Prolog

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Mattheo nippte an seinem Whisky. Mit dem schweren, eiswürfelgefüllten Glas in der Hand stand etwas abseits an die Clubwand gelehnt und beobachtete das rege Treiben auf der Tanzfläche.

Eine der Tänzerinnen hatte sein Interesse besonders geweckt, sie trug ein knappes eisblaues Kleid mit strasssteinbesetzten High Heels und  wirbelte mit einem seiner Trinkkumpanen über den schimmernden Boden. Den ganzen Abend lang hatte er sie mit seinen Blicken verfolgt, überrascht registriert, dass sie keinen Alkohol trank und versucht, ihre wechselnden Tanzpartner in Kategorien einzuteilen, um die Fremde besser einschätzen zu können.

Irgendetwas an ihr kam ihm bekannt vor, doch je bemühter er versuchte, seine Gedanken zu fassen, desto schneller entglitten sie ihm. Auch jetzt versuchte er verzweifelt, den Fetzen seiner Erinnerung festzuhalten, doch vergeblich.

Resigniert richtete er seine Aufmerksamkeit wieder auf die rätselhafte Schönheit und wollte gerade an die Bar schlendern, um noch einen Whisky zu ordern, als ihm die veränderte Stimmung zwischen dem tanzenden Paar auffiel. Die Spannung war zu greifen, er zog erwartungsvoll eine Augenbraue hoch. Jetzt wurde es interessant.

*Aurelia*

Gleich konnte es losgehen. Nach einem letzten Kontrollblick gestattete ich mir ein kleines Lächeln; ich hatte mein heutiges Opfer genau da, wo ich es haben wollte. Ich schlug die Wimpern nieder und beobachtete gespannt seine Reaktion: Ein selbstgefälliges Grinsen zierte sein vom regelmäßigen Alkohol- und Drogenkonsum gezeichnetes Gesicht. Offenbar sah er mich schon unter sich in einem billigen Hotelbett.

Vorsichtig griff ich nach seiner mit Schwielen bedeckten Hand und ließ sie langsam an meiner Taille nach unten gleiten, als die Musik passender Weise zu einer ruhigen Schnulze wechselte. Mit einem sinnlichen Lächeln lähmte ich ihn, ließ alle seine Muskeln erstarren und konnte förmlich beobachten, wie ein einziger Trieb in ihm die Kontrolle übernahm.

Er beugte sich zu mir herunter: „Ich habe ein Hotelzimmer ganz in der Nähe gebucht. Soll ich es dir zeigen?"

Der Geruch nach billigem Alkohol ließ mich innerlich vor Ekel zurückzucken. Ich ließ mir nichts anmerken und erwiderte: „Ich würde dich ja auch gerne mit zu mir nach Hause nehmen."

„Aber?"

„Es würde dich nur stören. Frag lieber nicht."

Jetzt würde er erst recht nachfragen. Er enttäuschte mich nicht: „Was sollte mich denn stören, Doll?"

Als ich diesen Spitznamen hörte, war ich kurz davor, die Aktion abzubrechen. Aber ich war keine blutige Anfängerin mehr. „Leider kann ich mir keine Nachtkleidung leisten und schlafe in einem winzigem Bett.", untermalte ich mit einem süßen Schmollmund.

„Aber Doll,", schmunzelte er, „solche Nichtigkeiten halten mich doch nicht ab."

Ich verbarg meine Überraschung darüber, dass er das Wort Nichtigkeit kannte und ging zu Phase zwei über. Ich schlang seine Arme enger um mich und ließ zu, dass er mit seinen Fingerspitzen meinen Hintern erkundete. Dann holte ich tief Luft:

„Lassen sie mich sofort los! Ich will das nicht! Hilfe!"

Sofort eilten einige Menschen auf uns zu und zerrten das Arschloch von mir weg, fingen an, auf ihn einzuschlagen und schon war eine herrliche Schlägerei im Gange. Ich wandte mich zum Gehen, doch bevor ich den Club verließ, drehte ich mich noch einmal um und ließ den Blick über das Gemenge schweifen. Der hübsche Dunkelhaarige war leider nicht dabei. 

*Mattheo*

Amüsiert beobachtete Mattheo das Geschehen. Fasziniert hatte er beobachtet, wie die fremde Schönheit ihr Opfer umgarnte, ihn nach allen Regeln der Kunst um ihre manikürten Finger wickelte, nur um ihn anschließend der Meute zum Fraß vorzuwerfen.

Denn er hatte sie gesehen. Er hatte kein verwirrtes und verängstigtes Mädchen in Bedrängung gesehen, nein, er hatte die Vorfreude in ihren Augen und in ihrer Körperhaltung bemerkt. Ebenso wie ihm das triumphierende Lächeln auf ihren geschwungenen Lippen nicht entgangen war, kurz vor ihrem Abgang. 

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Soweit der Prolog. In ein paar Tagen (oder Stunden, je nachdem, wie viel Zeit ich habe), lade ich das erste Kapitel hoch. Lasst gerne Feedback in den Kommentaren da🤍

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