12. Kapitel

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Circa 20 Ritter, Arthur, Guinevere, Gaius und Victoria saßen an dem großen runden Tisch, Merlin stand wie wie immer an einer Wand etwas abseits. Arthur erhob sich und sagte mit fester Stimme und ernstem Blick: "Männer, gestern Abend hat Morgana versucht, uns mit dem Feuer in eine Falle zu locken. Und sie wird es wieder versuchen, doch wer weiß ob sie nächstes Mal nicht die Häuser der Bewohner anzündet oder schlimmeres tut. Ich möchte das Leben der Bewohner Camelots nicht aufs Spiel setzen, daher schlage ich vor, dass wir einen Plan entwickeln und dem Grauen endlich ein für alle Mal ein Ende setzen." Die Ritter, die sich um die Tafelrunde versammelt haben, murmelten entweder mit ihrem Nachbarn oder sahen ihn nur erwartungsvoll oder skeptisch an. 
"Aber wie, Sir, sollen wir das anstellen? Wir haben schon so oft versucht, Morgana zu töten, doch es ist uns noch nie gelungen.", fragte ein Ritter. "Morgana hat versucht, uns auszutricksen, vielleicht sollten wir das auch machen", schlug Sir Leon vor. Arthur schaute ihn nachdenklich an. "Keine schlechte Idee, Leon. Habt Ihr noch weitere Vorschläge?" "Wir könnten einen Informanten bei ihr einschleusen...", überlegte Leon laut, "das hat sie doch schon oft gemacht, warum also sollten wir das nicht auch tun?" "Weil Morgana niemandem vertraut. Sie würde niemals jedem dahergelaufenem Menschen ihre Pläne verraten.", schaltete sich Percival ein. Da meldete sich Guinevere zu Wort. "So gerne ich dies leugnen würde, eigentlich gibt es da jemanden. Die einzige Person, der sie vertrauen würde, ist Victoria."
Alle Anwesenden drehten sich fassungslos zu Victoria um. Diese schaute die Königin erst sehr überrascht an, nickte jedoch nach ein paar Sekunden. "Ja, wir... wir standen uns sehr nahe." "Und das ist sogar noch untertrieben", erklärte Gwen. "Die beiden waren ein Herz und eine Seele. Und Morgana hat immerzu von ihr geschwärmt. Victoria war für sie die Schwester, die sie nie hatte." Percival schaute sie skeptisch an. "Aber das war schon lange her. Morgana hat sich verändert. Sie würde jeden töten, der sie auch nur schief anschaut." "Victoria würde sie nichts tun, da bin ich mir zu 100% sicher", antwortete die Königin. Plötzlich schlug Arthur mit der flachen Hand auf den Tisch. "Stopp jetzt!", rief er aufgebracht. "Ich werde Victoria nicht einmal bei einer Entfernung von 100 Kilometern von Morgana entfernt alleine lassen! Außerdem wissen wir nichts mit Sicherheit. Vielleicht irrst du dich ja doch Guinevere, und sie hat außer Hass absolut keine Gefühle mehr, für niemanden." Victoria, die sich bis jetzt zurück gehalten hat, schüttelte leicht den Kopf. "Nein, ich glaube nicht, dass sie mir etwas antun würde. Ich würde es tun. Ich würde zu ihr gehen und sie ausspionieren." Arthur sah sie mit seinen blauen Augen eindringlich an. "Nein! Ich diskutierte erst gar nicht darüber! Ich werde dich nicht Morgana ausliefern." Arthur fuhr sich grob durch die Haare. "Hat jemand noch andere Vorschläge?"

Erschöpft  ließ Arthur seinen Kopf auf seine Hand sinken. Nach vier weiteren Stunden ohne gute Vorschläge hatte er die Versammlung beendet. Jetzt saß er allein an dem großen Tisch. Gwen stellte sich hinter ihn und legte ihre Hände auf seine Schultern. "Arthur?", begann sie, "ich weiß, dass du Victoria nicht in Gefahr bringen willst, ich möchte das auch unter keinen Umständen, glaub mir, und auch niemand anderes. Aber ich glaube fest daran, dass sie es schaffen könnte, und..." "Gwen", unterbrach Arthur sie und fuhr sich erschöpft durch das Gesicht, "du hast recht, ich möchte sie nicht in Gefahr bringen. Zum einen nicht, weil sie zu Gast in Camelot ist, und zum anderen liegt mir sehr viel an ihr." "Aber sie hat sich sogar bereit erklärt, es zu tun", Guinevere seufzte, " aber ich verstehe auch, dass du sie nicht gehen lassen willst. Wir finden schon eine Lösung." Sie legte ihren Kopf auf seine Schultern und schlang ihre Arme um seinen Körper.

Mit einem lauten Knall warf Merlin die Tür zu Gaius Gemächern zu. "Nur mit der Ruhe, Merlin", ermahnte ihn Gaius. "Das kann doch nicht Leons Ernst sein, ein 16-jähriges Mädchen alleine zu Morgana schicken zu wollen!", brauste der junge Zauberer auf. Gaius lächelte ihn an und sagte: "Es ist zwar rührend, wie du dich um Victoria sorgst, aber ich glaube, du und Arthur unterschätzen sie und den Bund zwischen ihr und Morgana gewaltig. Guinevere hat recht; sie waren wie Pech und Schwefel, und Morgana empfand sie mehr als Schwester als Cousine. Es mag sein, dass Morgana die meiste Zeit nur Hass empfindet, aber manche Gefühle und Bündnisse vergehen nie, und den Bund zwischen den beiden zu brechen ist sehr schwer, ich würde behaupten, dass es sogar unmöglich ist." Ein paar Sekunden stand Merlin nur mit aufgerissenem Mund da und wusste nicht, was er antworten soll. Dann machte er auf dem Absatz kehrt und rief Gaius über die Schulter hinweg zu: "Ich geh noch kurz raus, ich hab Arthur versprochen, dass ich noch Blumen für Gwen pflücke" Damit war er zur Tür heraus. "Du bist ein schrecklicher Lügner, Merlin, weißt du das eigentlich?", rief Gaius ihm noch hinterher, doch Merlin war schon auf dem Weg zu Kilgharrah.
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"... Und Gaius meinte, dieser Bund sei nur schwer zu zerbrechen." Merlin hatte dem alten Drachen die ganze Geschichte erzählt und schaute ihn nun hoffnungsvoll an. "Also, was sollen wir tun?" Kilgharrah schien nicht überrascht, diese Neuigkeiten zu hören. "Das ist doch ganz einfach: einmal das tun, was ich dir gesagt habe", sprach er ruhig. Merlin schaute ihn verdutzt an. "Und das wäre...?" "Das habe ich dir doch schon längst gesagt, junger Zauberer", antwortete der Drache. Merlin kratzte sich am Kopf. "Ähh, bis jetzt hast du nur gesagt, dass ich das tun soll, was du mir gesagt hast. Aber du hast mir noch nicht gesagt, WAS ich genau tun soll" Kilgharrah schnaubte belustigt. "Manchmal denke ich, man hat dich mit jemandem verwechselt. Du machst nicht immer den Eindruck, als wärst du besonders weise! Wir haben doch schon einmal über Victoria gesprochen. Und da habe ich dir doch einen Rat gegeben." Merlin verdrehte genervt die Augen.  "Kannst du nicht einfach sagen, was du meinst? Musst du immer in Rätseln reden?" "Ach Merlin, streng doch einmal deinen Kopf an. Ich habe gesagt, dass du ihr vertrauen musst." "Also, willst du damit sagen, dass sie es schafft, Morgana zu täuschen, hab ich recht?", fragte Merlin. Der große Drache nickte. "Aber Arthur erlaubt das sowieso nicht", sagt Merlin entschlossen. "Na dann musst du ihn eben dazu bringen."
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"Merlin, du müsstest doch langsam verstanden haben, dass ich mich nicht für deine Meinung interessiere, oder?" Arthur schaute Merlin mit hochgezogenen Augenbrauen an. Es war der nächste Vormittag und Merlin hatte sein bestes gegeben, um Arthur von Leons Plan zu überzeugen. "Ach Kommt schon, ich weiß doch genau, dass das nicht wahr ist. Ihr interessiert Euch dafür, was ich sage und denke." "Zum letzten Mal Merlin, ich werde sie nicht in die Nähe von Morgana lassen!" Arthur wandte sich zum Gehen ab. "Denkt wenigstens nochmal darüber nach! Und sprecht mit Victoria darüber!", rief Merlin ihm hinterher.
Draußen im Gang stürmten alle möglichen Gedanken auf Arthur ein. 'Das ist doch absurd! Ich kann doch nicht meine eigene Cousine ins Verderben führen!' 'Aber vielleicht unterschätze ich sie ja wirklich, und sie schafft das!' 'Nein, so darfst du nicht denken! Sie ist erst 16!' 'Aber wenn Gwen, Gaius und Merlin an sie glauben, muss da doch was dran sein... Und Gwen und Gaius kennen sie sowieso besser als ich...' 'Vielleicht sollte ich einfach mal mit Victoria reden...' Mit diesen Gedanken machte sich der König zu seiner Cousine auf.
Leise klopfte er an die Tür ihrer Gemächer. Man hörte Schritte und Victoria öffnete die Tür. Erfreut lächelte sie ihn an. "Oh Hallo Arthur! Was gibt's? Komm doch rein!" Arthur versuchte sich an einem Lächeln, scheiterte jedoch kläglich. Seine Gedanken kreisten nur um diese eine Sache. Er trat ein und stellte sich an das Fenster. Victoria trat neben ihn und schaute verträumt heraus. "Camelot ist so wunderschön, ich wünschte ich könnte für immer hier bleiben." "Mhh", machte Arthur nur. Er war noch immer in seinen Gedanken vertieft. Victoria drehte sich zu ihm um und sah in von der Seite an. "Ist alles in Ordnung?", fragte sie. Der König seufzte. "Ja... Nein, ehrlich gesagt nicht. Ich muss die ganze Zeit an Leons Plan denken. Dich bei Morgana alleine zu lassen bereitet mir mehr als nur Bauchschmerzen." Victoria sah ihn eine Zeit lang nur an, dann nahm sie seine Hand. "Ich finde den Plan nicht mal so schlecht. Versteh mich nicht falsch, ich habe Morgana geliebt wie meine Schwester, und ich tue es wahrscheinlich heute noch, aber ich liebe die alte Morgana. Die Morgana, die herzlich zu jedem ist und keiner Fliege etwas zuleide tut könnte. Aber sie hat sich verändert. Diese Person ist sie schon lange nicht mehr. Die Morgana, die sie jetzt ist, ist so voller Hass, so abscheulich. Ich möchte nicht, dass diese Morgana noch weitere Menschen tötet und Unheil anrichtet, wenn es also nötig ist, sie zu hintergehen, dann...", sie stockte kurz, "dann bin ich bereit, das zu tun." Arthur sah sie staunend an. "Und du bist dir da ganz sicher?" "Ja, das bin ich. Ich weiß, dass sie mir vertrauen wird. Ich habe keine Hoffnung, dass sie wieder so wird wie früher, eher im Gegenteil. Sie wird von Tag zu Tag grausamer. Aus diesem Grund müssen wir sie stoppen. Also ja, ich tue es. Ich werde euer Informant sein."

Merlin - Die letzte HoffnungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt