Akt 1 Hakron | Teil 4 - Susannah

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Die Menge tobte. Es roch nach Schweiß und Alkohol. Fünfzig oder mehr Menschen drängten sich auf der Galerie, die rund um den Kampfring führte. Die Galerie selbst lag etwa zwei Meter über der Arena selbst, die ein zehn mal zehn Meter hohes Podest ohne Begrenzung war. Das ganze lag unterirdisch versteckt unter dem Kubus und nur die wenigsten wussten überhaupt, dass es diesen Platz überhaupt gab. Hierher kam man nur mit Einladung. Es war eine verschworene Gemeinschaft. Ausgewählte Kaufmänner, und Soldaten, aber auch einfache Bauern, Händler, Schiffskapitäne, Jäger oder einflussreichere Bürger. Ebenso traf man hier Reisende aus dem Süden des Kontinents. Hier gab es kein Schwarz und Weiß, hier herrschte Vielfalt und Offenheit. Es war ein bunter Querschnitt der Bevölkerung, viele stammten aus dem Süden des Kontinents oder auch aus weit entfernten Ländern. Jeder war willkommen, bis auf die Zöllner oder Soldaten. Keiner, der nur im Ansatz ein Mann des Monus oder des Schlächters war, wurde auch nur in die Nähe gelassen. Hier war man sicher. Man war frei.

„Kämpft! Kämpft!", rief die Menge. Füße trampelten auf den Lehmboden. Die meisten der Besucher waren Männer – Frauen hielten sich lieber in der angrenzenden Bar auf, aber Susannah sah auch einige von ihnen. In den meisten Händen lag ein Becher Wein oder Met.

Immer wieder drängten sich leicht bekleidete Frauen und Männer durch die Menge, füllten nach oder trugen große Tabletts durch die Menge, um kleine Häppchen in Schalen zu verteilen. Geröstete Nüsse, gebratene Hühnerflügel, in Teig frittiertes Gemüse oder kleine Kuchen. Wenn sich Susannah nicht irrte, hatte sie einige der Bediensteten schon in den Hurenhäusern am Hafen gesehen. Es war weithin bekannt, dass Fenris den meisten davon gehörte oder zumindest kontrollierte. Er hatte also einen großen Zugriff auf Personal.

Kiyan ließ sich gerade seinen Becher Wein nachschenken und verlor sich in dem Anblick der jungen Frau vor ihnen, was Susannah ihm nicht einmal verdenken konnte. Sie hatte langes wallendes Haare, das wie schwarze Seide aussah, einen flachen Bauch, und eine stattliche Oberweite, die bei jedem tiefen Atemzug fast aus ihrem engen Oberteil platzte.

„Ah, eines muss ich Fenris lassen, er weiß wirklich wie man für Unterhaltung sorgt", sagte Kiyan und sah der jungen Frau in ihre blassen grünen Augen. Susannah nickte, nippte an ihrem Wein und sah wieder zu der Arena nach oben. Dort kämpfte ein drahtiger junger Kämpfer mit einem langen Kampfstab gegen einen muskulösen Mann, der im Vergleich wie ein Riese wirkte. In seiner Hand ruhte eine schwere Keule. Immer wieder tauchte der junge Mann unter den schweren Hieben des Hünen hindurch und wich aus. Die Menge jubelte und schrie jedes Mal vor Begeisterung auf, wenn der offensichtlich Überlegene einen Schlag einstecken musste.

„Mach ihn fertig, du Wiesel", rief jemand vom anderen Ende des Raums. Sofort wurde der Name aufgegriffen und immer wieder hallte „Wiesel! Wiesel!" durch die Menge wie Wellen, die an einer felsigen Küste brandeten.

Die Wetten standen vier zu eins gegen den Jungen, aber das sagte noch nichts aus. Susannah sah ihm eine Weile zu und spürte, dass es wohl umgekehrt richtiger gewesen wäre. Ihn schien eine Aura zu umgeben, aber genau konnte sie es nicht sagen.

Interessant, dachte sie.

Jetzt musste der drahtige junge Kämpfer – insgeheim nannte sie ihn bereits ebenfalls Wiesel – einen gewaltigen Bodycheck einstecken, der ihn fast komplett den Sieg kostete. Mühsam rappelte er sich auf. Eine seiner Augenbrauen war aufgesprungen und Blut lief ihm über das Gesicht und Wiesel hielt sich seine rechte Seite. Der Hüne baute sich vor ihm auf, machte sich bereit und stürmte ein weiteres Mal auf ihn zu. Schon nach den ersten zwei Metern erkannte Susannah, dass er viel zu weit links war. Es war ein Leichtes für Wiesel auszuweichen und dem Kämpfer einen Tritt zu verpassen. Er stürzte voraus von der Plattform und schlug im einem gewaltigen Platscher auf dem Boden auf. Erst ging ein Raunen durch die Menge und dann Jubelschreie.

MAGOS - Chroniken des UntergangsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt