Ein Heimweg

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Es war abends und die Sonne hing schon tief. Ein rötlicher Schein des übrigen Lichts zog sich durch das Himmelbett und kündigte die hereinbrechende Nacht an. Der Wind zischte durch die Lande und die Äste der Bäume wogen sich leicht hin und her. In nur wenigen Minuten würde die Finsternis die Gebäude verschlingen. Und mit ihr kam die Angst, die Unsicherheit. Und ein Dämon, welcher lange für verschollen geglaubt war, würde sich erheben.

„Ugh. Na komm schon!" Ein kleines Mädchen kämpfte sich mit ihrer Mutter durch den Schlamm. Sie waren in den Wald gegangen und hatten Feuerholz holen müssen. Dabei hatten sich das Kind und ihre Mutter etwas verlaufen. Nach langem Suchen hatten sie den Pfad wiedererkannt und traten den Heimweg an. Das Mädchen hieß Lilly, ihre Mutter Ayla. Vergangene Regentage hatten den Boden weich und matschig werden lassen, es entstanden Pfützen und die Felder waren durchnässt. „Es ist so schwer Mama!", sagte das Mädchen. Ihre kleinen Füße vermochten immer weniger Kraft zu haben und bemühten sich, den Sack Holz auf dem kleinen Rücken und das eigene Körpergewicht nach vorne zu bringen. Doch die Schlammpfütze war tief. Und Lilly steckte etwas fest. Ihre Mutter war ein paar Schritte weiter gegangen und streckte die Hand nach ihr aus, doch Lilly konnte sie mit ihren kleinen Armen nicht erreichen.

Ayla legte ihren Holzsack ab, näherte sich Lilly und zog sie nun aus der Pfütze heraus. Die dunkelbraune, klebrige Masse hielt die Stiefel von Lilly noch einen Moment fest und löste sich dann mit einem schmierigen Geräusch. Als wolle sie das Mädchen noch länger festhalten. Sie verschlingen. Es für sich behalten. Ayla stellte ihre Tochter ab und schnürte sich den sack wieder auf den Rücken. Sie ergriff die linke Hand ihres Kindes und sagte: „Komm. Es ist gleich dunkel." Mit raschem Schritt bewegten sich die Beiden Richtung Dorf. Es war ein kleines gemeinschaftliches Dorf, abgelegen von der feinen Schicht. Verdammt dazu, für diese zu arbeiten. Es bestand aus zehn kleineren Häusern und ein paar Feldern. Ein Schmied war ansässig sowie ein kleiner Laden.

Der Weg war länger als gedacht und so kam es, dass der Mond schon am Himmel hing, als die beiden das Dorf erreichten. Einzelne Laternen erhellten die Pflastersteinpfade und leuchteten den Weg durch den üblichen Nebel der Nacht. Lilly war erschöpft und der Wind saugte die letzte Kraft aus ihren Muskeln. Ayla ging es nicht viel anders. Ihre Arme und Beine schmerzten und ihr Rücken brach beinahe zusammen. Sie erreichten jedoch ihr Haus. Mit dem ganzen Körper lehnte sich die Mutter gegen die hölzerne Tür und wollte eintreten, doch: wo war Lilly? Das Mädchen war nicht mehr hinter ihr und von nirgends hörte sie die klare Stimme ihrer Tochter. „Lilly!", schrie die Mutter hinaus in den Nebel, welcher mittlerweile so dicht geworden war, dass man nicht weiter als 30 Meter sehen konnte. „Lilly!" Ein weiterer Ruf entfuhr der Mutter, doch es kam wieder nichts zurück. „Verdammt", murmelte sie, legte das Holz ab und lies die Tür hinter sich fallen. Sie suchte den Weg des Dorfes nach dem Mädchen ab und schrie dabei immer wieder ihren Namen. Als die Verzweiflung in ihr so groß war wie sie es nur sein konnte und sie ihren Verstand von Innen zerstörte, hörte Leyla etwas. Es war die Stimme eines Mädchens. „Lilly!", schrie sie aus voller Kehle. Die Richtung der Stimme war die eines Kornfeldes. „Ich komme!" Durch den dichten Nebel laufend, näherte Ayla sich den kindlichen Klängen. Als sie das Feld fast erreicht hatte, sah sie am Eingang etwas auf dem Boden liegen. Es war ein Wesen. Ein keines Wesen. Ayla rannte darauf zu und kniete sich hin, nur um in das dreckige Gesicht ihrer Tochter zu sehen. Es hatte Schrammen und Schlamm hatte sich quer über ihre Wangen verteilt. „Was uh...?"

Auf einmal war es still. Kein Wind, kein Rascheln, keine Tierlaute aus dem Wald. Ayla sah zu ihrer Tochter hinab „Was ist passiert?", fragte sie flüsternd. „Die...Vogelscheuche.", gab ihr Lilly zu verstehen doch Ayla wusste nicht recht was sie damit meinte. Bis sie einen Laut vernahm. Es waren Krähen am Himmel. Sie krächzten und in der Luft zogen sie kreisförmige Bahnen. Dann sah Ayla in die Mitte des Feldes. Dort, wo die Scheuche aufgestellt war. Wie ein Kreuz stand sie da. Leyla war sich nicht sicher, weshalb sie genauer hinschaute, doch plötzlich schien sie sich zu bewegen. Das Kreuz fing an sich zu lösen und auf einmal erblickte sie zwei rote Punkte im Nebel. Ayla schritt etwas zurück und führte ihre rechte Hand vor den Mund. „Nein...", wimmerte sie. „Nein das kann nicht sein." Ohne weiteres ergriff sie die Flucht. Hinter sich hörte sie noch ihre Tochter doch es war schon zu spät. Fiddlesticks war gekommen.

Die Ernte (Eine Fiddlesticks Fanfiction (German))Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt