KAPITEL 1

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»Lianne, hey.«

Die Stimme von Clint riss mich aus meinen Gedanken, sodass ich ihn leicht fragend ansah und eine Augenbraue dabei hob.

»Bist du bereit?«, hakte er nach, während seine rechte Hand auf meiner linken Schulter lag und mich ansah.

»Meinen Vater nach all den Jahren wiederzusehen? Nicht wirklich, aber es geht ja nicht anders, oder?«, beantwortete ich seine Frage, wobei ich kurz mit den Schultern zuckte und ihm dann nach draußen folgte.

Als wir vor dem Gebäude standen, wurde mein Herz noch schwerer, als es eh schon war. Die Tatsache, dass ich zuletzt vor 5 Jahren dort drin war und glücklich mit Steve war, schnürte mir die Kehle zu.

»Alles in Ordnung?«, fragte Clint leise, woraufhin ich den Kopf schüttelte, aber gleichzeitig in die Richtung der Eingangstür lief.

Langsam betrat ich die große Eingangshalle und blieb erst mal wie angewurzelt stehen. Nichts hatte sich in diesem Gebäude verändert. Selbst der Geruch war noch derselbe, wie damals. Räuspernd versuchte ich die Tränen wegzudrücken, die sich in meinen Augen sammelten, denn immer mehr Erinnerungen kamen zurück. Erinnerungen, die mir erneut den Boden unter den Füßen wegrissen.

Hastig drehte ich mich um und wollte das Gebäude wieder verlassen, doch Clint hielt mich auf, indem er seine Hände auf meine Schultern legte und mich eindringlich ansah.

»Lianne, bitte. Du schaffst das, okay? Du bist nicht allein.«

»Ich kann das nicht.. Ich.. Ich weiß nicht, wie ich das schaffen soll«, antwortete ich leise und ließ meinen Kopf sacken, den Clint jedoch aufhielt, indem er seine rechte Hand an mein Kinn legte.

»Kleines, ich bin bei dir. Wir brauchen dich dafür, um alle wieder zurückholen zu können. Meine Familie, Steve und all die anderen, die sich immer auf uns verlassen haben«, versuchte er mich umzustimmen, woraufhin ich nur tief seufzte und erneut an Steve dachte.

Langsam nickte ich, auch wenn es mir wirklich schwerfiel. Clint griff nach meiner Hand und gab mir damit den Halt, den ich seit Jahren nicht mehr gespürt hatte.

Gemeinsam liefen wir nach oben, was mein Herz erneut schwerer werden ließ. Ich dachte daran zurück, wie es war, als ich Steve kennenlernte und wie stark die Spannung direkt von Anfang an zwischen uns war.

Wir waren glücklich; so glücklich, dass ich sogar zu ihm zog und jetzt hatte die Wohnung seit Jahren keiner mehr betreten. Der Schnipp von Thanos hatte mich zu einer Person gemacht, die ich verachtete.

»Leute.. Ich hab' jemanden mitgebracht«, sagte Clint, als wir im Besprechungsraum ankamen, wo alle versammelt am großen Tisch saßen.

Die Köpfe aller schnellten in unsere Richtung, doch keiner sagte etwas. Jeder starrte mich einfach nur an, bis einer die Stille unterbrach.

»Lianne«, drang die besorgte Stimme von meinem Vater in meine Ohren, doch war er wirklich besorgt um mich? »Du hast dich verändert«, fügte er schließlich hinzu, nachdem er aufstand und auf mich zukam.

»Ja. Der Verlust und die Gleichgültigkeit von der ein oder anderen Person haben mich verändert..«, gab ich forsch zurück, denn mitunter war es seine Schuld, dass ich überhaupt als Ronin unterwegs war.

»Wir haben alle was verloren«, erwiderte er, doch daraufhin konnte ich nur hämisch lachen.

»Ah ja. Was hast du denn so Besonderes verloren, huh? Du hast dein Leben weitergelebt und uns alle im Stich gelassen. Du hast eine neue Familie gegründet und auf heile Welt gemacht, während alles um dich herum wie ein Kartenhaus zusammengefallen ist!«, zischte ich, wobei ich wirklich versuchte nicht allzu laut zu werden, doch meine Emotionen explodierten gerade.

Lianne Stark 2 » Band 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt