Die Sonne lachte durch die Vorhänge, der Himmel war strahlendblau und die ersten Vögel begannen zu singen. Laurell zog die Bettdecke über den Kopf und blendete es aus. Zusammen mit dem nervigen Piepen des Monitors. Sie hatte tatsächlich etwas schlafen können, nachdem ihre schnarchende Zimmernachbarin entlassen worden war. Grade als der wohltuende Schlaf sich um Laurell Geist legte, klopfte es. "Guten Morgen!" flötete eine viel zu gut gelaunte Pflegerin und Laurell lugte unter der Bettdecke hervor. "Gut geschlafen?" Ein kalter Windhauch erwischte Laurell kalt, da ein Fuß nicht ubter der Decke war. "Ja... soweit." nuschelte sie und setzte sich auf. Frühstück gab es zusammen mit ein paar Schmerztabletten.
Die Ärzte hatten sich um Laurells Bett versammelt und strahlten als hätten sie ein Heilmittel gegen Krebs gefunden! Dabei wurde Laurell nur entlassen. Nach fast 6 Wochen wurde es auch Zeit dafür. Blöder Unfall. Scheiss Alkoholiker hinterm Steuer! Laurell beantwortete die Fragen routiniert, gelangweilt und war froh als man ihr den Entlassbrief aushändigte. Ihr Bein sah immer noch aus wie der Weihnachtsbraten, lauter Nähte. Aber immerhin war nichts gebrochen. Sie humpelte auf ihren Krücken ins Badezimmer.
Der Ansatz war viel zu weit rausgewachsen, das rot vermischte sich mit einem aschblond. Sie hatte tiefe Ringe unter den Augen. Die Schnittwunden im Gesicht waren sehr gut verheilt. Die blassen, grauen Augen wirkten gerade zu farblos. Sie wusch sich das Gesicht,putzte Zähne und warf einen Blick auf ihr Handy.
"Ich hol dich ab." Boris würde sie also holen. Laurell seufzte erleichtert auf. Dann würde ihr der tieftraurige Blick voller Sorge aus den Augen ihrer Eltern erstmal erspart bleiben. "Ich pack meine Sachen, darf in ner Stunde raus." antwortete sie, dann packte sie. Klamotten, Knabberkram und Scratchy, ihr Kuscheleichhörnchen. Dann noch ihr Ladekabel und Kleinkram, es passte alles in den kleinen Koffer. Den hatte ironischerweise auch Boris vorbeigebracht. Laurell hatte niemanden sehen wollen. Boris kam damit besser klar als ihre Eltern. Nichtsdestotrotz hatten alle zusammen während der OP drausen gewartet. Gesehen hatte sie niemanden, auch wenn alle kurz bei ihr gewesen war, als sie aus der OP zurückkam.
Boris lehnte an seinem knallroten Ford und strahlte im Sonnenlicht. Das Licht hing in seinen schwarzen, kurzen Locken, lies seine Sommersprossen leuchten und sein orangenes Shirt hellte alles auf. Nur biss es sich furchtbar mit dem rot srines Autos! Aber er trug orange, ihre Lieblingsfarbe. "Wie sehr wollte Basti dir dafür den Kopf abreisen?" begrüßte Laurell ihn mit einem schwachen Grinsen. Boris zuckte mit den Schultern. "Keine Ahnung, er wohnt nicht mehr bei mir. Aber das erzähl ich dir später." Gut, diese Info hatte sie noch nicht gehabt! Etwas ungelenk manövrierte sich Laurell und die Krücken in das Auto. Boris schloss die Tür und setzte sich hinters Steuer.
"Basti ist anfang des Monats zurück nach Frankfurt. Ihm war alles zu viel und zu anstrengend." Klärte Boris sie auf und Laurell nickte mechanisch. "Verstehe... Is schon scheisse wenn die Ex nach der Trennung über den Haufen gefahren wird." ihre Stimme klang bitter. Boris rückte die Sonnenbrille zurecht. "Wenn du mich fragst ist es höchstens Scheisse sich dann einfach zu verpissen. Aber mach dir nichts draus, ich hab mein Wohnzimmer wieder." Er grinste bestechend, denn das hieß Bingewatching. Basti hatte sich immer aufgeregt wenn Boris seine Serien durchsuchtete, begleitet von diversen Snacks, in gewisser Lautstärke. "Glaubst du echt? Vielleicht Zieh ich ja als Pflegefall bei dir ein." entgegnete Laurell grinsend. "Das will ich sehen wie du Gurke in den 5. Stock ohne Fahrstuhl kommst." konterte Boris lachend und bog ab.
Er fuhr einen Umweg, damit sie nicht die Unfallstelle erreichten. Das war klug und rücksichtsvoll. Laurell atmete durch und lies den Blick schweifen. Es war ordentlich was los heute, kein Wunder es war der letzte Ferientag. "War doch eigentlich fast perfekt, die ganzen 6 Wochen Ferien abgepasst." meinte er und sie lachte. "Blöd das ich nur 30 Urlaubstage habe. Aber zum Glück nimmt der Betrieb das cool." "Wäre ja noch schöner?! Was hättest du tun sollen? Du warst auf Morphin, hattest mit so viel Scheiss in der Psychr zu kämpfen und dann arbeiten? Vergiss es." Laurell nickte und ihre Augen funkelten glücklich, als ihr Wohnblock in Sicht kam.
Erster Stock, Einzimmer Apartment mit Balkon und sogar einer Badewanne! Jemand hatte geputzt und aufgeräumt und ihren Kühlschrank gefüllt. "Deine Mom." antwortete Boris schmunzelnd und stellte ihre Tasche auf die Waschmaschine im Bad. "Ja, die Lasange sieht ganz nach ihr aus." erwiderte Laurell schmunzelnd und lies sich auf ihr Sofa sinken. Boris betrachtete sie aus seinen grünen Augen und legte den Kopf in den Türrahmen. Laurell senkte den Blick auf die Hände in ihrem Schoss. "Danke... für alles." sagte sie und hakte die Zeigefinger ineinander. Sie hatte Boris so verdammt viel zu verdanken. Er hatte sie aus dem Wrack gezogen, den Notruf verständigt und sie im Arm gehalten, bis die Sanitäter übernommen hatten.
Sie blinzte die Tränen weg und hob den Kopf. "Warum hast du es Ihnen nicht gesagt?" fragte sie mit brüchiger Stimme. Boris setzte sich neben sie. "Damit sich deine Eltern noch mehr Sorgen machen? Nein, es ist besser so. Das... du dich noch dran erinnerst ist grad alles." erklärte er und Laurell blickte auf seinen rechten Arm. Er war vollständig tätowiert mit einem sehr aufwendigem Tribaltattoo und runenartigen Symbolen. "Als ob ich den starken Arm vergessen könnte." entgegnete sie und wischte sich über die Nase. Kurz zögerte Boris, aber dann nahm er sie in den Arm und drückte sie sanft an sich. Es war eine warme, liebevolle Umarmung. Diese Art von Umarmung bei welcher man einfach losheult.
Boris hob sein Gesicht aus ihrem Haar, strich ihr sanft lose Strähnen hinters Ohr und lächelte. Laurell schniefte und schmiegte ihre Wange in seine große Hand. "Keine Sorge, wir schieben da darauf, das du deine Schmerzmittel noch nehmen musst." erklärte er und sie lachte auf. "Sehr gut, das wäre ja noch schöner! Als ob ich vor dir heulen würde!" gab sie zurück und war froh ungeschminkt zu sein, das hätte sein Shirt ruiniert. Sie atmete durch und zupfte Taschentücher aus der Box auf der Fensterbank. "Tee?" wote Boris wissen, während er vereits aufstand und den Wasserkocher einschaltete. "Kirsche ist noch da." Laurell nickte wieder. "Alles, nur kein Kamille oder Pfefferminz!"
Sogar Schokokekse hatte Boris aufgetrieben. Laurell hatte sich die orangene Häkeldecke ihrer Oma über die Beine gelegt und hielt die Tasse zwischen den Händen. Boris saß auf dem überdimensionierten Furzkissen, wie er es so schön nannte ubd war dabei trotzdem noch fast auf Augenhöhe. Eine zeitlang schwiegen sie, aßen Kekse und tranken Tee. Schließlich brach Laurell die Stille. "Wie konntest du so schnell da sein? Ich mein du warst nicht mal in der Wohnung als er mit mir Schluss gemacht hat. Das Fitnesstudio is auch in die andere Richtung gewesen." sie blickte ihn eindringlich an. "Glück? Ich bin n Umweg gelaufen, wegen einer Baustelle. Und dann hab ich deinen Rotschopf gesehen. Der Uberfahrer war total von der Rolle gewesen. Da hab ich dich rausgezogen. Bis auf Glassplitter hattest du ja Glück und warst nicht eingeklemmt oder so." Er nahm einen großen Schluck aus seiner Tasse. "Glück und Zufall... du willst mir weiss machen das ich Glück in all diesem Unglück hatte?" fragte Laurell ungläubig weiter. Etwas ratlos schaute Boris zurück. "Naja... vielleicht hatte auch ich Glück? Stell dir mal vor du wärst nicht rausgekommen oder schlimmeres. Dann säße ich jetzt ohne dich rum." Sie verzog das Gesicht. "Ja stimmt, das könnte ich dir auch wieder nicht zu muten!" Er nickte bestätigend. "6 Wochen waren schon ätzend genug. Ein "nie wieder" kommt da ganz sicher nicht so schnell in Frage."

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Ein Hauch von Leben
Fantasy"Das Leben ist grausam, voller Verlust, Schmerz und Leid. Viel zu selten erlauben wir uns einfach glücklich zu sein. Erlaubst du dir einfach glücklich zu sein." Boris Worte trafen ins Schwarze, Laurell weinte, als sie ihre Lippen auf seine drückte...