Zwei Drinks und drei Tänze später saß ich mürrisch auf einem Sofa, nah angelegen an der Tanzfläche, falls ich Blair doch irgendwie aus dem Schlamassel ziehen musste.Oder eher gesagt all meine Freunde.
Denn Abigail und Isa tanzen pünktlich um null Uhr nun auch völlig betrunken auf der Tanzfläche. Eben hatte ich mich noch mit ihnen begnügt, dann aber beschlossen, dass jemand von uns wenigstens ein bisschen ausnüchtern sollte.Außerdem gehen die Typen, die einen pausenlos von hinten antanzen, tierisch auf die Nerven. Mir ist es immer noch ein großes Rätsel, wie man so Notgeil sein kann. Ich meine, ein Gespräch zum kennenlernen hat noch keiner Seele geschadet.
Und da niemand hier sich durch den ersten Blick als mein Seelengefährte erweist, und ich sofort mit diesem schlafen sollte, belasse ich es lieber bei meiner Rolle des alkoholischen Abklangs.
„Warum tanzt du nicht", ergreift jemand neben mir das Wort und kurz danach gibt das Sofa stark unter dem Gewicht der Person nach.
Langsam lasse ich meine Augen in das unbekannte Gesicht wandern, das leider viel zu schnell wieder bekannt wirkt. Ein Zeichen, dass der Alkohol doch zu schnell nachlässt.
„Hmm."„Rede mit mir Aislinn, ich langweile mich, diese Art von Partys sind doch immer gleich", meckert Louis wie ein Schulkind und zieht die Unterlippe bittend nach vorne.
Stöhnend rieb ich mir die Stirn und ließ mich unbeteiligt nach hinten ins Sofa fallen, in der Hoffnung, dass es mich einfach verschluckt.
„Ist das nicht genau dein Ding? Frauen, Alkohol, Sex?"„Das denkst du von mir?", fragt Louis belustigt, in seiner Stimme liegt aber ebenfalls ein Hauch von Enttäuschung.
„Das denken alle von dir", erkläre ich gleichgültig und ziehe die Knie an.
„Weil sie mich nicht kennen, es sind Gerüchte", kommt es ernst aus seinem Mund und ich beobachte, wie sich seine Augenbrauen grübelnd zusammenziehen. Süß.
„Wenn du meinst", gebe ich schulterzuckend zurück. Mir ist gerade wirklich nicht danach zu mute ein Gespräch zu führen.
„Ich habe bisher vier Frauen gefickt, verstehst du darunter das Image eines Fuckboys?", erläuterte Louis mir meiner Meinung nach etwas zu detailgetreu.
Er sah mir unentwegt in die Augen, bis ich vor Scham meinen Blick abwenden musste. Es gefiel mir nicht, dass er diese Informationen so offen verteilte, es gefiel mir nicht, dass es mir etwas ausmachte.
„Wie oft du Frauen schon anderweitig befriedigt hast zählt wohl nicht", sprach ich meine Gedanken, wegen des verfluchten Alkohols zu laut aus.
Er schwieg. Louis schwieg wahrhaftig ertappt.
Eine unangenehme Stille bereitete sich trotz der lauten Partygäste über uns aus.
Ich malte kleine Kreise auf den Stoff des Sofas, immer und immer wieder. Ich spürte den Blick von Louis auf meinen Fingern und wartete nur darauf, dass er sich abwendet und geht.
Aber nichts dergleichen geschah.„Du hast recht. Es waren einige, aber machst du mir das zum Vorwurf?", entgegnete er beiläufig nach geraumer Zeit.
Ich sah auf und seine tief braunen Augen nahmen meine schneller als gewollt in Empfang. Gefesselt von ihnen brachte ich nur ein kurzes Kopfschütteln zu Stande, was nicht einmal meine Meinung vertrat.
Seine Lippen bewegten sich, doch ich hörte nicht mehr zu.
Ich konnte ihn nur noch anstarren und mich verlieren. So fasziniert war ich lange nicht gewesen. Ich stellte mir vor wie ich seine Augen malte, nein, wie ich ihn malen würde.
Begonnen mit diesen winzigen goldenen Sprenkeln, in seinen Augen.Wie von einer Nadel gepickt schreckte ich auf, als Blair begann in ein Mikrofon zu brüllen.
„Hey Party people! Also erstmal..erst..vielen dan...dass ihr da. Wir spielen.."Weiter kam Blair nicht, denn sie übergab sich in die Ecke neben dem Pult. Abigail war schneller als ich und ist gekommen um meiner besten Freundin die Haare aus dem Gesicht zu halten.
Ich sprang auf, darauf angelehnt mich möglichst weit von Louis zu entfernen. Mein Gewissen redete mir doch ein, dass ich es einzig und allein tat, um Blair ebenfalls beizustehen.
Weit kam ich aber nicht, denn die Leute türmten sich nun vor der Soundanlage, vor der jetzt anstatt Blair, ein blondhaariges Mädchen mit knappem Rock stand.
Sie setze das Mikrofon an ihren Mund und sprach deutlich gefasster : „Wer Bock hat seven minutes in heaven zu spielen kommt in die Mitte der Scheune."
Völlig überfordert werfe ich einen Blick zu Abigail, die Blair jetzt anscheinend wieder los ist, aber genauso verwirrt guckt wie ich.
Warum übernimmt eine Außenstehende den Abend?„Ais! Komm..lass uns da mitspielen, Abigail will nicht", quatscht mich plötzlich die quengelnde Stimme von Blair an.
Wenn die Leute nicht aufhören plötzlich aufzutauchen, werde ich noch irre. Dennoch ist es einfach unmöglich in der Menschenmenge, die sich gerade in einem Kreis sitzend auf dem Boden versammelt, jemanden kommen zu sehen.
„Ich kenne das doch gar nicht", versuche ich mich rauszureden und stützte meine beste Freundin an der Schulter, damit sie aufhört hin und her zu schwanken.
„Ach komm, du lernst es sofort!", lallt sie mir als Antwort entgegen.
„Hmm."
Das scheint wohl für Blair „ja" zu bedeuten, denn sie zieht mich ohne Rücksicht auf Verluste ebenfalls mit in den Kreis und wir lassen uns nebeneinander fallen.
Rechts neben mir sitzt ein Junge mit schwarzen Haaren und Nasenpiercing, er starrt nach vorne, ohne mich zu beachten. Also tue ich es ihm gleich und lasse meinen Blick an den Gesichtern der Leute entlang schweifen, während immer mehr sich setzen.
Wir scheinen um die 50 Leute zu sein, als das blonde Mädchen von vorhin sich mitten in den Kreis stellt. In meinen Ohren hallt laut der Song „The hills" wieder, da noch einige Leute auf der Tanzfläche sind, die keine Lust auf das Spiel hatten.
„Hey Leute, gibt es jemanden der freiwillig anfängt?", brüllt die Blonde gegen die Musik an.
Kurz darauf schossen ein paar Hände nach oben. Anscheinend auch die von Blair, denn bevor ich es wahrnehmen konnte, hatte diese schon die leere Flasche in der Hand und drehte sie ein weites Stück vor sich im Kreis.
Das Spiel hat begonnen.
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seven minutes in heaven
Short StoryEin Tag. Eine Nacht. Ein Schicksal. Diese Kurzgeschichte handelt von einem Mädchen namens Aislinn, dass sich durch den Geburtstag ihrer besten Freundin, der eigentlich einer der schönsten Tage für sie im Jahr war, drastisch verändert. Die unerwart...