Eine neue Zeit

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Zeus saß auf seinem Thron im Olymp und belauschte ein Gespräch zwischen einigen Satyrn. Es drehte sich wie fast immer um die Vorzüge verschiedener Nymphen. Er verdrehte die Augen. Er konnte die gehuften Wesen nicht leiden, aber Dionysos musste sie ja unbedingt um sich haben. Zeus blendete ihr aufgeregtes Gespräch aus und versank wieder in seinen göttlichen Gedanken. Allerdings horchte er auf, als der Name seiner Tochter fiel. „Sie hat abgelehnt?" "Wenn ich es dir sage." "Welche Sterbliche lehnt denn das Angebot einer Göttin ab? Und dann auch noch von Artemis?" Der erste Satyr zuckte die Schultern. "Ist eigentlich auch egal." "Stimmt. Hast du Phalysia gestern gesehen? Sah sie nicht einfach umwerfend aus?" Und schon drehte sich das Gespräch wieder um die Nymphen. Zeus runzelte die Stirn und stand auf. Mit einer kurzen Handbewegung bedeutete er den Satyrn, die schon im Begriff waren sich auf die Knie zu werfen, es sein zu lassen. Er verließ den Thronsaal, schloss die Augen und spürte seine Tochter auf.

Im nächsten Moment stand er im Palast der Göttin der Jagd. Kaum eine Minute später betrat Artemis den großen Saal, in dem er erschienen war. Sie verneigte sich. "Vater!" Zeus lächelte leicht. "Ich hoffe, ich störe nicht." Sie erwiderte sein leises Lächeln. "Ihr stört nie Vater. Was verschafft mir die Ehre?" Der Herr des Himmels schnaubte. "Brauche ich denn einen Grund, um meine Tochter zu besuchen?" Er lächelte erneut, als er den leichten Spott in ihren Augen erkannte. "Die Satyrn haben vorhin über etwas gesprochen, dass mich stutzig gemacht hat." "Ah, die Sterbliche?" "Es stimmt also?" Artemis runzelte die Stirn, ein Ausdruck leichter Verärgerung. "Ja." Zeus seufzte. "Was ist passiert?" Artemis zuckte die Schultern. "Da gibt es nicht viel zu erzählen. Ich habe ihr einen Platz bei meinen Jägerinnen angeboten und sie hat abgelehnt." "Warum hast du ihr so ein Angebot gemacht?" Ein weiteres Schulterzucken. "Ich hatte gerade Lust darauf." Zeus runzelte die Stirn, aber er wusste, dass er heute nicht mehr über ihre Beweggründe erfahren würde. "Und warum hat sie abgelehnt?" Artemis zuckte schon wieder mit den Schultern. "Keine Ahnung. Ist aber wahrscheinlich besser so. Sie ist nicht zur Jägerin gemacht. Ich weiß auch gar nicht, wie ich auf die Idee gekommen bin. Ich hatte plötzlich einfach Lust dazu." Zeus riss den Kopf hoch. Apollos Worte halten in seinem Kopf wieder: "Bald wird ein neuer Bote der Götter erscheinen." Als hätte Artemis seine Gedanken gelesen, riss sie die Augen auf. "Du meinst doch nicht...?" Zeus beugte sich vor. "Wie ist ihr Name?" Artemis sog scharf die Luft ein. "Iris!"

Zeus atmete tief durch und erinnerte sich an das was Apollo noch gesagt hatte: "Es wird ein sterblicher sein. Benannt nach einer Göttin." Zeus hatte die Augenbrauen gehoben."Es wird also eine Frau sein?" Apollo hatte die Schultern gezuckt "Ich weiß es nicht! " Jetzt starrte er seine Tochter an. Artemis lächelte. "Das wurde aber auch Zeit." Zeus musste ihr im Stillen zustimmen. Seit dem Tod des letzten Boten hatten die Götter kaum noch Möglichkeiten, in der Welt der Sterblichen für Ordnung zu sorgen. "Darf ich mitkommen, Vater?" Die Frage seiner Tochter riss ihn aus seinen Gedanken. Er überlegte kurz und nickte dann. "Wir brechen sofort auf." Zeus grinste spöttisch, "Du kannst dir ja schon mal einen neuen Namen für sie ausdenken. Iris wird nämlich nicht begeistert sein, wenn die neue Botin ihren Namen trägt." Artemis grinste. Zeus lächelte. "Du hast längst einen." Stellte er fest. Ihr Grinsen wurde noch breiter und sie nickte. Zeus hob die Augenbrauen. "Und?" "Ach, ich finde Alexandria ganz nett." Zeus schüttelte nur den Kopf. Dann zogen die beiden Götter los, um eine Sterbliche als ihre neue Botin anzuwerben.

Die Botin der GötterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt