Kapitel 38

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„Wer hätte gedacht, dass du so viele CDs hast?", frage ich Ephraim, als wir uns nach dem Abendessen in seinem Kinderzimmer verkriechen und ich mir den Raum endlich richtig ansehe. Ein Doppelbett vernimmt beinahe den ganzen Raum und auf seinem Nachttisch steht ein Stapel Bücher, der mich beinahe überragt. Denn in seinem Regal, neben welchem ein kleiner Kleiderschrank und Schreibtisch stehen, befinden sich nur CDs. „Ich mag Musik, Helena", gesteht er und sucht sich eine davon aus, ehe er sie in seinen Spieler legt. „Obwohl ich gestehen muss, dass mir die meisten davon vererbt wurden, weil ich selbst niemals genug Geld gehabt hätte, um mir so viele davon zu kaufen. Mein Großvater war ein Sammler und hat jede einzelne davon an mich abgetreten. Maisie hat seine Filmsammlung erhalten, und die ist beinahe genauso beeindruckend." Ich gluckse leicht und lasse mich auf sein Bett fallen.

Maisie hat mir gesagt, dass es überhaupt ein Wunder ist, dass Ephraim und Bill einen Baum gefunden haben, weil die beiden so wählerisch sind, dass sie oft in den Wald gehen und sich dort vom Bauer einen aussuchen. Ich war besorgt, als sie nach drei Stunden noch immer nicht zurück waren, aber Janette hat nur geseufzt und gesagt, dass ich lieber froh sein sollte, weil die beiden anscheinend schon doppelt so lange durch den Wald gestapft sind und sich dann verlaufen haben, sodass sie auch schon eine ganze Nacht weggeblieben sind. Der Baum, den sie ausgesucht haben, ist zwar klein, aber wunderschön und die vier haben ihn in Lichtgeschwindigkeit geschmückt, während ich mich unter die Dusche gestellt habe, um die Kälte aus meinem Körper zu vertreiben.

Zum ersten Mal an diesem Tag habe ich wieder etwas Ruhe und Ephraim scheint zu merken, wie sehr ich das brauche, auch wenn ich das Chaos seiner Familie jetzt schon liebe. „Wie geht es deinen Schultern?", fragt er mich, während er sich in seinen grauen Jogginghosen und einem frischgewaschenen Pullover zu mir aufs Bett setzt. „Könnte besser sein", gebe ich seufzend zu und schließe die Augen unauffällig. Ich möchte nicht, dass er sieht, wie schlimm es wirklich ist, obwohl das vermutlich absurd klingt. „Helena." Ich rege mich nicht, auch wenn ich spüre, dass er sich über mich lehnt. „Sieh mich an, Tinkerbell", sagt er mit einer Stimme, die so rau ist, dass sich überall in meinem Körper Hitze sammelt. Gott, das ist nicht gut. Ich sollte nicht so auf ihn reagieren. Nicht, wenn ich neben ihm einschlafen will. Dennoch öffne ich meine Augen und was auch immer Ephraim darin sieht, scheint ihm nicht zu gefallen, denn er verzieht das Gesicht und ruiniert die heißen Gefühle in meinem Magen, die ein Pulsieren zwischen meine Beine getrieben haben. Ephraim hievt sich aus dem Bett und geht aus dem Zimmer, nur um einige Momente später mit einer Salbe zurückzukehren. Ich beobachte ihn aufmerksam, aber zwinge mich, liegen zu bleiben, weil meine Schultern in dieser Position am wenigsten schmerzen.

Am Ende des Betts bleibt er zwischen meinen Beinen stehen, die ich angewinkelt auf dem Boden abgestellt habe. „Darf ich?", fragt er mich leise, während er mir behutsam hilft, mich aufzurichten. Ich schüttle den Kopf und verziehe das Gesicht. Seine Finger haben sich bereits unter meinen Pullover geschoben und liegen auf der weichen Haut meines Bauchs. Hitze sammelt sich in meinem Magen und ich muss ein wohliges Seufzen unterdrücken. Wie kann sich eine simple Berührung so gut anfühlen? „Soll ich aufhören, dich zu berühren?" Ich schüttle wieder den Kopf. Gott, wieso muss das alles so kompliziert sein? „Ich kann mich selbst darum kümmern", sage ich. Ich will ihm die Salbe aus den Händen nehmen, aber Ephraim lässt sie nicht los. „Du kannst deine Schultern und Schulterblätter nicht selbst erreichen, Helena. Wenn du nicht möchtest, dass ich dich...sehe, kann ich Maisie oder Mom holen." Diesmal schüttle ich den Kopf, entschlossener. Ich möchte noch weniger, dass die beiden sich bei dieser Sache einmischen. Ich möchte sie nicht mit mir in diese Welt meiner Probleme ziehen. „Helena", sagt er wieder, diesmal viel weicher, während er mein Kinn anhebt, damit ich seinem Blick nicht mehr ausweichen kann. „Rede mit mir. Sag mir, was los ist. Wie kann ich dir helfen? Du hast Schmerzen und ich denke, dass ich sterbe, wenn ich mir das ansehen muss, ohne dir helfen zu dürfen. Ich kann vermeiden, auf deinen Oberkörper-...deine...Brüste zu starren, wenn dir das unangenehm ist. Auch wenn ich ehrlich gestehen kann, dass ich dir manchmal beim Schwimmen zusehe und du den schönsten Körper hast, den ich jemals gesehen habe."

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