Kapitel 23

41 16 22
                                    

„Er ist dir auf der Spur!" Sind die ersten Wörter, die ich nach dem Abheben höre. Habe ich mich verhört? Ich muss mich verhört haben!

„Was?"

„Hast du mir nicht zugehört? Er ist dir auf der Spur!" So aufgeregt habe ich Em schon lange nicht mehr gehört. Ihr Gemütszustand färbt augenblicklich auf mich ab.

„Wie kann das sein? Wir waren doch so vorsichtig! Ihr habt mich bis jetzt ja noch nicht mal besucht." Ich kann es mir nicht erklären. Emelia und Mike haben alles so gut geplant und ich habe mich ruhig verhalten, damit ich nicht auffalle. Keiner hier weiß, wer ich wirklich bin.

„Ich kann es dir nicht genau sagen. Unser Detektiv hat herausbekommen, dass der andere eine Spur verfolgt. Sie wissen, dass dir jemand geholfen hat, aber sie wissen nicht, dass wir es waren." Während dem Telefonat laufe ich stetig denselben Weg durchs Wohnzimmer, da meine innere Unruhe mich nicht stillhalten lässt. „Ich melde mich wieder, wenn ich neue Informationen habe. Ich habe dich lieb. Pass auf dich auf."

„Ich hab dich auch lieb." Schon hat sie aufgelegt. Mit der Hand an der Hüfte und dem Handy immer wieder leicht gegen meine Lippen schlagend, laufe ich weiter meine Runden. Ich bin so sehr in meine Gedanken vertieft, dass mir noch nicht mal auffällt, wie unruhig ich Akira mit meinem Verhalten mache.

Waren wir wirklich so unvorsichtig? Wir haben doch alles geplant, uns extra verkleidet, mit Kleidung, die wir niemals privat tragen würden, hatten Caps und Hüte auf, haben darauf geachtet nicht in eine einzige Kamera zu sehen. Am Flughafen war auch nur mein neuer Name existent, darüber dürften sie mich also auch nicht finden. Es sei denn, sie wissen doch, wer mir geholfen hat und haben darüber Informationen über mich und meinen Aufenthaltsort gefunden.

Dann wird es wohl nicht mehr lange dauern, bis er vor meiner Tür steht. Oder er lauert mir auf, wie in meinem Traum. Wie soll das jetzt mit der Arbeit funktionieren? Wie soll ich mit Akira rausgehen? Ich kann doch nicht nur noch in Begleitung raus. Wie soll ich das erklären?

Ich muss jetzt erst einmal zusehen, dass ich hier drin sicher bin und mich verteidigen kann. Als Erstes überprüfe ich die Sicherheitsschlösser an der Tür, die in weiser Voraussicht Em und Mike schon angebracht hatten. Sie sitzen immer noch bombenfest. Als Nächstes überlege ich, was ich mit den Fenstern machen kann, damit er darüber nicht so leicht rein kann. Mir kommt die Idee, Gitter zu kaufen und sie von innen zu verschrauben. Aber wie soll ich das erklären, wenn mich jemand besucht? Und wenn ich sie über Tage abmache? Ich könnte sie im Kämmerchen aufbewahren und abends wieder anbringen. Nein, das ist eine schlechte Idee. Ich will ja nicht in einem Gefängnis leben. Es muss einfach reichen, wenn ich auch die Fenster mit einem extra Schloss sichere, damit man sie nicht so leicht auf bekommt.

Ich messe also die Fenster aus und fahre zum nächsten Baumarkt. Durch die Gänge laufend, halte ich Ausschau nach dem Richtigen. Da ich mich aber bei der großen Auswahl schwertue, das Richtige zu finden, frage ich einen Verkäufer, der mir freundlich zur Seite steht und hilft das passende rauszusuchen. Er erklärt mir auch noch, wie ich es am besten anbringe.

Mit einem Bohrer und Schrauber bewaffnet fahre ich nach Hause und nutze den restlichen Tag damit, alles so gut es geht anzubringen. Nachdem ich vom Spaziergang wiederkomme, gehe ich noch am Schuppen vorbei, nehme die Axt mit ins Haus und stelle sie neben mein Bett.

Der soll ruhig herkommen, ist der letzte Gedanke, der durch mein Bewusstsein fliegt, bevor ich mich ins Land der Träume verabschiede.

Ein Zucken, der durch meinen ganzen Körper fährt, weckt mich nach kurzer Zeit. Ich spüre mein heftig pochendes Herz bis zu meinem Hals schlagen. Was war das für ein Geräusch? Mein Blick schweift durchs Zimmer. Hier ist nichts Ungewöhnliches zu sehen. Selbst Akira schläft ruhig neben mir. Sicher, dass ich was gehört habe, stehe ich ganz langsam auf. Ganz flach atmend, darauf bedacht, keine Geräusche zu machen, stehe ich einige Sekunden da und versuche durch den Wind hindurch etwas zu hören. Erneut zucke ich wie vom Blitz getroffen zusammen. Da war wieder das Geräusch, eine Art klirren. Mittlerweile ist auch mein Hund wach geworden und sieht mich mit schiefem Kopf an. Am ganzen Körper zitternd, lege meinen Zeigefinger an den Mund, um ihr anzuzeigen still zu sein. Wie in Zeitlupe greife ich nach der Axt und umgreife den Stiel so fest ich kann.

Ich zeige Akira an, dass sie auf dem Bett liegen bleiben soll, aus Angst sie könnte verraten, wo ich gerade bin. Auf Zehenspitzen bewege ich mich zur Tür und öffne sie leise ein Stück weit. Bevor ich hindurchschlüpfe, sehe ich mich im davorliegenden Raum um. Alles scheint wie immer zu sein. Leise setze ich einen Fuß vor den anderen. Abrupt bleibe ich stehe, als wieder das Geräusch zu hören ist, dieses Mal lauter als zuvor. Er ist hier. Er ist hier, ist das einzige, was ich noch denken kann. Für einen kurzen Moment kommt mir in den Sinn, dass ich die Axt weglege und einfach auf mich zukommen lasse, was immer auch passieren wird. Ich habe eh keine Chance gegen ihn. Aber dann kommt doch wieder mein Kampfgeist vor. Wieso zum Teufel bin ich dann geflüchtet und habe mir hier mein Leben wieder erkämpft, wenn ich dann doch kampflos aufgebe? Fest entschlossen umgreife ich die Axt wieder fester und schleiche weiter, in die Richtung, aus der dieses klirren kam. Ich nähere mich immer weiter dem großen Wohnzimmerfenster. Innerlich zum Zerreißen angespannt bleibe ich stehen und konzentriere mich, in der Dunkelheit etwas zu erkennen.

Ein lauter Schrei entfährt mir, als mich etwas berührt.


Hope und der Weg in die FreiheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt