Kapitel 30 - Der Dieb & Die Maid

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Die Jugend war eine sonderbare Zeit

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Die Jugend war eine sonderbare Zeit. Gefühle erblühen und verwelken, Schwüre, die man sich als Kind gab, zerbrachen wie Glas an der schroffen Härte der Realität.

Als sie Kinder waren, konnte man kein Blatt zwischen Robin und Guy bringen, so ehrlich, vertraut und in Freundschaft verbunden waren sie. Sie spornten einander an, träumten gemeinsam von Reisen und Heldentaten, stifteten Dummheiten und standen beide dafür gerade. Jahrelang lebte Guy, fern von seiner Familie in Gisborne, als Knappe des Earls von Huntingdon mit Robin zusammen. Dann wurden sie älter, ihre Interessen wandelten sich und schließlich musste Guy zurück in seine Heimat. Das Band ihrer Freundschaft zerriss dank Zeit und Distanz und als sie sich in Palästina, Jahre später, während des Krieges in einem Feldlazarett begegneten, waren sie sich fremd geworden.

Und dann war da noch Marian. Das junge Ding, welches er eines Tages hätte ehelichen sollen. Mit ihrem unbändigen roten Schopf, den viel zu großen, blauen Augen und der kleinen Nase war sie ein Ärgernis sondergleichen für den jungen Burschen gewesen. Andauern zeterte sie über ihn, verriet die Streiche bei der Dienerschaft und versuchte, wann immer es ihr möglich war, sich an die beiden Knaben zu heften. 

„Du musst Zeit mit ihr verbringen, Robin" hatte sein Vater gesagt. „Eine Ehe braucht Vertrauen und dieses baut man nur mit Zweisamkeit auf. Glaub mir; irgendwann wirst du sie ansehen, wie ich deine Mutter ansehe." 

Was für ein grober Unfug.

Die Zeit verstrich und mit jedem Jahr wurde Marian liebreizender. Sie begannen, Gemeinsamkeiten zu finden, von denen beide nicht wussten, dass sie existieren. Sie liebten das Bogenschießen, Spaziergänge durch den nahen Forst und dieselben Geschichten über ferne Länder.

Ein ungewohntes Gefühl machte sich in Robins Brust breit, wann immer er Marian ansah. Und wie immer bei Burschen in diesem Alter, die sich ihrer Gefühle nicht bewusst sein wollten, versuchte er, jene hinter bösartigen Sticheleien und derben Scherzen zu verbergen. Bis zu dem Ereignis, an dem er Marian das Haarband stahl und sie damit verletzte. Jenes Haarband, mit dem er seither eine seiner Armschienen schmückte.

Aus Angst, ihr jemals wieder derart weh zu tun, mied Robin Marian von diesem Tage an. Doch anstelle, dass seine Gefühle dadurch schwanden, wuchsen diese mit jedem Blick, den sie sich zuwarfen und jedem Lächeln noch ein wenig mehr.

Als er in der Ferne war, zwischen surrenden Pfeilen und dem Geräusch knackender Knochen, wenn in der Nacht die Geier kamen und sich an den Gefallenen labten, hatte Robin nur einen Namen und ein Gesicht, zu dem er sich zurücksehnte: Marian.

Er wollte ihr vieles sagen, sich hundertmal entschuldigen und vieles besser machen, wenn er zurückkam. Er wollte ihr gestehen, dass es ihn nie gestört hatte, wenn sie nicht im Damensattel ritt oder er es mochte, wenn sie die freche Stupsnase kräuselte. Dass es ihm nichts ausmachte, dass sie besser mit dem Bogen schoss.

Robin wusste ja selbst nichts mit den Gefühlen anzufangen, die in ihm tobten. Als er Marian verließ, war sie gerade dabei zur Frau zu werden. Zu jung, als dass er von Liebe sprechen wollte. Trotzdem war es mehr als Freundschaft. Aber hätte nicht das bereits ausgereicht? Viele Ehen wurden mit weniger Zuneigung geschlossen. Er hätte sie gut behandelt, sofern sie ihm die Chance gegeben hätte. Doch dazu kam es nicht.

Die Königin von Pfeil & BogenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt