Kapitel N°1

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Ich ging an den schön weihnachtlich geschmückten Schaufenstern vorbei, jedoch bewusst ohne einen Blick hineinzuwerfen. Egal was da drin zu sehen war, ich konnte es mir sowieso nicht leisten. Ein kleiner Seufzer entwich mir, als ich kurz an die Zeiten dachte, als das noch anders gewesen war.

Stopp! Ich hatte schon früh angefangen nicht mehr über die Vergangenheit nach zu denken, sondern nur den Fokus auf das Hier und Jetzt zu richten. Manchmal auch nur mit meiner größten Willensstärke. Aber hatte ich mich überhaupt schon vorgestellt? Kein Geld zu haben war eine Sache, keine Manieren eine andere.

Also hallo, mein Name war Angelina und schon geschlagene 21 Jahre alt. Meine Freunde, wenn ich welche gehabt hätte, hätten mich wahrscheinlich Lina genannt. Okay, das klang eine Spur zu deprimiert, selbst für mich. Ich kam aus dem hohen Norden von Deutschland, nämlich meiner Lieblingsstadt Hamburg. Was auch automatisch bedeutet, dass es im Dezember hier unterirdisch kalt wurde. Und dieser Regen - es gab kaum etwas, was ich noch mehr hasste.

Jetzt fragt ihr euch wahrscheinlich, wieso ich mir dann ausgerechnet eine Stadt mit hoher Niederschlagswahrscheinlichkeit ausgesucht hatte. Ich kann euch versichern, dass war nicht meine Entscheidung. Genau genommen bin ich nur meinem Freund zu Liebe nach Hamburg gezogen. Halt. Mittlerweile Exfreund. Klassiker oder?

"Pass doch auf!" Schlagartig war ich aus meinem Tagtraum erwacht und versuchte, die Umgebung und die Person in Sekundenschnelle zu realisieren. Durch meine Gedanken hatte ich komplett meine Sinne abgeschirmt und nicht gemerkt, wie ich volle Kanne in eine große Person hineingerannt war. Und oh ja, sie war groß. Und wie. Mein Kopf neigte sich immer weiter nach hinten, als ich versuchte in das Gesicht, der nach seiner Stimme zu urteilen, verärgerten Person zu schauen.

Was ich als erstes sah: Braune kurze Locken. Wusstet ihr, dass ich auf Locken stand? Nein? Naja, jetzt wusstet ihr Bescheid. Dann wanderte mein Blick weiter zu schönen klaren blauen Augen, die mich an das Meer in der Karibik erinnerten und förmlich nach Urlaub schrieen. "Sorry", stammelte ich eingeschüchtert und unbeholfen.

Als sein Blick den Meinen traf, waren plötzlich alle Gedanken wie weggefegt. Wow. Ich hatte ja schon viele attraktive Männer in meinem Leben gesehen, jedoch gehörte dieses Kaliber schon zu den Besten davon. Seinem Blick aber nach zu urteilen, schien er meinen Gedanken nicht unbedingt zu teilen.

"Kannst du nicht aufpassen?!", fuhr er mich an, während er mich einmal kurz herablassend musterte. Wenn ich es nicht besser gewusst hätte, hätte ich ihn auf Mitte 25 geschätzt. Und oh oh seine Augen - immerhin hübsche Augen. Aber wenn Blicke hätten töten können, wäre ich wohl nicht mehr unter den Lebenden gewesen. Was ich, unter uns gesagt, gerade auch nicht sonderlich schlimm gefunden hätte.

Ich versuchte vergeblich nicht wie eine erschrockene Katze auszusehen, jedoch wäre ich am liebsten im Boden versunken. Ich, ein niemand von Mensch, ran natürlich in einen der heißesten Typen im Universum und verärgerte ihn. Andere würden jetzt vielleicht versuchen, das Disaster in einen Flirt umzuwandeln, aber was hatte ich mit meinen dreckigen alten Stan Smith, den langweiligen blauen Jeans und dem viel zu großen Hoodie zu bieten? Ahja, und man sollte natürlich meine verknoteten und zerzausten langen blonden Haare nicht vergessen. Dem Blick nach, wie er mich ein mal von oben nach unten musterte, zu schließen, dachte er wohl ähnlich. Denn eine Augenbraue wanderte spöttisch nach oben und sein Mund verzog sich abwertend.

Hinter ihm erklang eine gelangweilte, genervte weibliche Stimme: "Lass gut sein, Antony. Das ist sie nicht wert.", und sie versuchte den Brocken von Mann von mir in die entgegengesetzte Richtung wegzuziehen. Knapp in ihre Richtung nickend schenkte er mir einen letzten vernichtenden Blick, schüttelte fassungslos den Kopf und wandte sich zum Gehen.

"Dir auch noch einen schönen Tag", rief ich ihm hinterher als letzter Versuch, die Sache ein klein bisschen besser zu machen. Was ich allerdings zurück bekam, richtig freundlich, war nur seinen Mittelfinger. Konnte der Tag überhaupt noch schlimmer werden? Das wagte ich schwer zu bezweifeln. 

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