Kapitel 1

1.1K 17 3
                                    

Tess

Es ist noch dunkel als ich von dem Bett aufstehe, das ich mit meinen zwei jüngeren Schwestern, Zhara die 14 Jahre alt ist und Luisa die erst zwölf Jahre alt ist, teile. Ich bin noch müde aber ich muss aufstehen und meinem Vater helfen die Kühe zu melken. Früher als meine Mutter noch lebte hat sie das gemacht aber seit sie tot ist muss ich das übernehmen. Und auch den Haushalt muss ich zum grössten Teil übernehmen. „Wo bleibst du?“, schnauzt mich mein Vater an, der schon draussen ist. „Ich komme ja schon“, antworte ich. Obwohl ich meinem Vater immer versuche alles Recht zu machen findet er immer etwas dass ich falsch gemacht habe. Zu meinen beiden Schwestern ist er immer freundlich aber aus unerfindlichen Gründen hasst er mich. Er ist schon am Melken als ich in den Stall komme. „Ich muss bald einen Mann für dich finden, du bist schliesslich schon 16“, sagt mein Vater und mustert mich abschätzig, „wenn dich überhaupt jemand will.“ Ich beisse mir wütend auf die Unterlippe und muss mich zusammenreissen nicht etwas Dummes zu sagen, denn ich finde es nicht in Ordnung das wir Mädchen wie Vieh verkauft und behandelt werden. „Sonst schicke ich dich halt ins Kloster“, redet mein Vater gleichgültig weiter. Entsetzt schaue ich ihn an. Ich will nicht ins Kloster und die Bibel lehren und diese schwarzen hässlichen Gewänder tragen die, die Nonnen anhaben. Das ist so ein Moment in dem ich mir wünsche meine Mutter würde noch leben sie hätte niemals zugelassen das mein Vater mich in eine Kloster schickt oder mich an irgendeinen alten Mann verheiratet. Schweigend melken wir zu ende. Dann geht mein Vater aufs Feld arbeiten. Ich gehe unterdessen zurück zu unserem kleinen Bauernhaus. Es besteht genau wie der Stall vollständig aus Holz. Ich gehe hinein. „Zhara“, ich schüttle sie sanft, „wach auf, wir müssen die Kühe auf die Weide bringen.“ „Tess, lass mich nur noch fünf Minuten schlafen“, murmelt sie verschlafen. „Komm jetzt, Vater wird böse wenn wir die Kühe nicht rechtzeitig auf der Weide haben.“

Wir trotten zum Stall und treiben die Kühe zur Weide. Danach gehen wir zum Haus zurück und Zhara hilft Luisa die Eier der Hühner einzusammeln und den Stall auszumisten. Ich hole mir aus der Küche zwei dicke Scheiben Brot und etwas Käse, denn heute muss ich die Schafe hüten während sie grasen. Ich treibe die Schafe aus dem Stallund laufe zu der Lichtung zu der ich meistens gehe. Früher als meine Mutter noch lebte habe ich hier oft die Schafe zusammen mit ihr gehütet unddabei hat sie mir beigebracht wofür man welche Kräuter braucht und wie man verschiedene Verletzungenbehandelt .Es ist ein geheimes Wissen das von Generation zu Generation weitergegeben wurde, denn Frauen dürfen solche Sachen nicht wissen. Meine Mutter wollte einmal einem Mann helfen der von der Leiter gestürzt war und sich dabei das Bein schlimm gebrochen hatte, aber der Bäcker hat es gesehen und sie wurde als Hexe auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Als ich bei der Lichtung ankomme gehe ich zu dem hohlen Baumstamm in dem ich einen Bogen und Pfeile aufbewahre, vielleicht habe ich heute noch etwas Zeit zu jagen. Auch das ist verboten aber meine Mutter hat es mich trotzdem gelernt, Vater denkt immer das Fleisch sei von dem netten Metzger aus dem Dorf der uns ab und zu gratis etwas Fleisch gibt. Als ich mich umdrehe sehe ich ein weisses Pferd und einen Mann mit aufwendigen Kleidern, der unter einem Baum sitzt und mich aus dunkelgrünen Augen aufmerksam beobachtet. Erschrocken ob er den Bogen gesehen hat bekomme ich Panik und verstecke den Bogen schnell hinter meinem Rücken. „Was machst du hier?“, frage ich ihn barsch, in einem Ton an, in dem ich niemals mit einem Mann hätte reden dürfen, dafür könnte er mich grün und blau schlagen. Der junge Mann schaute mich weiter neugierig an und stellt fest: „Du hast einen schönen Bogen sieht aus ziemlich teuer aus für eine arme Bauerstochter wie dich.“ „Verzieh dich!“ „Würde ich ja gern aber ich bin ziemlich schwer verletzt“, keucht er. Ich sehe erst jetzt dass er um sein rechtes Bein einen blutdurchtränkten Verband trägt. „Was ist passiert?“, frage ich ihn besorgt aber er hat die Augen geschlossen und antwortet mir nicht. Ich drehe ihn auf den Rücken und nehme ihm den Verband ab. Er hat einen langen, tiefen Schnitt am Oberschenkel. Der Schnitt muss unbedingt genäht, gesäubert und richtig verarztet werden bevor er zu viel Blut verliert. Ich haste nach Hause um Verband, Nadel und Faden zu holen damit ich seine Wunde nähen und verbinden kann. Ich bete dass meine Schafe schön brav auf der Lichtung bleiben. Danach laufe ich in den Wald um die richtigen Kräuter zu holen damit sich seine Wunde nicht entzündet. Als ich alles beisammen habe renne ich zurück zur Lichtung. Gott sei Dank sind alle Schafe noch friedlich am Grasen. Leider muss ich ihm den unteren Teil seiner Hose abschneiden damit ich die Wunde richtig versorgen kann. Ich verziehe das Gesicht als ich die hässliche Wunde sehe. Zuerst mische ich den Brei aus den Kräutern. Ich streiche die Hälfte davon vorsichtig auf die Wunde. Danach reinige ich die Nadel und nähe den Schnitt sorgfältig zusammen. Ich streiche nochmal etwas von dem Kräutergemisch auf die Wunde. Zum Schluss verbinde ich seinen Oberschenkel mit dem Verband. Während er noch schläft betrachte ich ihn zum ersten Mal richtig. Er hat dunkelbraunes Haar, das schon fast schwarz ist, er hat einen sanft geschwungenen Mund und er hat eine so blasse Haut wie nur bei Adligen. Auch an seinen aufwändigen Kleidern erkennt man dass er ein Adliger sein muss.

Stella

„Nicht so eng“, keuche ich gepresst als meine Mutter mir das Korsett noch enger anzieht. Sie hat unbedingt darauf bestanden mich heute selber anzuziehen und zu frisieren denn heute veranstaltete mein Vater, der Graf, einen Ball und ich muss perfekt aussehen. Endlich hat sie mein Kleid eng genug angezogen aber nun widmet sie sich meiner Frisur und zupft an meinen Haaren herum. Als sie endlich fertig ist stehe ich vor den Spiegel und betrachte mich. Ich habe dieblasse Haut eines Adligen und die grauen Augen meiner Mutter, meine rotbraunen Haare sind zu einer Hochsteckfrisur aufgesteckt und ich trage ein wunderschönes braunes Kleid mit einemdunkelbraunen Korsett, dass unten aufgeht und aus blauem, seidenen Stoff besteht. „Wo bleibt nur wieder dein Bruder? Er wird noch den Ball verpassen. Und was werden die Gäste erst sagen wenn der Sohn des Hauses nicht anwesend ist?“, sagt meine Mutter überheblich. Es ist typisch dass sie sich nur Sorgen um das Gesellschaftliche Ansehen macht und nicht um meinen Bruder selbst. „Aaron wird bestimmt bald hier sein“, versuche ich meine Mutter zu beruhigen obwohl ich mir Sorgen mache das ihm etwas zugestossen ist. „Ich habe jetzt besseres zu tun als mir Sorgen um Aaron zu machen. Die Gäste werden jeden Moment da sein. Ich erwarte von dir bestes Benehmen.“ „Ja, Mutter.“ Ich gehe nach unten um die Gäste zu begrüssen. Ich sehe meinen Vater bei einer Gruppe Männer stehen. „Ah, Stella, meine hübsche Tochter, ich muss dir jemanden vorstellen.“ Mit einem mulmigen Gefühl gehe ich zu ihnen. „Das ist Alexander van Harper, er ist einer der Männer die um deine Hand angehalten haben. Ich möchte dass du dich heute ein bisschen mit ihm unterhaltest und mit ihm tanzt. Alexander hat blondes Haar, eine feine Nase und einen kleinen Mund, der perfekte Adlige. Er mustert mich überheblich. Ich mag ihn von Anfang an nicht. „Guten Tag, gnädige Frau“, sagte er, und haucht mir einen ekligen Kuss auf die Hand. Ich nicke nur zur Antwort. „Darf ich Sie zum Tanz auffordern?“, fragt er schleimig. Auf keinen Fall denke ich angewidert. „Es wäre mir ein Vergnügen“, antworte ich stattdessen. Ich lege meine Hand auf seinen Unterarm und er führt mich zur Tanzfläche.

Würde mich freuen über Kommis und Kritik, da es die erste Geschichte ist die ich online stelle ^^

AlthaiaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt