Wir wechseln das Abteil, um uns die Zusammenfassung der Ernten in ganz Panem anzusehen. Als erstes kommt natürlich Distrikt 1, unsere Ernte. Saphira sieht erst recht erfreut aus und lächelt. Doch als ich auf gerufen werde, scheint sie kurz... ja, was? Ich weiß es nicht. Erschrocken? Fassungslos? Am Boden zerstört? Aber es ist nur ein ganz kleiner Moment und schon ist er wieder vorbei. Vielleicht habe ich es mir auch nur eingebildet. Nacheinander sehen wir auch die Ernten der anderen Tributen, hören die Namen und sehen die Gesichter unserer Konkurrenten.
Die beiden Tribute aus Distrikt 2, ein größer, kräftiger Junge und ein großes, muskulöses Mädchen, die sich beide freiwillig gemeldet haben, scheinen ganz gut, als Verbündete zu sein. Ebenso, wie die beiden aus 4, ein großer, dunkelhaariger Junge, der sich auch freiwillig gemeldet hat und ein zierliches Mädchen mit lockigen Haaren.
Die anderen Distrikte ziehen einfach an mir vorbei. Ich bekomme nur mit, dass aus Distrikt 6 ein blindes Mädchen ausgelost wurde und denke mir, dass sie wahrscheinlich mit, als erstes sterben wird. Genauso wie der vielleicht zwölfjährige Junge aus 10 und das Mädchen aus 12, das, als sie zur Bühne gegangen ist, ohnmächtig wird.
„Ich denke, ihr werdet euch, wie immer mit den Tributen aus 2 und 4 verbünden oder?", wendet Cashmere sich an mich und Saphira. „Ja, dass wäre gut, die sehen recht brauchbar aus", meint Gloss. Saphira und ich stimmen zu. Das Karrierobündnis ist eigentlich immer recht nützlich. „Gut, die anderen Tribute sehen nicht wirklich nach Problemen aus", sagt Gloss, „aber unterschätzt trotzdem niemanden." Wir nicken beide. „Am besten geht ihr jetzt ins Bett, morgen wird ein anstrengender Tag", meint Dalia. „Ja, sie hat recht, alles weitere besprechen wir morgen", sagt Cashmere. Saphira und ich stehen auf. Sie will gerade in ihr Abteil verschwinden, da fasse ich einen Entschluss und halte sie am Arm fest. Sie dreht sie zu mir um und zum ersten Mal seid Jahren sehen wir uns wieder richtig in die Augen. Ihre sind so eindringlich blau, dass ich blinzeln muss. „Was ist?", fragt sie und auf einmal kommen alle Erinnerungen und Emotionen, die ich über den Tag ausgeblendet habe, wieder hoch. Vor allem, die Tatsache, dass ich meiner Schwester versprochen habe, dass alles gut wird, löst einen riesen Hass, auf das Kapitol in mir aus. Ich habe Rose versprochen, dass ich alles geben werde, um zu gewinnen, aber wir sind vierundzwanzig und nur einer von uns kommt wieder lebend nach Hause. „Mann, Saphira, wir wurden zusammen für die Hungerspiele ausgewählt und du fragst mich, was los ist", frage ich aufgebracht. „Ja!", antwortet sie trotzig und funkelt mich wütend an. „Wir werden versuchen uns gegenseitig umzubringen, also versuche bloß nicht, irgendwie wieder Kontakt mit mir aufzubauen", sage ich leise, aber bestimmt. Erst jetzt merke ich, dass ich sie immer noch fest halte. Ich lockere meinen Griff etwas und sie reißt los. „Das hatte ich garantiert nicht vor!", faucht sie mich an und knallt mir die Abteiltür vor der Nase zu. „Umso besser", sage ich trotzdem noch und als ich ihr verächtliches Schnauben höre, bin ich mir sicher, dass sie mich noch gehört hat.
Ich gehe in mein Abteil und werfe mich auf mein Bett. Ich weiß nicht, was ich fühlen soll. Erleichterung, weil Saphira mich immer noch hasst und es so einfacher wäre sei umzubringen? Trauer, weil sie mich hasst? Oder Wut, weil sei mich so behandelt hat? Irgendwie fühle ich alles auf einmal und gleichzeitig gar nichts. Ich muss an meine Schwester und meinen Vater denken. Was sie wohl jetzt machen? Sitzt Vater schon betrunken in der Küche und lässt Rose im Stich, oder hält er sich an sein Versprechen? Sitzen die beiden jetzt beim Abendessen und und unterstützen sich gegenseitig? Das hoffe ich zumindest inständig. Ich bin so in Gedanken versunken, dass ich vergesse meine Klamotten auszuziehen und schlafe einfach mit ihnen ein.
Am nächsten Morgen wache ich recht früh auf und einen Moment bleibe ich einfach am Fenster meines Abteils stehen. Draußen ziehen Wälder und Wiesen am Fenster vorbei. Allzu weit kann es zum Kapitol nicht mehr sein. Da ich in meinen Klamotten geschlafen habe, wechsle ich sie und ziehe eine schwarze Jeans und ein grünes T-Shirt an. Dann gehe ich in den Speisesaal. Obwohl noch niemand da ist, steht das Frühstück bereits auf dem Tisch. Ich setzte mich auf meinen Platz und nehme mir ein Brötchen, als Dalia und Cashmere hereinkommen. Während Dalia mir überfreundlich einen guten Morgen wünscht, nickt Cashmere einfach zu und setzt sich ebenfalls. Dalia will gerade wieder umdrehen, wahrscheinlich, um Saphira zu wecken, als Cashmere von ihrem Frühstück aufsieht. „Weck am besten auch Gloss, der steht sonst nicht vor elf auf", meint sie. Dalia zieht die Augenbrauen hoch und stöckelt davon. Cashmere und ich essen schweigend. Sie versucht kein Gespräch anzufangen und ich wüsste sowieso nicht, was ich sagen soll. Schließlich werde ich versuchen ihre kleine Schwester umzubringen und da ich selber eine kleine Schwester habe, weiß ich ungefähr, wie sehr sie mich hassen muss. Gloss kommt herein geschlurft und lässt sich auf seinen Platz, mir gegenüber, fallen. Auch Dalia kommt hinter ihm herein und setzt sich jetzt auch. Ich weiß nicht so wirklich, was ich von ihr halten soll, einerseits ist sei recht freundlich zu uns, aber andererseits kommt sie aus dem Kapitol. „Guten Morgen", flötet sie, als Saphira herein kommt. Ich sehe nicht auf. „Setzt dich und iss etwas, wir sind gleich da!" Ich verstehe auch nicht so wirklich, wie sie bei einem Ereignis, wie den Hungerspielen so fröhlich sein kann, aber sie kommt nun mal aus dem Kapitol und dort sehen alle die Hungerspiele, wie ein Sportwettbewerb und feiern ihn. „Kaffee?", fragt Cashmere amüsiert, als Gloss fast wieder einnickt. „Ja, bitte", sagt er schlaftrunken. Ich muss mir ein Lächeln verkneifen, so kannte ich die beiden auch, als ich noch mit Saphira befreundet war, wie zwei Geschwister, die immer für einander da sind. Aber sie haben ja auch in darauffolgenden Jahren die Hungerspiele gewonnen.
„Wenn wir im Kapitol angekommen sind, werden Gloss und ich erstmal mit Enobaria, Lyme, Finnick und Ron reden. Dann ist die Eröffnungsfeier und danach können wir alles weitere besprechen", erklärt Cashmere uns. Enobaria und Lyme müssen die beiden Mentoren aus 2 sein und Finnick und Ron dann wohl aus 4. „Klingt gut", meint Saphira und ich muss ihr insgeheim zustimmen.
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When I die~Apards Sicht
FanfictionDie 68. Hungerspiele aus der Sicht von Apard. Es wäre gut, wenn ihr vorher schon „When I die" gelesen habt, müsst ihr aber nicht. Apard wird zusammen mit seiner ehemaligen besten Freundin als Tribute aus Distrikt 1 für die 68. Hungerspiele ausgelos...