Kapitel 1

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"Miss Adamore! Es reicht! Ich ermahne Sie jetzt schon zum Dritten Mal! Ihre Planung für das Wochenende können Sie noch früh genug machen!" Mrs Cattle, die Lehrerin für Biologie, hatte die Arme gekreuzt und blickte mich gereizt an. Entgeistert erwiderte ich den Blick und nickte zögerlich. Als sie sich endlich von mir abwandte, sah ich zu meiner besten Freundin Lizzy. Ihre strohblonden Lockenhaare umrahmen ihr zierliches Gesicht, aus welchem mir ihre eisblauen Augen frech entgegen schauten. Ich streckte ihr die Zunge entgegen. Jedoch nur so weit, dass nur sie es sehen konnte. Sie verzog ihre vollen Lippen zu einem kecken Lächeln. Wenn ich mir sie anschaue, beneide ich sie immer ein bisschen. Sie ist einfach wunderschön. Man könnte meinen, dass sie fast etwas Übernatürliches an sich hat. Ihre weiße Haut schien in der Wintersonne zu funkeln und als sie sich wieder zur Tafel vorwandte, konnte man ihre perfekte Nase bewundern, die mit Sommersprossen übersäht, war. Ich ließ meinen Blick schweifen und merkte, dass jedes männliche Augenpaar auf Lizzy gerichtet war. Adam, welcher zwei Reihen hinter uns saß, musste sich förmlich zusammennehmen, um nicht anzufangen zu sabbern. Sie warf ihre Haare locker über die Schulter und Adams Mund öffnete sich leicht und etwas Speichel rann vom Mundwinkel Richtung Kinn. Ich musste ein Kichern unterdrücken, als er bemerkte, wie ich ihn beobachtete. Ich grinste innerlich und bewegte meinen Kopf langsam wieder zu Lizzy. Seit den letzten Tagen wirkte sie verändert. Ich wusste nicht wieso, aber es schien, als ob sie mehr strahlen würde. Als ob ihre weiße Haut angefangen hat das helle Licht der Sonne zu reflektieren und zurückzuschicken. So als wären lauter kleine Diamanten auf ihrer Haut. Ich kaute kurz auf meiner Lippe umher und redete mir ein, dass das nur eine Einbildung wäre. Den das wäre Irrsinn. Und dennoch sagte mir irgendetwas in meinem Innern, ein Teil, der sich irgendwie Fremdanfühlt, dass es keine Einbildung ist. Mein Blick schweifte von ihren Augen über ihre Nase und wanderte weiter, bis ich wieder ihre nackte Haut auf ihren Arm ins Visier nahm. Ich konnte es nicht abstreiten, ihre Haut glänzte. So als ob sie meinen Blick spürte, zog sie ihren hochgekrempelten, eisfarbenen Pulli über ihre Arme und stütze ihr Kinn auf ihrer Faust ab. Ich drehte meinen Kopf und blickte zu Mrs Cattle, die gerade irgendwas über die Zellorganellen schwafelt. Ich versank in meinen Gedanken und dachte an morgen. Morgen war Samstag und auch mein achtzehnter Geburtstag. Ich liebe Geburtstage. Ein paar Geschenke und die wichtigsten Menschen kommen einem besuchen. Außerdem kann man sich an diesem Tag mehr Fehler erlauben als sonst und es gibt immer die Lieblingsspeisen. Dieser Gedanke brachte mich zum Lächeln. Geburtstage waren bis jetzt immer etwas großartiges gewesen.

Als endlich Unterrichtsende war, schlenderte Lizzy mit mir nach Hause. Wir bogen um die Ecke und das Empire State Building kam zum Vorschein. Auf einmal war ein Knall zu hören. Lizzy seufzte und verdrehte ihre Augen. "Nicht schon wieder!" Ich folgte ihren Blick und merkte, dass sie einen kleinen fast unmerklichen Spalt fixierte. Ich runzelte die Stirn und schwenkte meinen Blick zwischen den kleinen Spalt und Lizzy. Ich machte einen Schritt Richtung Spalt und ich fühlte so etwas wie einen Sog, der mich immer mehr zum Spalt zog. Ich hörte Lizzy noch irgendetwas sagen doch der Spalt sog mich immer mehr zu sich. Ich wollte ihm näher sein und in den Spalt greifen. Die Neugier trieb mich an und ich bewegte mich Schritt für Schritt zum Spalt. Ich lugte hinein und war überrascht. Es war nicht wie erwartet nur ein kleiner Spalt an einer Hausmauer, wie es viele Tausende gab. Wenn man genau hinblickte, sah man einen Tunnel, der in die Erde hineinführte. Mein Interesse stieg und ich drückte mich näher an die Wand, um besser sehen zu können. Ich wollte wissen, wohin dieser Tunnel führte. Ich vergas alles um mich herum und streckte einen Finger in den Tunnel. Ich wollte ihn berühren, erforschen. Als ich in das Loch griff, spürte ich, wie mir der Boden unter den Füßen weggezogen wurde. Mein Magen dreht sich um und ich schloss meine Augen. Ich spürte einen leichten Luftzug und Gänsehaut, die sich auf meiner Haut bildete. Plötzlich hörte ich einen leisen Knall und ich öffnete wieder die Augen.

Ich rieb mir mein schmerzendes Steißbein, auf dem ich gelandet war. Ich war in einem weißen Raum gelandet. Er wirkte unecht, als wäre es ein Traum. Ich hatte nicht viel Zeit mich umzusehen, denn meine Augen erfassten gleich die vier Kugeln, die in der Mitte des Raumes waren. Sie waren auf vier weißen Säulen positioniert. Eine Kugel hatte in etwa den Durchmesser von 30 cm. In der einen Kugel war eine schwarze Katze mit grünen Augen zu sehen. In der Zweiten war ein Adler mit prächtigem goldenem Schnabel. In der Dritten war ein Rotfuchs. In der Vierten und letzten Kugel war ein Tiger zusehen, der die Zähne fletschte. Meine Neugier übernahm die Oberhand. Ich wollte gerade aufstehen und zu den Kugeln gehen, als ich plötzlich einen leisen Knall neben mir hörte. Mein Blick schwenkte zur Seite und Lizzy erschien neben mir. In ihren Augen glänzte Sorge und Ärger und ihre Lippen waren so fest zusammengepresst, sodass sie nur noch ein weißer Strich waren. "Du solltest nicht hier sein! Das...das ist verboten! Du bist noch nicht achtzehn. Eigentlich sollte es gar nicht möglich sein, dass du hierherkommen kannst" Sie fuhr über ihre Augenbraue. „Wir müssen schnell verschwinden, bevor uns jemand sieht!" Verwirrt blickte ich von ihr zu den Kugeln und wieder zurück Lizzy schnappte meinem Arm und wollte zog mich zur Ecke. Ich protestierte: "Von was redest du? Ich will nicht weg. Es ist niemand hier!" Wut stieg in mir auf, als Lizzy mich ignorierte. Sie sagte kein Wort und zog mich nur weiter. Ich versuchte ihre Hand abzuschütteln, hatte aber keine Chance. Ihre Finger krallten sich förmlich in meine Haut. Ich biss die Zähne zusammen und versuchte stehen zu bleiben. Doch Lizzy zog mich einfach weiter. Sie blieb vor einer Wand stehen, ohne mich loszulassen. Ich beobachtete ihre Finger. Sie steckt ihren linken Zeigefinger in eine kleine Kugel. Ich sah nur noch, wie die Kugel grün aufleuchtet. Dann spürte ich wieder die Schwerelosigkeit und ich schloss die Augen. Einen Moment später stand ich am Gehsteig, genau auf der Stelle wo ich verschwunden war. Ich sah mich um. Mittlerweile war die Sonne weiter Richtung Horizont gesunken und die Luft wirkte kälter. In meinem Kopf herrschte komplettes Chaos. Ich konnte das eben erlebte nicht einordnen und möchte am liebsten wieder zurück. Ich machte den ersten Schritt wieder zum Spalt, als mein Blick zu Liz wanderte, hielt ich inne. Sie saß am Boden und sah mich erschöpft an. "Bitte mach das nie wieder. Es war echt knapp! Wenn die dich erwischt hätten..." Sie spannte den Gedanken nicht fertig und schüttelte nur den Kopf. In ihren Augen lag Sorge und ihre sonst glänzenden blonden Locken wirkten matt. So erschöpft habe ich sie noch nie gesehen. Ich wusste nicht was ich getan hatte und kaute auf meiner Unterlippe umher. Ich setzte mich neben sie auf den kalten Steinboden. Einige Zeit saßen wir schweigend da und lauschten den Motorgeräuschen und Hupsignalen der Autos. Die vielen Leute, die an uns vorbei gingen, beachteten uns nicht. Ich sah in Lizzys Augen. "Was war da unten eigentlich? Warum mussten wir weg?" fragte ich. In meinen Kopf schwirrten zu viele Fragen, um noch länger still zu sitzen. Lizzy hob ihren Kopf. Ihre blauen Augen sahen mich am und sie schüttelt ihren Kopf. "I.... ich darf nichts sagen. Ich würde es dir so gern erklären aber..." Sie seufzte und stütze ihren Kopf mit ihren Händen „Jetzt verstehst du es noch nicht." Ich gab mich noch nicht zufrieden. "Was bedeuten die 4 Kugeln, die im Raum waren?" Liz sah mich noch entgeisterter an. "Eigentlich dürftest du davon gar nichts wissen...also sag ich dir auch nichts!" Ich seufzte und starrte auf den Boden. "Eine letzte Frage... Warum weißt du davon?" Ich sah fest in ihre blauen Augen. Ihre Stimmung änderte sich schlagartig. Ihre Augen weiteten sich und sie saß nun kerzengerade am Gehsteig. Unsicher blickte sie sich um. "Ich bin sozusagen mittendrin in dem." Ich zog eine Augenbraue hoch. "Was meinst du mit 'in dem'?" Lizzy schüttelt wild ihren Kopf, sodass ihre Locken um ihren Kopf flogen. "Ich sage nichts mehr! Und ich möchte darüber nicht mehr sprechen! Ende der Diskussion!" Nach diesen Worten stand Liz auf und blickte auf mich herab. „Deine Eltern machen sich bestimmt sorgen! Gehen wir weiter" Sie steckt mir ihre zierliche Hand entgegen. Ich überlegte kurz, ob ich mich geschlagen geben sollte und kam zu dem Schluss, dass es sowieso keinen Sinn hatte, nachzubohren. Also nahm ich ihre Hand und sie zog mich hoch. Ich wischte den Dreck von meiner Winterjacke und wir setzten unseren Weg fort. Wir redeten noch viel und ich versuchte das Erlebte in den Hinterkopf zu schieben.

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Ich freue mich natürlich über Kommentare und Verbesserungsvorschläge :)

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