Kapitel 1

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„Wow, da hast du dir ja was schönes ausgesucht. Ich mag die Küche.",sagte meine Tante über FaceTime, als ich ihr meine neue und erste Wohnung zeigte.
„Ja finde ich auch. Ich bin auch so froh, dass ich einen Balkon dabei habe. Das war das Günstigste mit Balkon und ohne Schimmel im Bad."
Tante Olive lachte.
Ich überlegte die Frage zu stellen die mir seit ein paar Minuten durch den Kopf geht. Ich musste es wissen.
„Wie geht es Delilah?" Mein Mund war plötzlich staubtrocken. Tante Olives Lächeln wurde etwas weniger und ihr Blick ging nach unten.
„Ich war heute Vormittag dort. Die Pflegerin sagte mir, dass sie in letzter Zeit wieder öfters Albträume hat. Ihr Therapietermin am Montag wurde deswegen erstmal auf Freitag verschoben."
Fuck.
„Hat... hat sie nach mir gefragt?"
Tante Olive schüttelte vorsichtig den Kopf und ich versuchte den schweren Kloß in meinem Hals runterzuschlucken. Das schlechte Gewissen grummelte in meinem Bauch und ich verspürte das Gefühl mich übergeben zu müssen. Hinter meinen Augen kitzelte es verdächtig. Ich blinzelte schnell.
„Was machst du heute noch schönes Liebling?", versuchte meine Tante das Thema zu wechseln. In meinem Kopf rückte alles wieder an seinen Platz. Ich dachte nach.
„Ich treffe mich später mit Madie im Park und danach schau ich mich noch nach einem Job um."
„Aber Grace. Du weißt doch das Elliott und ich dir so viel überweisen wie du brauchst. Du musst dir keinen Job suchen." Dieses Gespräch hatte ich schon zu oft mit ihr führen müssen. Ich wusste das Tante Olive und Onkel Elliot mir alles geben würden was nötig war um mein neues Leben in London unbeschwert zu machen. Doch ich wollte auf eigenen Füßen stehen.
„Ich brauche das Geld nicht und das weißt du. Ich will mir das alles selber aufbauen. Ihr habt bei der Wohnung doch sowieso schon dazugezahlt. Aber ich weiß eure Hilfe zu schätzen."
Das zauberte Tante Olive ein kleines Lächeln auf ihre mit Lippenstift angemalten Lippen.
„Ich liebe dich Grace."
„Ich dich auch. Ich ruf bald nochmal an. Eventuell morgen."
„Super ich freu mich und ich wünsche dir ganz viel Glück, das du einen passenden Job findest." Sie schickte mir einen Luftkuss durch das Handy.
Ich bedankte mich und schickte einen Luftkuss zurück. Dann legte sie auf.
Still war es nun, in meiner neuen Fünfzig Quadratmeter Wohnung. Für mich reichte das komplett aus.
Als Ich auf Wohnungssuche war hab ich lange gesucht, viele Absagen kassiert oder die Wohnung war dann doch ganz anders als auf den Bildern. Von Löchern in der Wand bis hin zu Schimmel in allmöglichen Räumen, war meine Jetzige perfekt.
Wenn man rein kam war links eine kleine Garderobe und daneben eine Tür die zum Badezimmer führte. Gegenüber dem Bad war die offene Küche. Sie war in keinem expliziten Raum. Man ging in eine Art Rechteck wo dann links und rechts Herd, Waschbecken und Ablagen platziert waren. Über dem Herd und den Ablagen war ein Fenster sodass man ins Wohnzimmer sehen konnte.
Das Ganze war halt eine Küche die eingerahmt war. Davor konnte man sich noch auf höhere Stühle setzen.
Im Wohnzimmer hatte ich schon angefangen einzurichten. Pflanzen, Kerzen und Bücher standen schon. Die Möbel hatte ich gestern noch mit Tante Olive und Onkel Elliott hineingebracht. Nun musste ich sie nur noch an die richtige Stelle schieben.
Ich switchte von WhatsApp zu Spotify und öffnete meine Taylor Swift Playlist. Ich drückte auf Shuffle und You're on your own kid von Taylor Swift fing an durch das Zimmer zu hallte. Das war ein Zeichen das ich hier auf jeden Fall noch Teppiche auslegen musste.

Während ich weiter meine restlichen Kantons auspacke und lautstark mitsang vergas ich völlig die Zeit. Irgendwann sah ich auf mein Handy und erschrak direkt. Verdammt es war schon 15:30 und mit Madie wollte ich mich eigentlich schon um 15:15 treffen. Erst jetzt nahm ich auch die verpassten Anrufe von ihr wahr. Fuck.
Sofort sprang ich auf, schnappte mir meinen dunkelgrünen Mantel sowie meine schwarzen Stiefel und stürmte aus der Tür. In Lichtgeschwindigkeit schloss ich die Tür und wollte gerade losrennen als ich an meinen Haaren zurückgezogen wurde. Ich schrie einen kurzen spitzen Schrei aus, dann drehte ich mich langsam um.
Mein Blick folgte einer langen glatten kupferroten Strähne. Sie hang in der Luft bis ich mein Problem sichtete. Meine Strähne verschwand in der Tür.
Ich habe mir doch jetzt nicht gerade ernsthaft meine Haare in der Tür eingezwickt?
Genervt seufzte ich auf und versuchte irgendwie an meine Tasche ranzukommen die ich vor Schreck fallengelassen hatte. Leider konnte ich mich nicht bücken außer ich will mir meine Strähne abreißen.
Glücklicherweise kam ich mit meinem Fuß in die Schlaufe und zog sie hoch.
Eilig suchte ich nach meinem Schlüssel.
„Verdammte Scheiße wo bist du?" Ich wühlte, doch ich fand nichts. „Das kann doch nicht wahr sein.",murmelte ich. Ich musste den Schlüssel drinnen liegen gelassen haben. Solche Dinge passieren mir ständig wenn ich im Stress bin. Doch jetzt? Was mach ich jetzt?
Ich wusste zwar, dass hier auch der Besitzer der ganzen Wohnungen wohnte doch seine Wohnung war ganz unten im Erdgeschoss und ich war ich verdammten sechsten Stock!
Ich betrachtete meine Strähne die ganz unschuldig immer noch in der Tür steckte.
Frustriert seufzte ich auf. Vorsichtig versuchte ich sie aus der Tür zu ziehen, leider war sie gut zehn Zentimeter im Türspalt verschwunden. Rausziehen funktionierte also auch nicht.
Wie aus dem nichts fällt mir wieder ein wo ich hinmusste und das Madie schon seit einer guten halben Stunde wartete. Schwitzend kramte ich in meiner Manteltasche und fand mein Handy.
So schnell wie ich konnte suchte ich Madies Kontakt und rief an. Keine Ahnung warum ich das nicht längst gemacht habe.
Nicht mal bis zum ersten Klingeln musste ich warten. Madie nahm sofort ab.
„OH MEIN GOTT GRACE! WO BLEIBST DU? WEISST DU WIE KALT ES HIER AUF DER BANK IST? ICH GLAUBE NICHT! WO ZUM HENKER STECKST DU?!",schrie meine beste Freundin sofort los. Kurz musste ich meine Handy vom Ohr weghalten, weil sie so laut schrie.
„Es tut mir so so Leid! Lass mich schnell erklären." Am anderen Ende war ein genervtes Seufzen zu hören.
„Ich höre."
„Naja also. Ich wollte eigentlich schon vor einer Viertelstunde los, Ja ich war spät dran, weil ich während dem Dekorieren vollkommen die Zeit vergessen habe und dann hab ich mich voll beeilt, aber als ich aus der Tür rannte hab ich erstens meinen Schlüssel vergessen und..." Ich atmete kurz durch. „Dann ist einer meiner Strähnen in der Tür hängen geblieben. So knappe zehn Zentimeter. Und jetzt... hänge ich hier wortwörtlich fest."
Stille. Niemand sagte was, doch im nächsten Moment lachte Madie so laut los, dass ich zusammenzuckte.
„Nicht. Lustig!"
„Oh doch! Wie kann man so dumm sein? Aber ich versteh schon. Sag mir deine Straße und ich komm schnell vorbei."
Erleichterung durchflutetet meinen Körper.
„Danke! Bitte beeil dich, meine Füße tun schon langsam weh."
Sie lachte wieder und ich gab ihr meine Straße und Hausnummer. Dann legten wir auf und versprach davor noch sich zu beeilen. Das könnte trotzdem sowieso gute 20 Minuten dauern. Ich konnte mich ja nicht mal hinsetzten.
Madie war schon als wir Kinder waren keine Spezialisten in Straßen und Nummern merken gewesen. Deshalb musste ich ihr sie immer aufschreiben. Früher. Kurz schwan ich in Erinnerungen, doch ich riss mich wieder raus.
Frustriert lehnte ich mich an meinen Türrahmen an und schloss die Augen.

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⏰ Letzte Aktualisierung: May 30, 2023 ⏰

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