[07. März 2019 12:15 Uhr]
Westwood
Alea
Zitternd stand ich an der Bushaltestelle, deren nasse Sitze aufgrund des durchlöcherten Dachs leider keine Option boten, mich während der Wartezeit wenigstens ein bisschen auszuruhen.
Laut Plan hatte ich noch über zwanzig weitere Minuten hier auszuhalten, bis ich endlich nach Hause fahren könnte.
Ich konnte es einfach nicht fassen, wie mir bereits an meinem allerersten Tag in diesem Höllenkaff soetwas hatte passieren können.
Und wenn mein Neuanfang schon so gestartet hatte, wusste ich ja, worauf ich mich für den Rest des Jahres einstellen durfte.An was für einem verfluchten Ort bin ich bitteschön gelandet, dass es hier überhaupt solche Leute wie dieses arrogante Miststück gibt?
An meiner alten Schule, hätte ich sie dafür fertig gemacht.
Aber ich war nicht mehr dort und vorallem, war ich nicht mehr dieselbe.
Was ein winziger Augenblick alles verändern konnte...
Doch der Unfall hatte den Stein damals nur ins Rollen gebracht. Was daraufhin folgte, war meine eigene, persönliche Hölle gewesen.
Und Sarina...Ich darf nicht mehr daran denken. Ich bin jetzt hier und alles ist anders. Ich muss damit abschließen, ermahne ich mich.
Aber kann ich das wirklich?
Ich komme sowieso nicht mehr dazu, weiter darüber nachzudenken, weil genau in diesem Moment ein Auto an mir vorbeirast.
Dabei fährt es über die riesige Pfütze am Straßenrand, womit sogleich ein gewaltiger Schwall des Wassers zu mir hoch spritzt.Konnte mein Tag überhaupt noch schlimmer werden?
Und ob er das konnte.
Denn, als wolle sich das Universum einen schrecklichen Scherz mit mir erlauben, machte die Protzkarre nun auch noch eine ohrenbetäubende Vollbremsung.
Und aus dem Wagen stieg letztlich mein Pechbringer höchstpersönlich aus, auch bekannt als Ramos der Schreckliche.Ich biss zornig die Zähne zusammen und verschränkte dabei die Arme vor meiner Brust. Der Stoff meines Pullovers klebte mir unangenehm auf der Haut. Außerdem müffelte ich inzwischen nach einer Mischung aus versäuerter Milch mit Erdbeergeschmack und nassem Hund.
Aussehen tat ich bestimmt auch nicht besser, was meinen gerade neu auserkorenen Erzfeind allerdings nicht davon abzuhalten schien, sich mir ein weiteres Mal bis aufs Äußerste zu nähern und mich dabei ausgiebig von oben bis unten abzuscannen."Mitfahrgelegenheit gefällig?", fragte er mit einem dreisten Grinsen.
Ich zog eine Augenbraue in die Höhe und musterte ihn nur abfällig.
"Danke, ich verzichte."Sein sonst so cooles Erscheinungsbild wurde urplötzlich von einem Anflug von Wut verunstaltet.
Sollte ich nicht eigentlich wütend auf ihn sein?, wunderte ich mich innerlich.
Ramos sah das scheinbar anders.
"Ich mag es überhaupt nicht", zischte er, "wenn kleine Mädchen wie du denken, sie wären etwas besseres."
Mein Blick fiel auf seine angespannten Armmuskeln und ich musste zugeben, dass es mich überraschte, ihn mit meinem Verhalten so leicht auf die Palme bringen zu können.
Irgendwie gefiel mir das sogar.Ich setzte ein unschuldiges Lächeln auf und hob beschwichtigend die Hände in die Höhe.
"Das tut mir wirklich leid für dich, Ramos. Vielleicht solltest du aber auch nur verstehen, dass das kleine Mädchen einfach ihre Ruhe haben will."Als die Ader an seinem Hals daraufhin zu pochen begann, musste ich mich wirklich anstrengen, ein Schmunzeln zu unterdrücken. Mein Vater nannte sowas nämlich immer kochendes Blut und gerade jetzt verstand ich mehr denn je, was er damit meinte.
Trotzdem entschloss ich mich dazu, noch einen drauf zu setzen.
"Du bist ja sogar der Grund für meine aktuelle Lage. Schließlich hast du das Anhängsel deines Bruders auf mich gehetzt.""Carla war das?", erkundigte er sich angefressen, wobei sich seine Miene noch verfinsterte.
Er wandte den Kopf in Richtung des Schulgebäudes und für einige Sekunden sah es danach aus, als wolle er dorthin stürmen und sich die Hexe vorknöpfen.
Nicht, dass ich ihm dabei den Weg versperrt hätte, auch wenn ich meine Kämpfe für gewöhnlich lieber alleine austrug.Kurz darauf hatte er sich aber auch schon wieder gefangen und grinste mir stattdessen wieder frech entgegen.
"Ist doch nicht meine Schuld, wenn du zu dumm dafür bist, eine simple Nummer abzulesen. Oder am Straßenrand rumlungerst wie eine billige Hu-"Und zack, hatte meine Handfläche sich mit Schwung auf seine Wange gelegt.
"Was denkst du wer du bist, so mit Frauen reden zu können?", motzte ich ihn an.Er hingegen starrte mich nur fassunglos an.
Seine Hände ballten sich zu Fäusten. Ich kniff indes die Augen zusammen, in Erwartung auf den Gegenschlag, welcher jedoch nie kam.
Stattdessen drang ein Pfeifen an mein Ohr und im nächsten Moment flog ich plötzlich durch die Luft. Orientierungs sah ich mich um, merkte dann allerdings ziemlich schnell, dass dieser eingebildete Mistkerl mich einfach über die Schulter geworfen hatte und nun drauf und dran war, mich ohne mein Einverständnis in sein Auto zu hieven."Lass mich sofort runter!", befahl ich ihm kreischend und schlug dabei mehrfach auf seinen breiten Rücken ein.
Unter mir spürte ich ihn herzlich glucksen.
"Du hast Feuer, Kleine, das gefällt mir", amüsierte er sich.
"Aber du solltest echt aufpassen, dass du damit nicht mal an den Falschen gerätst."Er öffnete die Beifahrertür des Geländewagens und platzierte mich auf dem Sitz. Bevor ich wieder flüchten konnte, hatte er mich bereits angeschnallt.
"Und du bist dann der Richtige oder was?"
Er tätschelte mir die Wange. Wütend schlug ich seine Hand weg, was nur dazu führte, dass sein Lachen sich noch verstärkte.
"Ich schlage keine Frauen", stellte er dennoch todernst klar.
Dann zwinkerte er mir wieder lässig zu. "Und ich glaube, ich bin sogar genau der Richtige für dich."Die Autotür klatschte zu und kurze Zeit später setzte er sich ebenfalls in den Wagen.
"Adresse", forderte er mich nur auf und starte ungeduldig den Motor.Ich schnaubte und setzte mein Augenmerk demonstrativ auf den Festerausblick.
Dann versuchte ich, die Tür aufzustoßen, was mir jedoch misslang.
Kindersicherung? Sein Ernst?
Ich höre ihn genervt ausatmen, rührte mich jedoch keinen Millimeter und hatte auch nicht vor, in nächster Zeit antworten.
Für eine Weile herrschte Stille zwischen uns, welche nur von dem beruhigenden Geräusch der herunterprasselnden Regentropfen durchbrochen wurde, während Ramos den Wagen gekonnt durch die mir unbekannten Straßen lenkte.
Irgendwann rang ich mich dann doch noch dazu durch, ihn wieder anzusehen. Zu meinem Leidwesen erwischte er mich fast sofort dabei, sodass sein Mundwinkel wieder zu zucken begann.
"Wenn du mir nicht sagen willst, wo du wohnst", meinte er grübelnd, "dann fahren wir halt einfach zu mir."
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Save Me
ChickLitAlea war ein unbekümmertes Mädchen. Sie lachte viel, liebte es mit ihren Freunden auf riesigen Partys den Spaß ihres Lebens zu haben und sorgte sich dabei niemals um ihre Zukunft. Bis zu der Zeit, in der ihr Leben plötzlich eine fatale Wendung nahm...