Kapitel 1

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,,Tooooby! Ich brauch neue Schrauben!" schrie ich mit dem Kopf wortwörtlich im Motor. Meine typische, blaue Arbeitskleidung war voller Öl, welches von den bereits vielen Ölwechseln kam.

,,Hier", sprach eine Stimme hinter mir. Ich streckte meine Hand nach hinten und bekam eine Schachtel mit den richtigen Schrauben in die Hand gedrückt.

Etwas kniffelig versuchte ich sie mit nur einer Hand zu öffnen und zu meinem Pech sorgte eine kleine falsche Bewegung dazu, dass die Schachtel auf den Boden fiel. Genervt stöhnte ich auf und tapste mit meinem Fuß nach den verstreuten Schrauben auf dem Boden, die ich dann zu mir schob.

Man könnte, was ich hier machte, als etwas ungewollte und misslungene Akrobatik bezeichnen. Mit der selben Hand griff ich zu den Schrauben und hob die Erste auf, die ich mit meinen Fingern ergreifen konnte.

Nach und nach hatte ich alle Schrauben eingesammelt und machte mich wieder an den Motor. Diese Dinger gingen bei Rennen schneller kaputt als man dachte. Mit dem Kopf wieder halb unter der Motorhaube schrie ich wieder: "Das Öl muss mal wieder gewechselt werden!"

Toby schob mich nun beiseite und versperrte mir den Weg zur Haube. Ich verschränkte demonstrativ die Arme vor der Brust und warf ihm meinen leg-dich-nicht-mit-mir-an-Blick zu.

"Du weißt dieser Blick wirkt bei mir nicht. Da können deine Augen noch so schön blau funkeln", meinte Toby und grinste mich breit an. Ein Versuch war es Wert gewesen.

"Lass mich das noch fertig machen!", bat ich ihn und schob meine Unterlippe etwas hervor, sodass er nun meinen Hundeblick zu sehen bekam. Doch auch dieser wirkte natürlich nicht, weshalb er einfach amüsiert den Kopf schüttelte.

"Wir haben schon seit einer halben Stunde Feierabend. Komm schon, wir wollten doch noch ins Café", erinnerte er mich nun. Das hatte ich total vergessen. Zwar wollte ich meine Arbeit noch zu Ende führen, jedoch konnte und wollte ich Toby nicht im Stich lassen. Ich blickte ihn noch einmal bittend an, doch als er mir einen entschlossenen Blick entgegenwarf gab ich auf.

"Also gut. Ich hör' ja schon auf", ergab ich mich, schob ihn aus dem Weg und schloss die Motorhaube, "Dein Glück, dass du mein bester Freund bist."

Ich schaltete das Licht in der Werkstatt aus und ließ das Auto somit in der völligen Dunkelheit zurück. Dann machte ich mich auf den Weg in die Umkleide, wo ich meine dreckige Arbeitskleidung aus und meine Alltagskleidung anzog. Natürlich mochte ich meine normale Kleidung, aber in dem blauen, ölverdrecktem Gewand fühlte ich mich um einiges wohler.

"In welches gehen wir heute?", fragte ich Toby, als ich aus der Damenumkleide kam, die ich nur mit einer weiteren Person teilte. Und diese war ganz und gar nicht meine Lieblings Person, im Gegenteil. Sarah war die mädchenhafteste Person die ich kannte, was noch nett ausgedrückt war. Deshalb verstand ich nicht, wieso sie Mechanikerin werden wollte. Schon lange rätselte ich darüber, sie selbst wollte es nie erzählen.

"Wie wärs mit dem 'Foul'?", schlug er vor und riss mich damit aus meinen Gedanken, wobei ich ihm ziemlich dankbar war. Ich wollte gar keinen Gedanken an Sarah verschwenden.

"Klar. Da waren wir schon lange nicht mehr", meinte ich und lächelte ihn breit an. Ich öffnete die Eingangstür, um nach draußen in die frühlingshafte Kälte der Nacht zu steigen, wurde aber von einer Stimme hinter mir daran gehindert.

"Ms. Collins! Kommen Sie doch bitte kurz in mein Büro!", rief mein Chef und verschwand mit diesen Worten wieder im Zimmer. Entschuldigend blickte ich zu Toby.

"Du musst nicht auf mich warten. Wir holen das einfach morgen nach", schlug ich vor und nahm ihn in den Arm. Stumm nickte er und trat nun ohne mich in die Kälte. Mit schweren Schritten näherte ich mich. Ich wusste, was nun auf mich zukam. Schon lange wurde davon geredet Mitarbeiter zu entlassen, da das Budget knapp war. Nun würde ich arbeitslos sein. Vielleicht konnte ich woanders einen ähnlichen Job finden, aber hier fühlte ich mich bereits daheim. Ich kam mit den meisten hier gut aus, sogar Toby, mein bester Freund seit Kindergartenzeiten, arbeitete mit mir unter einem Dach. Manch einer würde denken Mechaniker wäre keine schöne Arbeit, aber mir gefiel sie. Sehr sogar.

Ich trat durch die bereits offene Tür und stand in einem kleinen Raum. Ein Regal auf einer Seite war das einzige Möbelstück außer dem Schreibtisch und den zwei Sesseln in der Mitte des Raumes.

"Setzt dich", bat er mich, was ich auch tat. Auch wenn ich Mr. Ords schon länger kannte und mich gut mit ihm verstand, Siezten wir uns. Mir war es angenehmer meinen Boss höflich anzureden und nicht freundschaftlich. Sowas würde Situationen wie diese nur noch schwieriger machen.

"Sie wissen, dass das Budget knapp ist", fing er an. Oh nein. Er tat es wirklich.

"Wir dachten fast, wir müssten Mitarbeiter entlassen, aber dann wurde uns angeboten persönliche Mechaniker von Rennfahrern zu werden. Nun, Sie sind eine der Glücklichen", fuhr er fort und grinste mich nun breit an. Keine Entlassung. Ich behielt meinen Job, wurde sogar befördert, wenn man es so sehen wollte. Eine große Last fiel von meinen Schultern und ich entspannte mich etwas.

"Es ist schön, dass Sie einen anderen Weg gefunden haben", meinte ich, als ich mich wieder gefasst hatte. "Wann? Wo? Wer?", fragte ich ruhig und lehnte mich gemütlich in den ausgepolsterten Stuhl zurück. Außerlich mochte ich gelassen wirken, aber innerlich explodierte ich fast vor Freude. Der persönliche Handwerker eines Rennfahres klang wirklich schmackhaft. Dass gerade ich Diejenige war, die diese Stelle annehmen durfte, machte mich um so glücklicher.

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