[𝟗] 𝐃𝐢𝐬𝐤𝐮𝐬𝐬𝐢𝐨𝐧

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☀︎ SAPHIRA ☀︎

Zuerst atmete Alessandro erleichtert aus und zog Romea in eine feste Umarmung, welche sie wiederwillig erwiderte. Danach schaute er sie mit besorgtem Blick an und seufzte. Romea wollte ihn gar nicht anschauen und blickte in der nächsten Sekunde hilfesuchend zu mir.

»Romea, du musst dringend aufhören, einfach so nach einem Streit zu verschwinden. Weißt du eigentlich, was für Sorgen sich Mama macht?«, fragte Alessandro sie und kurz erkannte ich, dass diese Tatsache Romea zu schaffen machte. Reue blitzte in ihren tränenüberfüllten Augen auf, doch sie schluckte diese herunter. Ich strich ihr vorsichtig über den Oberarm um sie daran zu erinnern, dass ich hier war und hinter ihr stand.

»Tut mir leid, Alessandro, aber ich will nicht zurück. Ich halte es einfach nicht aus. Diese ganzen Streitereien, Gabrieles Sprüche, Mamas Enttäuschung. Das alles ist mir zu viel. Ihr benehmt euch alle so, als würdet ihr mich hassen«, sagte sie mit erstickter Stimme und im nächsten Moment tropften schon die ersten Tränen an ihren geröteten Wangen herunter. Kleine Stiche überfielen mein armes, ohnehin schon schwaches Herz und am Liebsten hätte ich sie zu mir gezogen und beruhigt, doch überließ Alessandro diese Aufgabe. Er wurde weicher und wischte ihr die Tränen weg, bevor er sie an sich drückte und tief ein und ausatmete.

Ich erkannte an seinen Gesichtszügen, dass auch ihm das zu schaffen machte und zum ersten Mal hatte ich das Gefühl, dass er seine harte Fassade, die er um sich herum aufgebaut hatte, fallen ließ und endlich zeigte, dass Romeas emotionaler Zustand ihm nicht ganz so egal gewesen ist.

»Es ist schwierig für uns alle, Romea. Der Vorfall hat uns allen Angst gemacht. Jeder ist aufgebracht und jeder geht damit anders um. Komm zurück nach Hause und ich rede mit ihnen. Wir finden eine Lösung damit umzugehen«, sagte Alessandro leiser, doch ich verstand alles. Instinktiv fragte ich mich, ob ich die beiden während ihrer Diskussion alleine lassen sollte und wollte gerade in mein Zimmer gehen, doch Romea drehte sich sofort zu mir um und hielt mich fest. Ihr Blick sprach Bände. Verzweifelte Bände.

»Saphira meinte, dass ich für ein paar Tage hier bleiben kann!«, antwortete sie, doch Alessandro schüttelte nur den Kopf und sorgte dafür, dass Romea augenblicklich noch aufgebrachter war. Noch ein paar Tränen sammelten sich in ihren Augenlidern und waren kurz davor, in einem Wasserfall auszubrechen.

Mamá, was soll ich nur machen?

Ich will Romea nicht im Stich lassen, aber sollte ich mich nicht von dieser ganzen Familie fernhalten? Gib mir ein Zeichen, sag mir, was ich tun soll. Soll ich Romea helfen?

»Das geht nicht, Romea. Mama macht sich Sorgen und wir können das nicht von Saphira und ihrer Familie erwarten. Das wäre definitiv viel zu viel verlangt«, erwiderte Alessandro. Beide Augenpaare lagen auf mir. Romeas waren gefüllt von Verzweiflung und der Bitte, ihn umzustimmen. Alessandro hingegen erwartete mit seinem hilflosen und zugleich sturen Blick von mir, dass ich ihm zustand und dafür sorgte, dass sie wieder nach Hause gingen. Seine grünen Augen fanden meine und ich wollte ihm diesen Gefallen wirklich tun. Ich wollte es tun, weil ich mich im nächsten Moment wieder vollständig in seinen Augen verlor, aber konnte es einfach nicht. Ich konnte es nicht, weil Romea unter keinen Umständen zurück wollte. Sie wollte Francesco nicht sehen und Sara erst recht nicht. Nicht, nachdem die beiden sie vollkommen mit diesem Seitensprung zerstört hatten.

»Ich möchte hier bleiben. Bitte. Saphira hat kein Problem damit und Oma Athene meinte, dass ich hier bleiben könnte. Nur für ein paar Tage. Saphira, sag ihm bitte, dass das in Ordnung geht«, flehte sie mich an. Ich versuchte mit ein schwaches Lächeln auf mein Gesicht zu zwingen und nickte.

»Natürlich geht das in Ordnung«, merkte ich an und erkannte in Alessandros Augen, dass genau das der Satz gewesen ist, den er nicht von mir hören wollte. »Romea, bitte komm nach Hause. Weglaufen ist keine Lösung. Und von einer fremden Person zu erwarten, dass sie dich aufnimmt, ist auch keine Lösung«

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