Kapitel 1

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Es war ein angenehmer Sommertag. Warme Temperaturen, lachende Schüler, die ihre Freizeit dafür nutzten, sich leicht bekleidet auf dem Schulgelände zu bräunen. Die Heiligkreuz-Akademie strahlte um die Wette mit der Sonne. Doch ein Gebäude schien von einer Dunkelheit umgeben, die zwar nicht visuell sichtbar war, sondern eher durch seine Aura ausgedrückt wurde.

Ein braunhaariger Junge mit Leberflecken ließ sich schwer seufzend auf den Holzstuhl fallen. Die Ellenbogen auf dem Tisch abgelegt bettete er seinen Kopf in den Händen. Trotz der hohen Grade trug er einen schwarzen Mantel. Zwischen den braunen Strähnen lugten Ohrenspitzen hervor, die unnatürlich stark zuliefen. Vor etwas mehr als einem halben Jahr hatte Yukio Okumura im Kampf gegen Satan, seinen Erzeuger, seine Menschlichkeit verloren. Doch das war nicht das Einzige. Zwar hatten sie den Kampf gewonnen, doch er verlor mit seiner Menschlichkeit auch seinen Rang als Exorzist und das Ansehen vor dem Vatikan. „Bastarde.", murmelte der Junge mit den Leberflecken und vergrub seine Hände in den Haaren. Keinen Schritt konnte er mehr machen, ohne von mindestens einem Wächter des Vatikans beobachtet zu werden - auch wenn sie dachten, sie seien gut versteckt. Bevor er seine Menschlichkeit verlor, hatten sie ihn ja nur überwacht, wenn er mit seinem Bruder, Rin, zusammen war. Jetzt stand er unter Vollzeitbeobachtung. Der einzige Ort, wo er sicher schien war das Wohnheim.  

Die ganze Sache nagte an Yukio, dabei war er doch so stolz gewesen, seine Klasse unterrichten zu können und in der Lage zu sein, seinen Bruder beschützen zu können. Rin. Der nahm die Sache ganz gelassen. Yukio glaubte, dass Rin wohl der Einzige war, dem seine Veränderung nichts ausmachte. Auch die Überwachung sowie die abwertenden Blicke schienen an ihm vorbei zu gehen. Vielleicht war er es auch nur gewöhnt. Yukio war es zumindest nicht. Jede Mission, auf die er als Novize gehen durfte, war für ihn die pure Qual. Er hatte keine richtigen Waffen mit denen er kämpfen durfte. Jetzt war es sogar so weit gekommen, dass Rin ihn mit Kurikara beschützen musste, da er sich weigerte seine Flammen einzusetzen. 

Womit wir beim zweiten Punkt wären: Seine Flammen. Das Erbe Satans. Auch das versuchte er bestmöglich zu unterdrücken. Er ignorierte seinen Schwanz, verbarg ihn selbst in der Nacht. Die Ohren verdeckte er mit reichlichem Styling, was für ihn eher ungewöhnlich war, unter den Haaren, die dadurch deutlich fluffiger fielen. 


„Yukio, alles in Ordnung?" 

Nun hatte scheinbar auch Rin Schulschluss.  Er stand im Türrahmen und beobachtete seinen Bruder besorgt. „Wieso sitzt du immernoch an dem Tisch rum. Du brauchst doch nicht mehr so viel arbeiten, wie früher." 

Er kam ihm näher, das konnte er spüren. Er nahm die Präsenz seines Bruder jetzt als Dämon viel stärker wahr. 

„Genieße doch mal deine Freizeit." Rin umarmte seinen Bruder von hinten und lockte seine Hände vor dessen Brust. „Wenn du weiter so machst, bleibt die Falte zwischen deinen Augenbrauen so." Er legte sein Kinn auf Yukios Kopf ab.


Das war das einzig Positive, das sich aus seiner Verwandlung ergeben hatte. Er hatte mehr Freizeit und die brachte ihn und seinen Zwillingsbruder näher zueinander. Und das empfand Yukio als sehr angenehm. Seit dem Tod ihres Vaters brauchte er seinen Bruder umso mehr, doch hatte er das nie wirklich gezeigt. Er wollte immerhin der Beschützer sein. Das war sein Lebensziel. Und da waren sie wieder, die niederschlagenden Gedanken, dass er dieses Ziel nun nicht mehr wirklich anstreben konnte. Der Gedanke daran ließ sein Herz schmerzen, er wusste auch, woran das lag. Er liebte Rin. Nicht nur auf brüderliche Weise, sondern auf eine romantische Art. Er wusste aber auch, dass der Schwarzhaarige seine Gefühle nie erwidern würde. Außerdem schämte er sich seinem Bruder gegenüber, dass er nun so schwach war.


An Rin ging die Laune seines Bruders nicht vorbei. „Was ist los?", hakte er nach. Nachdem Yukio ihn einige Minuten angeschwiegen hatte, wurde er langsam wütend. Er beengte seinen Bruder mit seiner Umarmung, in dem Wissen, dessen Komfortzone zu verlassen. „Red schon mit mir, ich bin immerhin dein großer Bruder!", forderte er beharrlich.

Thronfolge (Blue Exorcist FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt