Kapitel N°2

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Vor mich hin brummelnd nahm auch ich wieder meinen Spaziergang auf. Wohin war ich eigentlich auf dem Weg? Ich wusste es nicht.

Aber ich wusste, dass ich Hunger hatte. Großen Hunger. Wann hatte ich das letzte Mal etwas gegessen? Hmmm, das war gestern morgen ein Stück Pizza in einem zurückgelassenen Pizzakarton auf einer Parkbank gewesen. Die war eigentlich nicht mal so übel gewesen.

Ich wühlte in meinen Hosentaschen auf der Suche nach ein bisschen Kleingeld für ein Brötchen. Fehlanzeige. Schade. Dann musste ich mir wohl anders helfen. Mal wieder. Seufzend machte ich mich auf in die Bäckerei mit den liebsten Menschen, die ich kannte.

Als ich den Ladenbereich betrat, sog ich ein mal tief den Duft von frisch gebackenem Brot und Croissants ein. Wie ich diesen Geruch liebte! Als Anna mich sah, drückte sie schon ohne ein Wort zu sagen auf ein paar Tasten an dem großen Kaffeeautomat und heißer Kakao floß in einen Becher.

Fun Fact über mich? Im Gegensatz zu den restlichen 99% der Weltbevölkerung mochte ich keinen Kaffee und konnte noch nicht mal einen leichten Cappuccino trinken - brrr, einfach nur eklig. Sorry, an die Leute hier, die Kaffee über alles lieben.

"Dasselbe wie immer, Lina?", fragte mich Anna mit einem wissenden Lächeln. Anna und ich kannten uns schon etwa 2 Monate und eigentlich wussten wir nicht viel voneinander. Aber immer wenn ich in die Bäckerei kam, dann wusste Anna, dass ich nichts anderes zum Essen finden konnte und ihre Unterstützung meine letzte Hoffnung war. Dann packte sie immer etwas ein, was sie ohne Probleme entbehren konnte, was beispielsweise an dem Tag nicht so gut verkauft wurde oder zu viel gebacken wurde.

Voller Dankbarkeit bekam ich fast kein Wort heraus, als sie eine Papiertüte nahm und zwei Weizenbrötchen und ein leicht verbranntes Croissant einpackte. Deshalb nickte ich nur stark blinzelnd. Ob das verbrannt ist oder nicht war mir so egal.

Wie hieß es so schön? Einem geschenkten Gaul schaute man nicht ins Maul oder? Und wenn man Hunger hatte, war man wirklich für alles dankbar was man essbares in die Finger bekommen konnte.

"Anna, ich kann dir gar nicht sagen wie dankbar ich dafür bin.", sagte ich schniefend und fügte noch hinzu: "Du weißt ja, wenn ich mich auf irgendeine erdenkliche Weise revanchieren kann, dann sag Bescheid. Ich würde gerne etwas zurückgeben, naja alles außer Geld. Das habe ich nämlich nicht." Und zuckte entschuldigend mit den Schultern.

„Lina, das ist überhaupt kein Problem. Wir würden es am Ende des Tages sowieso wegwerfen und dann gebe ich es tausend mal lieber dir.", erwiderte Anna zwinkernd. Kurz sah sie so aus als wollte sie noch etwas hinzufügen, aber drehte sich dann weg und ging zu einer Kollegin.

Das war mein Stichwort zu gehen. Ich griff nach der Papiertüte mit den Brötchen und wollte schon den Laden verlassen, als ich Anna nochmal rufen hörte. „Warte mal, Lina. Ich habe gerade mit meiner Chefin gesprochen und wir hätten vielleicht wirklich etwas, womit du uns helfen könntest."

Skeptisch, aber auch neugierig um was es sich wohl handeln könnte, drehte ich mich wieder zu ihr und fragte: „Und das wäre was genau?" Ein breites Lächeln stahl sich auf Annas Gesicht als sie verkündete: "Letzte Woche hat eine Kollegin ganz kurzfristig gekündigt und wir konnten bisher noch keine Ersatz finden. Ich weiß, es ist nicht der interessanteste und aufregendeste Job der Welt, aber könntest du uns vielleicht vorübergehend aushelfen? Vor allem gerade mit dem Weihnachtstrubel wärst du wirklich eine große Unterstützung für uns. Und wir würden dich natürlich bezahlen."

Vor Schock und Überraschung ließ ich die Papiertüte mit den leckeren Brötchen auf den Boden fallen. Es kam mir vor, als würde alles in Zeitlupe geschehen. Bevor ich auch nur etwas erwidern konnte, stahl sich auch schon die erste Träne ihren Weg über meine Wange. "Ihr wollt, dass ich hier arbeite?!", rief ich völlig fassungslos und aufgelöst. Jetzt kamen noch mehr Tränen.

"Ich weiß, es gibt viel bessere Jobs...", setzte Anna schon an zu sagen, aber ich fiel ihr einfach ins Wort. "Machst du Witze? Hallo?! Natürlich möchte ich hier arbeiten. Das würde ich sogar ohne Bezahlung machen, für all die Dinge, die ihr schon für mich getan habt. Anna, ich weiß nicht, was ich sagen soll...Ich bin dir so unglaublich dankbar. Für alles."

Und während der Wortschwall aus mir herausbrach, lief ich auch schon flink um den Ladentresen und fiel Anna in die Arme. Mittlerweile liefen die Tränen nur so über mein Gesicht, denn ich konnte es einfach nicht glauben.Ich war so überwältigt, dass mich jemand anstellen würde. Das kam mir gleich wie ein Sechser im Lotto, denn von dem Geld konnte ich mir erst mal eine Weile genug Essen kaufen können. Und vielleicht sogar wärmere Kleidung?

Plötzlich kam mir ein Gedanke. "Aber Anna, wie wollt ihr mich denn Anstellen ohne Meldeadresse? Das ist doch illegal!". Und nun kam der Punkt der Ernüchterung. 

Natürlich wäre das nicht machbar und ich hätte es auch niemals von Anna und ihrer Chefin verlangen können. Es war so klar, eigentlich hätte ich es vorhersehen müssen. Niemals hatte ich Glück, denn schon mein Leben lang wurde ich vom Pech verfolgt. Selbst wenn ich ein mal kurz Licht am Horizont sah, wurde es mir sofort wieder genommen.

Missmutig löste ich mich aus der Umarmung mit Anna und ließ die Schultern hängen. Die Enttäuschung war mir wahrscheinlich deutlich anzusehen, denn Anna hob einen Finger unter mein Kinn und hob meinen gesenkten Kopf an, damit ich sie ansehen musste. Statt einer traurigen Miene, schaute ich in einen optimistisch blickendes Gesicht.

"Dafür habe ich mir tatsächlich auch schon etwas überlegt. Lass uns mal kurz dahinten hinsetzen und dann erkläre ich dir alles in Ruhe. Und bitte, bitte, bitte, hör es dir erst einmal an, bevor du etwas sagst, ja?", sagte Anna, als sie mich auch schon in Richtung einer gemütlich aussehenden Sitzecke dirigierte.

Okay, jetzt bin ich verwirrt. Und neugierig. Und skeptisch.

Was würde denn jetzt kommen?


Heyyy und wie findet ihr es bisher? Ich hoffe es gefällt euch!! Much love <3

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jan 12, 2023 ⏰

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