Ein Kaffee auf das Widersehen

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Wenig später kehre ich in mein Hotelzimmer, das ich mir für die Zeit des Bewerbungsgesprächs gebucht habe, zurück. Das Zimmer ist klein und die Einrichtung besteht lediglich aus einem Bett, einem Nachttisch, einem kleinen Schrank, in welchem ich meine wenigen Klamotten eingeräumt hatte, sowie einem Schreibtisch samt Hocker. Ich beschließe kurz unter die Dusche zu hüpfen und mich frisch zu machen. Während ich aus meinen Kleidern steige, höre ich mein Handy vibrieren. Dan? Ich schüttle den Kopf. Er wird vermutlich erstmal mit seiner Frau und seiner knuffigen Tochter zu Mittag essen. Sicherlich hat er keine Zeit mir jetzt eine Nachricht zu schreiben. Mit diesem Gedanken steige ich in die Dusche und drehe das Wasser auf warm. Ich schließe die Augen und spüre die Tropfen, die sanft auf meine Haut auftreffen, immer wärmer werden. Was für ein schönes Widersehen. Vielleicht können wir wieder Freunde werden. Aber erstmal muss es mit der Stelle klappen. Ich hoffe so sehr, dass ich die Leitung von meinen Qualitäten und letztendlich auch von meinem Charakter überzeugen konnte.

Eine gemütliche Dusche später trete ich aus derkleinen Kabine und ziehe die bereit gelegten Klamotten an. Eine weite Jeans undein schwarzes Top. Ich mag es schlicht. Ich greife nach meinem Handy und lassemich auf die Bettkante sinken. Mit dem Finger wische ich über den Touchscreenund tippe den sechsstelligen Code ein. Eine Nachricht von einer unbekanntenNummer wird in meinem Messanger angezeigt. Vielleicht doch Dan, wage ich zuhoffen. Tatsächlich. Ein Lächeln breitet sich auf meinen Lippen aus. Er fragt,ob ich mit ihm und seiner Tochter heute ins Biscuitters gehen möchte. „Sehrgern.", tippe ich. „Schickst du mir die Adresse?" Kurz darauf brummt mein Handyerneut. Ein Blick auf die Adresse zeigt mir, dass das Café nicht in der gutbefüllten Einkaufsstraße von Lakeview liegt, sondern etwas abseits. „Kann ineiner halben Stunde da sein. Passt das euch?" „Ja." Schnell tippe ich den Namenin Google ein. Den Laden kenne ich tatsächlich nicht. Er muss recht neu sein,sieht aber gemütlich aus.

Fünfundzwanzig Minuten später stehe ich vor einer dunkelgrünen Hausfassade auf der über einer großen Ladentür mit goldenen Lettern der Name „Biscuitters" geschrieben steht. Draußen stehen ein paar Tische und Stühle bereit. Auch wenn das sonnige Wetter, dazu einlädt, auf einem der gemütlich aussehenden Korbstühle Platzt zu nehmen, zieht es mich dennoch nach Drinnen. Sobald ich das kleine Café betrete, bin ich sofort in die Atmosphäre verliebt. Vereinzelt sitzen ein paar Gäste, jung wie alt, auf den blauen Sofas an den dunklen Tischen aus Echtholz. An den Decken hängen verschiedene Lampen, die an dunklen Tagen dem Raum bestimmt einen gemütlichen Touch verleihen. Heute sind die Lampen jedoch aus, da durch die Bodenhohen Fenster, die über die gesamte Ladenfront verlaufen, genug Licht eindringen kann. Lediglich über der navy-blauen Theke brennen Lichter. Lachen und Kaffee-Geruch erfüllen die Luft. Die Wände in heller Steinoptik verfeinern den rustikalen, aber sehr weichen und warmen Lock. Eine junge Kellnerin läuft an mir vorbei und verströmt den Geruch von frisch gebackene, Kuchen. Ob sie hier selbst backen? Ich blicke ihr hinterher. Die Teller, die sie gerade zu einem voll besetzten Tisch bringt, sehen einfach nur zu köstlich aus. Als die Kellnerin zurückkommt, schenkt sie mir ein breites Lächeln. „Kann ich Ihnen helfen?" „Ich brauche einen Tisch für drei. Wo kann ich mich hinsetzen?" „Da wo frei ist." Mit einer großen Geste und einem strahlenden Lächeln zeigt sie einmal um sich herum. „Danke." Schon ist sie an mir vorbei und kümmert sich um die nächsten Gäste. Ich lasse mich am Rand des Gästebereichs auf ein schmales Sofa fallen und sinke prompt ein Stückchen ein. Ich lehne mich zurück und schließe für einen kurzen Moment die Augen. Als ich sie wieder öffne, sehe ich Dan und seine Tochter vor mir stehen. „Ich wusste, dass es dir hier gefällt." „Ja.", kommt es mir leise über die Lippen. Die beiden setzen sich und Dan winkt mit einer höflichen Geste die Bedienung zu uns an den Tisch. Er setzt gerade zum Sprechen an, da blickt er sich noch einmal zu mir um. „Darf ich für dich mit bestellen?" Ich nicke. Kurz darauf verschwindet die junge Frau mit unserer Bestellung und wir bleiben für einen kurzen Moment schweigend zurück. Fieberhaft überlege ich, wie ich die Stille überbrücken kann. Ich blicke zu Anna und sehe ich zu, wie sie zuerst ein Malbuch und dann ein paar Stifte aus ihrer Tasche zieht. „Malst du gern?", frage ich sie in Gebärdensprache. Sie nickt. „Darf ich mal sehen?" Mit einer kleinen Bewegung schiebt sie ihr Heft zu mir herüber. „Das sieht aber schön aus." Fragend blicke ich zu Dan. „Wie gebärde ich nochmal bunt?" Mit beiden Händen beschreibt er mir die Geste. Ich wende mich wieder an Anna und sage ihr, dass ich das Bild schön bunt finde. Sie lächelt, wendet sich aber gleich danach ab, um an ihrem Bild zu malen. „Sie redet nicht fiel.", flüstert mir Dan über den Tisch gebeugt hinzu. „ ." Ich lehne mich ein Stückchen näher, um etwas zu erwidern. Als ich Aufblicke merke ich jedoch, wie nah ich seinem Gesicht gekommen bin. Schuldbewusst zucke ich zurück. Ich muss aufpassen, dass ich nicht zu sehr in Erinnerungen schwelge. Nicht alles ist so wie damals, ermahne ich mich. Zu meinem Glück unterbricht die Bedienung die peinliche Situation und stellt zwei große Kaffees und eine Rhabarberschorle für Anna auf unseren Tisch. „Essen kommt sofort.", zwitschert sie und flitzt in ihrem beschwingten Gang zurück zur Theke. Ich schaue ihr einen Moment hinterher und wende mich dann wieder an Dan. „Ich bin gespannt, was du geordert hast." Die Situation von eben scheint vergessen. Ich nehme einen vorsichtigen Schluck aus meinem dampfenden Kaffee. „Mhh", kommt es mir über die Lippen. „Sehr gut." „Sie rösten noch selbst.", kommentiert Dan. Dann wird auch schon das Essen auf dem Tisch abgestellt. Vor uns steht ein riesiger Teller mit Waffeln, Blaubeeren, Erdbeeren, Sirup, Schokosoße, Sahne und Schokostreusel. „Das sieht ja lecker aus!", rufe ich aus. Auch Anna hebt den Kopf und blickt mit vor Freude strahlendem Gesicht auf den gedeckten Tisch. Vor jedem von uns wird ein Teller und Besteck abgestellt. Mit den Worten „lasst es euch schmecken" wendet sich die junge Frau ab. Ich ziehe mein Handy aus der Hosentasche, um ein Bild von unserem Essen zu schießen. „Das musste sein.", sage ich mit einem entschuldigenden Lächeln. „Dann lasst uns mal beginnen." „Guten Appetit.", sage ich.


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⏰ Letzte Aktualisierung: Oct 06, 2022 ⏰

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