Thor sitzt über ihnen in den Wolken und lässt Blitze und Donner aus dem Himmel fahren.
Freyr hilft ihm dabei und lässt den Regen wie Sturzbäche auf sie hinunterprasseln. Es fühlt sich an, als würden sie unter einem Wasserfall sitzen.Zu allem Übel hockt auch noch Njörd auf dem Meeresgrund und lässt das Wasser über die Reling des Schiffs schwappen und die Wellen mit dem Wind tanzen.
Ihre Kleidung ist total durchnässt, aber sie stehen trotzdem mehr oder weniger tapfer weiter auf dem Deck der "Wolkenbruch" und halten sich an den Tauen und Seilen des Schiffs fest, als hinge ihr Leben davon ab, was es im Grunde auch tut.
Die Macht der Götter liegt spürbar in der Luft, während sie mit dem Leben der Matrosen spielen, als wäre es Spielzeug.
Selten haben die Männer sich so verletzlich gefühlt wie in diesem Augenblick.Die Leute auf dem Schiff schreien zum Himel hoch und flehen die Götter an, ihnen ihr Leben zu lassen.
"Verzeiht uns!"
"Vergebt uns unsere Sünden!"
"Wir flehen euch an!"Nur einer bleibt still. Nur einer weint nicht. Auch fleht er nicht zum Himmel hoch oder zum Meer hinunter. Seine Augen sind nicht mit Tränen gefüllt und sein Geist ist noch nicht besessen von der Angst des Todes und der Unterwelt, Helheim, in der die Göttin Hel lebt.
Er ist jung, nicht älter als zwanzig.
Seine tiefschwarzen, lockigen Haare werden ihm ums Gesicht gepeitscht und seine Augen, die die Farbe von Gewitterwolken haben, blicken in den Sturm, als würde er die Götter dazu auffordern, zu versuchen, ihm etwas anzutun.Seine Hände halten das Tau mit aller Kraft fest und er schreit Befehle über den Wind hinweg zu seine Kameraden. Ohne Frage, er ist der tapferste von allen, auch wenn er der jüngste ist.
Oder doch nicht?Denn gerade lugt aus dem unteren Deck ein hellblonder Haarschopf hervor.
Blaue Augen, eine kleine Stupsnase und Sommersprossen sind auf dem dazugehörigen Gesicht durch den Regen zu erkennen.Als das kleine Mädchen, vielleicht erst fünf Jahre alt, den kalten Regen im Gesicht spürt, zuckt sie zurück.
Ihre kleine Hand fast ihr ins Gesicht und betrachtet die Regentropfen auf ihren Fingerspitzen.Dann läuft sie durch den peitschenden Regen auf den schwarzhaarigen Jungen zu und krallt sich an seinem Hosenbein fest.
Ihr niedliches, blaues Rüschenkleid ist innerhalb von Sekunden durchnässt und klebt an ihrem zierliche Körper.Der Junge beugt sich herunter und hält sein Gesicht an das Ohr des Mädchens. Sie ruft ihm etwas über den Wind hinweg zu, aber man kann es nicht verstehen.
Er deutet jedoch nur wieder auf die Kajütentür und macht eine Handbewegung, mit der er andeutet, dass sie zurückgehen soll.Allerdings hat just in diesem Moment Thor einen Entschluss gefasst.
Ein Blitz trifft einen der drei Maste der "Wolkenbruch". Einmal durch die Mitte durch.Der Mast fängt sofort Feuer und auch die Segel fallen der Hitze zum Opfer. Ein Leuchtfeuer inmitten der Weiten des Ozeans.
Langsam kippt der große Holzbalken auf die Seite. Das Knirschen des Holzes ist über das Rauschen des Windes und das Prasseln des Regens zu hören. Es übertönt sogar den Donner und die Blitze.
Die Matrosen schreien auf und laufen in alle Richtungen davon, um dem kippendem Mast auszuweichen.
Der Junge mit den Sturmaugen schnappt sich das kleine Mädchen und rennt mit ihr über das überschwemmte Deck.Krachend trifft der Mast auf das Oberdeck mit dem Steuerrad auf und begräbt den Steuermann, der nicht rechtzeitig ausweichen konnte, unter sich.
Sein Schrei hallt laut und schmerzvoll über das Deck.
Angelockt von den Geräuschen schickt Thor noch einen Blitz hinterher, um ihm endgültig das Leben zu rauben.
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Kampf der Kreativität - Kurzgeschichtensammlung
RandomHier werden diverse Kurzgeschichten für verschiedene Schreibwettbewerbe veröffentlicht werden. Die Kapitel werden meistens von 1500 bis 3000 Wörter lang werden. Viel Spaß beim Lesen :)