𝐷𝑜𝑟𝑢𝑛𝑡𝑖𝑛𝑎 hat sich stets den Erwartungen ihrer Eltern gebeugt. Dafür opfert sie nicht nur ihre Sehnsüchte und Träume auf, sondern auch ein Stück ihres Herzens. Ihre Welt dreht sich um Bildung und Erfolg, weshalb sie Jungs und Partys den Rüc...
Hoppla! Dieses Bild entspricht nicht unseren inhaltlichen Richtlinien. Um mit dem Veröffentlichen fortfahren zu können, entferne es bitte oder lade ein anderes Bild hoch.
"Warum isst du nichts?" Meine Mutter beäugt mich argwöhnisch. Ich seufze langsam und starre auf mein Teller. "Ich habe keinen Hunger." Mein Vater legt seine albanische Zeitung auf den Tisch und blinzelt verwirrt. "Du? Keinen Hunger?", fragt mein Vater verwundert. Meine Mutter grinst leicht und ich verdrehe genervt meine Augen. "Babi!", murre ich mit roten Wangen. Meine Mutter setzt sich zu mir und greift nach meinem Toast. Der Grund für meine Appetitlosigkeit sind meine Schuldgefühle. Nachdenklich nehme ich ein Schluck von meinem Wasser. Es ist eine Woche vergangen, seitdem ich mein Schal verloren habe. Naja, verloren ist nicht der beste Ausdruck. Nachdem man mir mein Schal gestohlen hat. Was ich ohne einen Widerstand zugelassen habe.
Zu meiner Verteidigung, er war viel größer als ich und dazu auch noch ein Drogendealer. Ein sehr, sehr, wirklich sehr großer Drogendealer. Er ist sehr unheimlich mit seinen breiten Schultern und seinem frechen Schmunzeln. Wie kann man da nicht einfach aufgeben? Er hätte mich fast aufgefressen mit seinen scharfen Zähnen und diesen vollen Lippen. Es war sehr traumatisch für mich.
Ich stöhne leise auf. "Was ist Tina?", fragt meine Mutter stirnrunzelnd und ich schüttle nur den Kopf. "Müde?" Mami presst ihre Lippen zusammen. "Das liegt daran, dass du so viel am Handy bist." Ich verdrehe meine Augen. Genau, dass muss es sein! "Ja, Mami", erwidere ich genervt. Seufzend lehne ich mich zurück und betrachte dabei, wie mein Vater konzentriert seine Zeitung liest. Als Kind habe ich ihm jeden Tag diese Zeitung für einen Euro unten beim Kiosk gekauft. Ich war noch ganz Jung und es war der einzige Ort, wo ich alleine hin durfte. Ich habe mich damals so erwachsen und stolz gefühlt, aber erst später erfahren, dass mein Vater mich den ganzen Weg lang aus dem Fenster beobachtet hat. Der Gedanke daran, dass ich sein Geschenk kampflos aufgegeben habe, erzeugt ein mulmiges Gefühl in meinem Bauch.
Es ist alles seine Schuld! Er mit seinem schamlosen Verhalten! Versucht mir einfach Drogen zu verkaufen. Für wen hält er sich? Und dann nennt er mich auch noch Mädchen. Mädchen! Ich könnte vor Wut alles umschmeißen. Seh ich aus wie ein dummes Mädchen? Etwas unerfahren vielleicht, aber nicht dumm! Und dann schaut er mich dabei auch noch mit diesen Augen an. Er mit seinen verfluchten grauen Augen. Anthrazit ist das richtige Wort. Graue Augen, die mich nerven und mir nicht aus dem Kopf gehen möchten. Weil sie mich so sehr nerven!
Seine Augen erinnern mich an etwas Bestimmtem, aber ich kann mich nicht festlegen, an was sie mich erinnern. Vielleicht an die Winterstürme in Kosovo ... oder doch ein bisschen an die Schwarz-Weiß Filme, die meine Mutter so liebt. Seufzend fahre ich mir über die Stirn. Ich sollte mich selbst dafür schlagen, dass ich an so einen Idioten denke. Die ganze Woche schon waren graue Augen in meinem Kopf. Ich weiß nicht was der Grund für meine irrsinnige Gedanken sind, aber die Wut steht ganz oben. Ich meine— Ich war so dumm, dass ich mit Jona am nächsten Tag wieder am selbem Ort war, in der Hoffnung, dass er da ist— Und natürlich mein roter Schal. Vielleicht sollte ich es Babi sagen. Aber was wenn er sauer wird oder noch schlimmer ... enttäuscht? Was mache ich dann? Ich möchte nicht die Enttäuschung in den Augen meiner Eltern sehen müssen. Dieser Blick, wenn ich einen Fehler begangen habe ... er trifft mich. Und Babi hat so viel Geld für mein Geschenk ausgegeben. Geld, welches wir normalerweise für unseren Haushalt brauchen. Ich kann es einfach nicht, es fühlt sich so ... erniedrigend an. Ich sollte die Wahrheit sagen. "Babi?", hauche ich leise. Meine Eltern schauen beide zu mir auf. Ich lecke mir über die Lippen und spiele mit meinen Händen.