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"Ist das Boris Trainingstasche?!" Das diebische und breite Grinsen stand Bell so gar nicht an diesem Morgen. Laurell schob die Trainingstasche mit dem Fuß aus Bells Sichtfeld. "Motivationshilfe. Da er eh herkommt kann ich ihm die Tasche in den Arm drücken und ihn zum Training scheuchen." erklärte Laurell und stellte die Teekanne auf den Esstisch. Ihre Freundin und Klassenkameradin setzte sich, noch immer grinsend hin. "Oh das wäre ja auch zu schön gewesen, wenn er tatsächlich hier geschlafen hätte!" ärgerte sie sich und schaufelte Zucker in ihren Tee. Ihre braunen, kurzen Haare im Pixielook hatte sie mit zwei Spangen festgeklemmt. Heute waren es ein schwarzes und ein weißes Karo, zusammen mit einem passenden Schachbrett Shirt über einem schwarzen Wolkleid, Kniestrümpfe und sowohl ein schwarzer und weißer Chuck. Kurz überlegte Laurell, entschied sich aber dagegen Bell darüber aufzuklären, dass Boris tatsächlich heute Nacht hier geschlafen hatte.

Es war fast wieder ein Stück Normalität mit Bell zu Frühstücken. Sie hatte Croissants mitgebracht, welche mit der frischen Kirschmarmelade von Laurells Mutter noch besser schmeckten. "Ich bin nur froh das es dir gut geht Lauri! Ohne dich wäre die Schule grauenhaft. Gut Morgen werde ich irgendwie überleben, aber Hauptsache du bist wieder fit." erklärte Bell zufrieden und lies damit das Boris Thema fallen. "Ihr tut ja alle so als wäre ich beinahe wichtig." gab Laurell etwas sarkastischer und bitterer zurück als beabsichtigt. "Natürlich bist du das!" empörte sich Bell und bedrohte ihre Freundin mit dem angebissendn Croissant. "Mir, Boris, deiner Familie bist du unglaublich wichtig. Wer was anderes behauptet lügt eiskalt. Oder liegts an Basti? Der ist übern Rhein geflohen, vergiss ihn." Energisch biss sie in ihr Croissant. Laurell nickte lächelnd. "Ich versuchs."

Nach dem Frühstück half Bell beim abspülen, damit Laurell nicht so viel stehen musste. Auch wenn die Wunden sehr gut heilten, tat es immer noch weh zu lang auf den geschubdenen Beinen zu stehen. Bell legte das Handtuch weg und stemmte die Hände in die Hüften. "Da du ja jetzt erstmal nicht ins Studio kommst, soll ich dir meine Yogamatte bringen? Dann kannst du hier ein paar Übungen machen." schlug sie vor und Laurell lachte. "Na von mir aus, auch wenn ich schon gern trainieren würde. Aber erst müssen die Fäden weg, damit nichts aufreist oder so." willigte sie ein.

Doch bevor Bell noch auf irgendwelche sportlicheren Ideen kam, startete Laurell den Fernseher. Immerhin hatte sie 6 Wochen ihrer Shoppingserie verpasst! Bell hatte aus Solidarität nicht mitgeschaut. So konnten sie nun gemeinsam den neusten Modeschrei und Aufschrei beobachten. Es fühlte sich alles wirklich fast Normal an. Und doch war für Laurell alles anders. Sie kuschelte sich in die orangene Decke und an Bells Schulter. Es wurde Zeit das sie mal azs dem "B-Komplex" herauskam. Boris, Basti, Bell. Na wobei Basti war ja schon weg. Ein leises Seufzen entwich ihren Lippen. "Stimm ich dir zu! Aubergine ist echt keine Farbe für die Frau!" schimpfte Bell und schob sich ein Stück Schokolade in den Mund.

"Wenn du noch mehr brauchst als die Yogamatte, gibst du mir Bescheid, ja?" verabschiedete Bell sich am Mittag und drückte Laurell nochmal. Laurell humpelte zum Balkon, um ihr zu winken als sie zur Straßenbahn hinüber lief. Endlich etwas Ruhe. Auch wenn sie ihre Freunde echt lieb hatte, Ruhe war was tolles. Sie kuschelte sich zurück aufs Sofa, zog die Decke bis zur Nasenspitze und grinste. Sie roch noch nach Boris. Nach diesem herrlichen, herbsüßlichen Geruch der Laurell ein bisschen an Weihnachten erinnerte. Boris war großartig. Und jetzt hatte er auch noch Heldenstatus! Sie seufzte zufrieden.

Er ist dein bester Freund! Außerdem bist du frisch getrennt!   Schimpfte eine Stimme azs Laurell Hinterkopf. So frisch war das jetzt auch wieder nicht. Außerdem hatte Basti sie verlassen und obendrein die Stadt. Da durfte sie doch wohl auch glücklich sein. Glücklich? Mit einem Kerl der deinem Ex so nah stand? Laure brummte frustriert auf! Sie stopfte sich Kopfhörer in die Ohren und versuchte mit Musik die Stimme zum schweigen zu bringen. Sie hatte genug Probleme. Aber so ein kleines bisschen Freude? Sie musste Boris ja nicht gleich auf die Nase binden wie toll er war.

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