|1|Fremder Ball

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Na super. Total verhauen. Ich bin gerade einmal zwei Wochen hier und ich habe noch keine Freunde, meine Englisch Lehrerin mag mich nicht und ich habe eine fünf im Vokabeltest. Läuft ja super.

Schnell stecke ich den Vokabeltest in meinen Hefter und packe zusammen, da es zum Schulende geklingelt hat. Dann sprinte ich auch schon aus dem Klassenraum, damit ich den Bus in meine persönliche Hölle namens Grünwald nicht verpasse, denn in diesem winzigen Dorf indem ich seit drei Wochen lebe, ist die Infrastruktur, entschuldigt für die Wortwahl, beschissen. Auf dem Weg nach draußen rempeln mich so einige Schüler an und drängeln sich vor, so das ich einer der letzten bin die in den Bus kommt.

Nach einer halbstündigen Busfahrt mit lauten Kindern, stinkenden Jugendlichen und einer elendigen Hitze bin ich endlich Zuhause. Ich hasse Menschen, was sehr ironisch ist, wenn man bedenkt, dass ich später mit ihnen arbeiten möchte.

Wer die Schule erfunden hat, sollte gesteinigt werden oder was euch sonst noch so an Foltermethoden einfallen. Jedenfalls muss ich nach diesem anstrengenden Schultag erstmal einen Mittagsschlaf machen.

Vom Klingeln der Haustür werde ich sehr unsanft aus dem Schlaf gerissen, also mache ich mich auf den Weg nach unten, um die Tür zu öffnen und versuche währenddessen meine Haare mit den Fingern zu glätten.

Vor mir erscheinen zwei paar ziemlich breit aussehende Schultern. Ein räuspern lässt mich nach oben gucken in wunderschöne braune Augen. Irgendwie erinnern sie mich an das Fell von meinem Lieblingsteddy. „Hey, sorry dass wir stören, aber sein kleiner Bruder hat unseren Fußball in euren Garten geschossen." sagt er und zeigt dabei auf seinen braunhaarigen Kumpel. „Kein Problem, wenn ihr wollt könnt ihr kurz reinkommen. Ich hole eben den Ball." lächle ich sie freundlich an.

Ich bemühe mich wirklich freundlich rüber zu kommen, ich möchte mir ja nicht direkt Feinde in der Nachbarschaft machen, aber innerlich möchte ich einfach, dass sie verschwinden. Es ist nämlich garnicht so einfach diese Fassade aufrecht zu erhalten. Ich rede mir gerne ein, dass ich am liebsten alleine bin, aber das stimmt nicht. Ich habe einfach nur Angst.

Die beiden treten ein und folgen mir in den Garten, welcher mit vielen bunten Blumen bestückt ist, die ich zum Leid meiner Mutter immer kaputt schoss. Am Rande des Zaunes neben meinem blauen HSV Ball, sehe ich dann auch einen schwarzen Ball, der nicht mir gehört. „Ich tippe mal das ist eurer?" schmunzelte ich und reichte ihn meinem gegenüber.

„Sag mal, kennen wir uns irgendwoher?" fragt der mit den Teddyaugen. „Ehm keine Ahnung. Ich wohne noch nicht so lange hier." entgegne ich, während wir durch das Haus Richtung Haustür gehen. Sein Gesichtsausdruck sieht aus, als würde jetzt eine kleine Glühlampe über seinem Kopf schweben. „Bist du die Neue aus Rabans Klasse? Grünwalder Gymnasium 9a?"
„Ja, die bin ich wohl und du meinst diesen rothaarigen Klassenclown?" darauf bekomme ich nur ein leichtes Nicken. Kurz bevor ich die Haustür schließe, nachdem sie sich bedankt und verabschiedet haben, fängt der blonde nochmal an zu reden: „Vielleicht sehen wir uns ja morgen in der Schule. Ach ich bin übrigens Markus." und mit diesen Worten schließe ich die Tür.

Nachdem ich ein paar Minuten vor der geschlossen Tür stehe, mache ich mich auf den Weg in die Küche, um mir eine Pizza in den Ofen zu schieben. Während ich warte, verlaufe ich mich in den Tiefen meiner Gedanken. Das waren die ersten paar Sätze die ich mit jemandem, außer meiner Mutter, außerhalb des Schulgebäudes geredet habe. Nun ich war nicht gerade begeistert von dem Umzug und das ließ ich auch jeden spüren.

Hätte ich gesagt, dass ich in meinem Heimatort bleiben möchte, wäre meine Mutter dort mit mir geblieben, aber ich glaube, dass ihr ein Neuanfang gut tut. Das ändert aber nichts daran, dass ich hier keine Freunde finde und mein altes Leben vermisse.

Alles ist gut, solange du liebstWo Geschichten leben. Entdecke jetzt