Kapitel 19

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Als Aristides neben George Brown zu der Ausstellung schwebte, nahm das Kribbeln in seinem Bauch zu. Würde es gleich so weit sein? Hatte seine Suche ein Ende? Ganz ohne einen Zauberspruch käme er seinem Ziel nahe? 

„Ich bin wirklich gespannt, ob wir deinen Anker finden", sagte George. Er klang gar nicht nervös, eher freudig erregt. 

„Anker?" 

„Ja, so wie ein Schiff durch einen Anker an seinem Platz festgehalten wird, ist es doch auch bei dir. Wir müssen deinen Anker finden, ihn sozusagen einholen und danach kannst du davonsegeln." 

„Ah ja, ich bin nie zur See gefahren", erklärte Aristides. „Wir waren Landwirte und Jäger." 

„Keine Fischer?" George war erstaunt. „Chorinia ist doch eine Inselmonarchie. Rundherum ist Wasser. Da bietet sich Fischfang und somit Seefahrt an. Wie habt ihr denn mit England und Frankreich Handel getrieben?" 

„Wir haben nicht gehandelt. Nicht Anorchena. Es ist keine Küstenstadt." 

„Ah, okay." Sekundenlange Stille, schon kam die nächste Frage. „Auf welchem Wasser bist du dann verbrannt worden? Also ich meine, wo haben sie dein Boot brennend über das Wasser geschickt, wenn Anorchena gar nicht an der Küste war?" 

„Tote wurden aufgebahrt bis zur Küste gebracht und dort der See übergeben. Damit keine Dämonen die Körper in Besitz nehmen konnten. Aber wie ich vorhin schon sagte, war der eher praktische Grund, dass zu viele Leichname auf einer Insel den Boden verseuchen." 

„Du hast deiner eigenen Bestattung zugesehen?" 

Aristides seufzte. „Ja, aber ich schlage vor, George, dass du das Reden einstellst. Einige Menschen schauen dich schon schräg an." Er räusperte sich. „Und ich kassiere von einigen Geistern misstrauische Blicke. Offenbar finden sie es nicht gut, wenn ich mit einem Menschen rede." 

„Kann ich mir vorstellen", erklärte George und grinste breit. „Wir gehen sicher in die Geistergeschichte als verrücktes Duo ein." 

Aristides fing an zu leuchten. Ihm gefiel der Gedanke. Gleich darauf verblasste er wieder. Es dauerte sicher nicht mehr lang, dann war er weg. Erlöst. Die Zeit, um als verrücktes Duo in der Geisterwelt bekannt zu werden, war viel zu kurz. 

„Wo ist die Abteilung denn? Wir haben gleich die halbe Bibliothek durchquert." Aristides fragte extra mürrisch. Er versuchte zu kaschieren, dass er langsam unsicher wurde. Wollte er wirklich ins jenseitige Jenseits? Gerade jetzt, wo er erkannt hatte, was für tolle Freunde er hatte? Wo er in George Brown einen Menschen an seine Seite bekommen hatte, der ihn sah und ihn sogar anfassen konnte? Auf das alles sollte er verzichten? Für immer und ohne die Möglichkeit einer Rückkehr? 

 Wollte er wirklich ins jenseitige Jenseits? Gerade jetzt, wo er erkannt hatte, was für tolle Freunde er hatte? Wo er in George Brown einen Menschen an seine Seite bekommen hatte, der ihn sah und ihn sogar anfassen konnte? Auf das alles sollte er ...

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„Es ist nicht mehr weit", beruhigte ihn George, der die Unruhe von Aristides falsch deutete. „Keine Sorge, wir finden schon deinen Anker. Denk dran, das Schicksal hat dich nicht zu mir nach Hause geführt. Es hat mich nicht zu dir nach Anorchena geführt. Es hat uns hier in der British Library zusammengebracht. Also wird auch hier dein Anker sein und damit der Weg zu deiner Erlösung." 

Die Suche nach dem jenseitigen JenseitsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt