noch immer den Kontakt pflegte. Er gefiel ihr und es war bereits bekannt, das die beiden nicht nur aus reiner Höflichkeit miteinander sprachen. Immer wieder erinnerte sie sich an die Nacht vor ein paar Tagen. Seine zarten Berührungen, seine Geduld, bis hin zu seiner Leidenschaft und dennoch sanften Art, mit der er sie gefesselt und eingeweiht in das neue Gefühl hatte. Sie konnte sich keinen anderen mehr vorstellen und je mehr sie daran erinnert wurde, das er in den nächsten Tagen vielleicht in einem Krieg verwickelt sein könnte, bedrückte sie tiefe Sorge. Andauernd der Stich ihm Herz, die Gedanken und die schlimmen Vorstellungen. Was wenn er fallen würde. Ihre erste große Liebe konnte unmöglich schon enden. ,,Verzeiht." Zwei große Hände legten sich auf Amelias Schultern und schoben sie beiseite, was sie aus den Gedanken riss und so erschrak, das sie das Tablett mit den Bieren los lies. Selbst als sie auf dem Boden schlugen, reagierte sie nicht. Sie sah in die fast unnatürlich leuchtend grünen Augen eines sehr großen Mannes. Er trug einen weisen durchnässten Mantel mit Kapuze, eine blaue Hose, Stiefel bis über die Knie, ein Gürtel mit einem roten Tuch und war schon beunruhigend schwer bewaffnet. Seine Kapuze vom Kopf schiebend, stieg er über das verschüttete Bier und lief bis ganz nach hinten an den leeren Tisch. Tropfen fielen von seinem langen Mantel, bildeten eine Spur hinter ihm. Einige sahen zu ihm empor, andere bemerkten ihn nichtmal. Still lies er sich nieder, sein Arm auf dem Tisch stützend, die Beine breit offen. Amelia, die langsam wieder zu sich fand, beugte sich langsam herab, zog ein Tuch aus dem Ärmel ihres Kleides und wischte das verschüttete auf. Sich immer wieder entschuldigend wich sie den Beschimpfungen der Männer aus, die noch immer auf ihr Bier warteten. Schnell bereitete sie wieder neue zu und eilte zu ihnen, um ihnen das Getränk endlich zu geben. Als sie das erledigt hatte, sah sie nach hinten zu dem merkwürdigen Mann. Sein Blick ruhte schon die ganze Zeit auf ihr. Nicht begehrend. Nicht abwertend. Sie konnte ihn nicht deuten. Ihre Erziehung sagte ihr, sich zusammen zureißen und ihn endlich zu fragen, was er den möchte. Aber sie konnte nicht. Je näher er war, desto gefährlicher schien er. Bei anderen Männern hätte seine Körperhaltung eine Aufforderung sein können sich zwischen seine Beine zu schieben oder ihn anregend zu empfangen, aber bei ihm war es gar nichts. Das war das beunruhigende. Man konnte ihn nicht einschätzen. ,,Wer ist der Mann?", erkundigte sich Amelias Freundin, die anscheinend aus dem nichts gekommen war. Ein zweites mal erschrak sie und hätte wieder alles fallen gelassen, wenn sie etwas getragen hätte. ,,Warum bist du denn so schreckhaft? Hat dir jemand was getan?" Amelia sah zu ihrer Freundin. ,,Er ist gerade erst gekommen, ich hab ihn nicht bemerkt. Er stand so plötzlich vor mir." ,,Ach Amelia." ,,Keth?" ,,Hast du dich verliebt?", fragte sie grinsend, was ihr einen genervten Blick seitens Amelia einhandelte. ,,Hör auf damit, du weist das ich seit ein paar Tagen meinen Mann gefunden habe." ,,Naja, kann ja sein, das du nur mit ihm spielst?" Wieder traf sie ein eindeutiger Blick. ,,Ja Ja, schon gut. Naja, wenn du es nicht tust.....geh ich eben spielen!", quickte sie fast, bevor sie auf den Mann zulief. Amelia zog erschrocken die Luft ein. ,,Keth!", fauchte sie. ,,Keth! Was zum!?" Entsetzt sah sie ihrer Freundin zu, wie diese eine Hand auf seine Schulter legte und mit ihm sprach. Er sah sie an, schien zu antworten, bevor sie mit einer verspielten Art fortfuhr. Mit einem Finger glitt sie an seinem Arm herab, was er beobachtete, bevor sie wieder in Amelias Richtung ging. Diese schloss ihren Mund, da ihr gerade der Kinnhacken herunter geklappt war und drehte sich eilig von den beiden weg. Keth stolzierte an ihr vorbei und bereitete anscheinend ein Getränk für den Mann vor. Ein breites Grinsen schlich sich auf ihre Lippen, als Amelia sich neben sie stellte. ,,Allein seine Schultern sind vollkommen durchtrainiert. Wenn das schon schön ist, wie sehen die anderen Bereiche aus?" ,,Oh bitte Keth, lass mich da raus, ja? Ich hab ein komisches Gefühl bei ihm." ,,Ach was, du hast einfach noch nie einen richtigen Mann gesehen. Das ist der erste und es ist neu für dich, sonst nichts. Und jetzt entschuldige mich bitte. Ich habe einen Gast zu bedienen." Summend gesellte sich Keth wieder zu ihm, was Amelia noch eine Weile verfolgte. Ihre Freundin schien gefallen an ihm zu finden und dieses zeigte sie ihm auch, nur sah man ihm nicht im geringsten an, was er darüber dachte oder was er davon hielt. Sein Gesicht war ein einziges Rätsel, seine Gedanken wahrscheinlich unmöglich herauszufinden und sein Herz, so war sich Amelia sicher, aus Stein. Welches keine Frau zulassen würde.

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