𝐊𝐚𝐩𝐢𝐭𝐞𝐥 𝟒

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- 𝑻𝒉𝒊𝒂𝒈𝒐 -

Panisch erwachte ich und stöhnte gleich darauf schmerzerfüllt auf. Anscheinend war ich irgendwann doch eingeschlafen, denn jetzt tat mein Rücken höllisch weh. Nichtsdestotrotz widmete ich mich wieder der Sache, warum ich so plötzlich aufgeschreckt war. Mit meinen Händen tastete ich meine Hosentaschen ab und fand schließlich das, was ich gesucht hatte. Schnell entfaltete ich den kleinen Zettel, den mir Nea gestern noch mit letzte Kraft zugedrückt hatte. Augenblicklich hatte ich das Gefühl jemand entfachte in meinem Inneren ein Feuer, welches sich in rasantem Tempo ausbreitete. Die Wut stieg mir in den Kopf und ich wusste, ich würde jeden Augenblick explodieren.

Wie schon am Vortag rief ich Pablo an, welcher recht schnell ranging. „Ich hab es gewusst. Ich hatte recht. Ihr hattet recht.", knurrte ich in den Hörer. „Was meinst du?", kam es verdutzt von meinem Bruder. „Weißt du noch, als ich gestern ins Esszimmer gestürmt bin und dich und Juan gesucht habe?", wollte ich von ihm wissen. „Sí", gab Pablo knapp zurück. „Ich habe euch von meiner Vermutung zu Gutiérrez erzählt und wir sind zu dieser Lagerhalle gefahren.", fuhr ich fort. „Ja, ich erinnere mich. Komm jetzt mal auf den Punkt.", mein Bruder platzte förmlich vor Neugier. „Wir hatten recht. Nea konnte mir gestern noch einen kleinen Zettel in die Handdrücken, ehe sie das Bewusstsein verlor. Heute morgen ist er mir wieder eingefallen und rate mal was drauf steht?", richtete ich mich an Pablo. „Wie kannst du in so einer Situation ein Ratespiel daraus machen? Aber ok, wenn du es unbedingt willst. Es stand der Name von Gutiérrez drauf.", beantwortete er meine Frage. „Sí, aber nicht nur der. „Matthew Black" steht fett darüber.", ich konnte die Wut in meiner Stimme kaum verstecken. Dieser Mann würde um sein Leben betteln, bis zu seinem letzten Atemzug.

„Wie konnten wir so lange nicht darauf kommen", hakte Pablo fassungslos nach. Kurz wartete ich, bis die Krankenschwester um die Ecke verschwunden war, bevor ich antwortete. „No tengo ni idea, pero eso no es importante ahora (Ich hab keine Ahnung, aber das ist jetzt nicht wichtig.) Du suchst jetzt zusammen mit Díaz, Gómez und Alonso sofort nach Gutiérrez und Black. Findet alles wichtige heraus, jede einzelne Information sammelt ihr. Wenn ihr einen genauen Anhaltspunkt habt, gib mir Bescheid.¿Entiendes? (Verstanden?)", trug ich auf. Ich würde diese Wichser foltern, quälen und dann elendig verrecken lassen. Sie sollten an ihren schmerzerfüllten Schreien ersticken. Dafür würde ich sorgen, mit all meiner Macht. Verstecken konnten sie sich nicht vor mir, denn ich würde sie suchen, sie verfolgen, bis ich sie hatte und dabei zusah, wie jegliches Leben aus ihnen erlosch.

„Claro, bin schon an der Arbeit.", pure Freude war nun zu hören. Mein Bruder war meist nicht so emotionslos und kalt, doch auch er war in der Mafia aufgewachsen. Er wusste, was wir taten und zu was wir im Stande waren. Es konnte töten, besser als jeder andere, doch tat er es selten. Nur jetzt würde der pure Mörder aus ihm herauskommen und es würde schwer werden, ihn zu stoppen.

„Der Rest ist übrigens auf dem Weg ins Krankenhaus. Eigentlich müssten sie in den nächsten 10 Minuten ankommen.", teilte Pablo mir mit. „Alle?", stutzte ich. „Naja, alles außer Milo und mir." Mit dieser Antwort hatte ich gerechnet. Übel nahm ich dies meinem kleinen Bruder jedoch nicht. Niemals würde ich ihm deswegen Vorwürfe machen.

„Vale, dann bis später.", beendete ich das Gespräch und hoffte inständig, sie würden Black und Gutiérrez schnell ausfindig machen.

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- 𝑬𝒍𝒊𝒂𝒏𝒂 -

„Wo ist sie?", rief ich über den ganzen Gang hinweg. Meine Stimme war ein Häufchen Elend, genauso wie ich. Meine Haare hatte ich heute morgen schnell zu einem, einigermaßen ordentlichen, Zopf zusammengebunden. Ansonsten trug ich nur einen schwarzen Hoodie, eine Jeans und irgendwelche Sneaker. Meine Augen waren, laut meines heutigen Spiegelbildes, rot unterlaufen, ebenso meine Nase. Ich eilte den Flur entlang, wich mehreren Ärzten und Krankenpflegern aus und schlang bei Thiago angekommen meine Arme um ihn. Sofort stiegen mir erneut Tränen in die Augen, welche ich jedoch versuchte zurückzuhalten. Behutsam strich er mir über den Schopf und drückte seinen einen Arm noch fester um mich. „Wie geht es ihr?, fragte ich wispernd. „Noch lebt sie. Diese Anzeigen, an ihrem Bett haben zumindest die ganze Nacht lang in einem gleichmäßigen Rhythmus gepiepst. Das würde ich mal als gut deuteten.", lautete seine Antwort und ich löste mich von ihm. Eine Träne, dich sich gelöst hatte, kullerte über meine Wange und Thiago wischte sie mit seinem rauem Finger weg. „Wo sind die anderen?", fragend blickte er mich an. „Die stehen unten am Schalter und diskutieren mit der Dame am Empfang. Sie meinte nämlich, dass nur eine Person nach oben zu dir darf. Aber du kennst ja uns ja, Familie geht vor, also haben meine Mamá und Mariana angefangen mit ihr zu diskutieren.", erklärte ich. „Und weiter...", eindringlich sah mich mein Cousin an. „Naja, ich habe diese Chance genutzt und bin mit dem Aufzug nach oben gefahren. Wir hatten ja erfahren, dass sich Nea auf der Intensivstation befindet, also wusste ich genau, wo ich hin muss.", stolz grinste ich. Vermutlich diskutierte meine Mutter immer noch mit der älteren Dame. Irgendwie tat sie mir leid, denn sie machte auch nur ihren Job und musste sich an die Vorgaben halten.

„Hijo", die Stimme meiner Tante ließ mich herumfahren. Sie und der Rest stürmten aus dem Fahrstuhl und kamen direkt auf uns zu. Auch sie umarmte ihren Sohn und fing an zu schluchzen. Nie hatte ich sie so zerbrechlich erlebt, wie gestern. Von klein auf war diese Frau für mich unsterblich und extrem stark gewesen. Ich hatte immer gedacht, dass sie nichts aus der Fassung bringen konnte. Doch der gestrige Abend hatte mir bewiesen, dass auch meine Tante nur ein Mensch war. Ein Mensch mit Gefühlen und Emotionen.

Mittlerweile war meine Mutter hinter mich getreten und streichelte meinen Rücken, woraufhin ich meinen Arm um sie legte. „Ich möchte diese Situation eigentlich ungern unterbrechen, aber ich wäre dafür, dass wir in ein Zimmer gehen und dort alles besprechen, anstatt hier auf dem Gang.", ertönte die Stimme von Martínez. Mein Onkel stimmte ihm zu, doch ich lehnte ab. „Zuerst möchte ich Nea sehen.", protestierte ich. Auf den drohenden Blick meines Vaters hin, fügte ich nur hinzu: „ansonsten geh ich nirgends hin. Erst will ich sie sehen und danach können wir gerne in einen extra Raum gehen." Trotz half zwar selten, doch jetzt verschränkte ich meine Arme vor der Brust und blickte erwartungsvoll in die Gesichter meiner Familienmitglieder. Ein Seufzen war zu hören und Martínez kam auf mich zu. „Wir können erst später zu ihr ins Zimmer. Und auch dann nur eine Person. Aber ich kann sie dir durch eine Scheibe zeigen." Seine Stirn hatte er in tiefe Falten gelegt. Einverstanden nickte ich.


- 𝑻𝒉𝒊𝒂𝒈𝒐 -

Müde wartete ich in einem Krankenzimmer auf Matteo, der mit Eliana in dem Raum verschwunden war, in dem ich gestern gestanden hatte. Meine Mutter und meine Tante hatten sich auf dem Bett niedergelassen und mein Vater, sowie mein Onkel standen neben ihnen. Immer wieder nuschelte mein Vater ihr etwas ins Ohr und strich ihr behutsam über den Rücken. Rodrigo, Juan und Javier hatten sich an den kleinen Tisch gesetzt und starrten Löcher in die Luft. „¿Qué quieres?"(Was willst du)?", brummte ich. Alejo war neben mich ans Fenster getreten und sah nun ebenfalls gedankenverloren in die Ferne. „Nada (Nichts). Ich möchte nur, dass du weißt, dass du mit mir reden kannst. Ich werd meine Fresse halten und du kannst dir jeden Mist von der Seele reden. Ich werd nichts verraten. Lo promote.(Versprochen)", antwortete er und drehte sein Gesicht zu mir. „Ich werd mich melden.", gab ich knapp zurück. Mein Blick blieb dabei weiter an den grauen Wolken am Himmel hängen. „Das klingt bescheuert, aber du musst da nicht alleine durch. Nea liegt uns allen am Herzen und...", weiter kam er nicht, denn blitzschnell drehte ich mich zu ihm. „Ja, das klingt bescheuert. Ich weiß, dass Nea euch auch wichtig ist, aber keiner von euch wird je nachvollziehen können, wie ich mich gerade fühle. Also halt jetzt einfach dein Maul!", donnerte ich und packte ihn am Kragen. „Thiago hijo!", rief meine Mutter, woraufhin ich von Alejo abließ. Mir entfuhr ein Schnauben und ich drehte mich wieder zum Fenster.

Ich wollte keine Mitleid, weder von der Krankenhausschwester noch von Alejo. Von niemandem. Ich wollte keine Aufmerksamkeit, keine Aufmunterungen und keine unterstützenden Worte. Ich wollte auch kein extra Zimmer, denn mir reichte der Stuhl im Flur. Das einzige was ich wollte, war Nea. Lebend und fest an mich gedrückt. 

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Da heute Valentinstag ist, dachte ich, kommt heute schon Kapitel 4 online <3

Ich hoffe es gefällt euch 

Lasst sehr gerne Feedback da

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Sánchez || Nie mehr ohne dich!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt