Die kalte Nachtluft weht mir entgegen während ich barfuß durch Felder renne.
>Nicht mehr lange, nicht mehr lange<, wiederhole ich ständig in meinem Kopf.
Meine Füße sind längst wund. Frische Schnitte ziehen sich über meinen Körper. Schweiß mischt sich mit Blut.
Plötzlich sehe ich es. Ich drücke die Augen schnell zusammen und reiße sie im nächsten Moment wieder auf. Tatsächlich! Die ersten Häuser erscheinen am Horizont.
Häuser, Straßen, Autos, Menschen, ... Meine einzige Chance.
Auch wenn ich kaum noch Kraft habe, verschnellere ich mich.
Ich spüre wie etwas warmes, nasses meine gefrorenen Wangen herunter läuft. Wann habe ich zu weinen angefangen?
Die Häuser kommen immer näher. Nirgends ist ein Licht an. Ich beiße fest die Zähne zusammen.
>Nicht mehr lange, nicht mehr lange.<
Der Boden wird steiniger unter meinen Füßen und schließlich renne ich auf hartem Asphalt weiter. Endlich eine Straße!
Mein Blick verschwimmt, ich werde unaufmerksam und schon knalle ich auf den Boden. Ich muss über irgendetwas gestolpert sein. Zu all meinen Wunden, kommen nun auch noch offene Knie und Hände dazu.
Doch ich habe keine Zeit mir darüber Gedanken zu machen. Innerhalb dem Bruchteil einer Sekunde bin ich wieder auf den Beinen und renn sprinte weiter.
Endlich, bin ich beim ersten Haus angekommen. Es ist ein einfaches kleines Familienhaus, mit großem Garten.
Ich springe über den Zaun und renne durch den Garten zu einer Glastüre. Ich schlage diese mit meinem Ellenbogen ein und laufe über die Glassplitter in das Haus. Mein Blut tropft auf den schönen Holzboden. Doch ich habe keine Zeit es zu bedauern. Ich laufe schnellen Schrittes durch das Zimmer, schlage mehrere Male meine Füße an und finde schließlich ein Telefon. Meine Hände zittern als ich das für mich fremde und doch so hoffnungsvolle Gerät in den Händen halte.
Ich wähle die Nummer, die sich seit ich ein kleines Mädchen war in meinen Kopf gebrannt hat. 6-9-6-6.
Ich hebe mir das Telefon an das Ohr und warte. Ich höre ein piepen.
>> Helft mir. Ich bin Nummer 024. Außer mir, hat keiner überlebt. Bitte, falls noch irgendjemand dort draußen ist, helft m-<<
>>Wer bist du?<<, fragt plötzlich eine Stimme und ich lasse vor Schreck den Hörer fallen. Ein kleiner Junge steht in einer der Türen und schaut stumm zu mir.
Warum hat er keine Angst?
>>Hilf mir.. <<, flüstere ich und spüre wie mir die Tränen aus den Augen quollen. Auch mein Nase fängt an zu laufen.
Meine Beine geben schließlich nach und ich sitze auf den Knien und sehe diesen kleinen Jungen an.
>>Bitte wecke deinen Vater oder deine Mutter, ich muss so weit und schnell weg von hier wie nur möglich.<<
Der Junge nickt, dreht sich um und läuft davon.
Zum ersten Mal seit Tagen erlaube ich mir tief Ein- und Auszuatmen. Ich bin kurz davor nach vorne zu kippen, als hinter mir eine Stimme ertönt.
>>Bist ganz schön weit gekommen. Doch dieses Versteckspiel hat nun sein Ende. Wir bringen dich zurück nach Hause, Nummer 024<<, spricht er mit purer Genugtuung.
Ich drehe mich mit dem Oberkörper und sehe hinter mich. Ein Dutzend Mann steht plötzlich in diesem Haus. Alle tragen diese schwarze Uniform, mit einem Helm, sodass man ihre Gesichter nicht erkennen kann. Nur einer nicht, und der schaut mich von oben höhnisch an.
Ein Schaudern geht durch meinen Körper. Ich habe es nicht geschafft. Alles vergebens. Haben sie nur darauf gewartet, bis ich endlich voller Hoffnung war um mir diese gleich wieder zu zerstören?
Hände legen sich um meine abgemagerten Arme und ziehen mich auf die Beine. Mein Körper ist taub, es tut nicht mal weh als sie mir die Arme zerquetschen.
Ein Schmunzeln ziert mein Gesicht als ich diesem grässlichen Mann ohne Helm ins Gesicht blicke. >>Ja, bring mich um, so wie den Rest meiner Rasse.<<
Das letzte bisschen meiner Würde treibt er mir mit einer Ohrfeige aus. Auch das einfache und bereits zerissene Hemd, dass ich anhabe, reißt er mir vom Leib. So steh ich nun in vollkommener Blöße vor den Dutzend Mann.
>>Das letzte bisschen Luxus hast du dir nun auch selbst zerstört<< lacht er und dreht sich um und verlässt das Haus. Die Männer folgen ihm, so auch die beiden die mich festhalten. Mein Füße schleifen einfach nur nichtsnutzig über den Boden. Ich wehre mich nicht, als sie mich zurück zu meiner persönlichen Hölle bringen. Es hat keinen Sinn. Meine letzte Hoffnung ist gestorben. Mein letzter Überlebenswille ist verschwunden.
Sie brauchen mich. Ich bin die Letzte. Die Letzte meiner Rasse. Der Letzte Mensch, der Magie nutzen kann.
DU LIEST GERADE
Kurzgeschichten
RandomEinfache kurze Geschichten, die mir so durch den Kopf schwirren :)